Das Oberlandesgericht Köln hatte sich in seinem Urteil vom 26.03.1998 (10 UF 196/97) mit der immer wieder für Parteien interessanten Fragezu befassen, ob eine Anzeige wegen Steuerhinterziehung von Seiten des unterhaltsberechtigten Ehegatten gegen den Unterhaltsverpflichteten einen Verwirkungstatbestand auslösen kann.

Das Amtsgericht war zuvor davon ausgegangen, daß der Verwirkungstatbestand des § 1579 Ziff. 4 BGB erfüllt sei. Nach dieser Bestimmung könne der Unterhaltsanspruch versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, wenn der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt habe. Dies setze objektiv eine schwerwiegende Gefährdung der Vermögensinteressen des Verpflichteten voraus, wobei ein Vermögensschaden nicht eingetreten zu sein brauche, subjektiv zumindest ein unterhaltsbezogen leichtfertiges Verhalten des Unterhaltsberechtigten.

Das Oberlandesgericht Köln sah es zwar grds. so, daß eine Anzeige wegen Steuerhinterziehung zu einer – unter Umständen auch schwerwiegenden – Beeinträchtigung der Einkommens- und Vermögensposition eines Unterhaltsschuldners führen könne. Auch dürfe ein geschiedener Ehegatte in aller Regel erwarten, daß der unterhaltsberechtigte andere Ehegatte ihn nicht wegen Steuerhinterziehung anzeige, wenn damit die Gefahr nicht unerheblicher Nachteile verbunden sei. Auch wenn die Verfolgung eines Steuerdelikts im Interesse der Allgemeinheit liege, geböte es die eheliche Solidarität auch nach Ehescheidung, daß der unterhaltsberechtigte Ehegatte alles unterlasse, was die für seinen Unterhaltsanspruch maßgebende Einkommens- und Vermögensgrundlage des Unterhaltsverpflichteten gefährden könne. Dabei könne es nicht entscheidend darauf ankommen, ob der Vorwurf der Steuerhinterziehung begründet sei. Diese Frage könne allenfalls bei der Beurteilung der Schwere des Verschuldens des Anzeigenerstatters von Bedeutung sein.

Eine schwerwiegende Gefährdung der Vermögensinteressen des Unterhaltsverpflichteten könne jedoch nur angenommen werden, wenn tatsächlich eine konkrete und nicht nur ganz fernliegende Gefahr bestehe, daß der Unterhaltsverpflichtete durch eine solche Anzeige spürbare Nachteile erleide. Hieran fehle es aber im vorliegenden Fall; denn die Anzeige sei weder geeignet gewesen, die mit einem solchen Verfahren verbundenen Beeinträchtigungen und Gefahren hervorzurufen, noch habe sie tatsächlich zu irgendwelchen spürbaren Nachteilen des Klägers geführt.

Das aufgrund der Anzeige eingeleitete Ermittlungsverfahren sei schon nach kurzer Zeit eingestellt worden, ohne daß der Kläger selbst vernommen oder in anderer Weise unmittelbar mit strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen belastet worden sei.

Es sei auch nicht erkennbar, daß der Kläger durch das Ermittlungsverfahren nennenswerte Nachteile erlitten habe.

Im Ergebnis habe das Vorgehen der Anzeigeerstatterin den untauglichen Versuch dargestellt, mit Hilfe einer Anzeige und damit über die Einschaltung einer Ermittlungsbehörde zusätzliche Kenntnisse über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers zu erhalten, um hiermit vermögensrechtliche Ansprüche in dem aus dem Scheidungsverbund abgetrennten Zugewinnausgleichsverfahren besser belegen und durchsetzen zu können bzw. eine Erhöhung des nur kurze Zeit vorher ausgeurteilten, in ihren Augen zu geringen Unterhalts zu erreichen.