Das Oberlandesgericht Köln hatte sich in seinem Urteil vom 23.01.2002 mit einem Handballspiel aus März 1998 der Kreisliga der Frauen zu befassen, bei welchem eine Spielerin, die sich bereits bei einem Handballspiel im September 1997 eine Verletzung des rechten Kniegelenks zugezogen hatte und nun eine MVP-Schiene am rechten Kniegelenk trug. In der 56. Minute kam die Spielerin in Ballbesitz und führte einen Tempogegenstoß in Richtung des gegnerischen Tores durch. Zwei Gegenspieler folgten der Handballerin und versuchten, diese am Torwurf zu hindern. Etwa an der Sieben-Meter-Linie des gegnerischen Tores – kam es zu einer – in ihrem Hergang streitigen – Berührung mit den beiden Spielerinnen der Gegenseite. Der hiesigen Klägerin gelang es zwar noch, den Ball in das gegnerische Tor zu werfen und so – 4 Minuten vor dem Spielende – den Ausgleichstreffer zum 11 : 11 Endstand des Spieles zu erzielen. Sie geriet jedoch infolge der Berührung zu Fall und schleuderte gegen die etwa 3-4 m entfernte Turnhallenwand, wo sie mit ihren Knien zuerst auftraf. Eine der beiden Gegenspielerinnen wurde aus diesem Anlass von dem Schiedsrichter des Spieles disqualifiziert. Als Grund für die Disqualifizierung notierte der Schiedsrichter in seinem Spielbericht „Stoß von hinten beim Tempogegenstoß“.

Die Klägerin in dem hier geschilderten Zivilverfahren behauptete, die beiden Gegenspielerinnen – die Beklagten zu 1) und 2) – hätten sie beim Abfangen „in die Zange genommen“ und mit den Fäusten von hinten gestoßen. Durch den nachfolgenden Sturz nebst Aufprall gegen die Wand sei es zu Rissen am Innenmeniskushorn und am Außenmeniskus-Intermediärteil sowie zu einem Teilriss des vorderen Kreuzbands gekommen. Ferner habe sie eine Prellung und eine Distorsion des rechten Kniegelenks erlitten.  Weitere Folgeschäden seien zu befürchten. Die körperlichen Beeinträchtigungen rechtfertigten ein Schmerzensgeld von mindestens 16.000,00 DM.

Da sie ihr Studium infolge der Verletzungen nicht ordnungsgemäß habe fortführen und insbesondere die praktischen Teile der Ausbildung nicht habe wahrnehmen können, werde sich ihr Lehramtsstudium um mindestens drei Semester verlängern. Damit werde ein Erwerbsausfall – bemessen nach einem Gehalt der Eingangsstufe A 13 – in Höhe von 29.784,96 DM je Semester verbunden sein.

Durch rechtskräftiges Teilurteil vom 28.1.2000 wies das Landgericht die gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Klage mangels festzustellenden Regelverstoßes der Beklagten zu 2) als unbegründet ab.

Die Beklagte zu 1) – hier die Berufungsklägerin – wurde erstinstanzlich zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 20.000,00 DM verurteilt.

Das Oberlandesgericht Köln gab nun der Berufung der Beklagten zu 1) – im folgenden nur „Beklagte“ genannt –  vollumfänglich statt und hob das Urteil des Landgerichts auf.

Das Oberlandesgericht Köln führte aus, daß es zwar feststehe, daß die Klägerin infolge eines Wegschubsens, bei dem die Beklagte mitgewirkt habe und hierfür ursächlich gewesen sei,  zu Fall geraten sei und sich verletzt habe. Die Rechtswidrigkeit dieser Körperverletzung zum Nachteil der Klägerin durch die Beklagte sei jedoch nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht als erwiesen anzusehen. Jedenfalls fehle es an dem für eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB erforderlichen Verschulden.

Das Gericht machte deutlich, daß die Beurteilung der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens eines Schädigers bei Sportverletzungen – insbesondere solchen bei Ausübung von Mannschafts-Kampfsportarten – in der dogmatischen Einordnung problematisch sei. Gleichwohl herrsche insoweit in der Rechtsprechung seit längerem Einigkeit darüber, daß die Herbeiführung einer Verletzung des Kontrahenten (Gegenspielers) bei Einhaltung der Spielregeln regelmäßig eine Haftung des Schädigers aus § 823 Abs. 1 BGB nicht begründen könne. Bei Mannschafts-Kampfsportarten würden die gegeneinander spielenden Mannschaften nach denselben Regeln an spielen; jeder Mitspieler erkenne die Teilnahmebedingungen als für ihn verbindlich an, so daß unterstellt werden könne, daß er in das Risiko des Eintritts einer durch regelrechte Spielweise verursachten Verletzung eingewillig habe und dementsprechend keine ihm etwa erwachsenen Schadensersatzansprüche geltend machen werde. Welche Gefahren im einzelnen hingenommen werden müßten, sei primär nach den Spielregeln zu bestimmen, nach denen die Sportmannschaften angetreten seien. Bei Mannschafts-Kampfsportarten wie etwa Basketball, Fußball oder Hallenhandball würden hohe Anforderungen an die physische und psychische Kraft, an Schnelligkeit, Geschicklichkeit und körperlichen Einsatz der Mitspieler gestellt. Für sie sei bezeichnend, daß gewisse Kampfhandlungen, die praktisch auch von einem sorgfältigen Spieler nicht zu vermeiden seien und darüber hinaus bei realistischer Betrachtung nicht aus dem Spiel hinweggedacht werden könnten, wenn dieses nicht seinen Charakter als lebendiges Kampfspiel verlieren sollten, nach den Spielregeln bereits als Foulspiel gewertet würden. An die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ (§ 276 BGB) sei ein besonderer, durch die jeweilige Eigenart des Spieles geprägter Maßstab anzulegen, nach welchem ein die Gefahr vermeidendes Verhalten im gegebenen Falle zuzumuten sein müsse. In der Rechtsprechung sei daher anerkannt, daß nicht jede geringfügige Verletzung einer dem Schutz der Spieler dienenden Regel als fahrlässiges Verhalten zu bewerten sei, insbesondere dann nicht, wenn sie – wie häufig der Fall – aus Spieleifer, Unüberlegtheit, technischem Versagen, Übermüdung oder ähnlichen Gründen geschehen sei. Für die Bewertung eines Regelverstoßes als fahrlässiges Verhalten im Sinne eines Verstoßes gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt sei mithin ein besonderer, durch die Eigenart des Spiels geprägter Maßstab anzulegen und ferner die Häufigkeit von Regelverstößen der fraglichen Art in der betroffenen Sportart mit zu berücksichtigen. Dies gelte in ausgeprägter Weise beim Hallenhandball, bei dem – anders als bei dem die körperliche Berührung des Gegenspielers verbietenden Basketballspiel – der körperliche Einsatz erlaubt sei und dies notwendigerweise zu körperlichem Kontakt von Gegenspielern führe.

Nach Regel 8:1 der Internationalen Hallenhandballregeln des Deutschen Handballbundes (Stand: 1.8.1997 – Hülle GA 175) sei es erlaubt, Arme und Hände zu benutzen, um den Ball zu blocken oder in Ballbesitz zu gelangen, dem Gegner mit einer offenen Hand den Ball aus jeder Richtung wegzuspielen, den Gegner mit dem Körper zu sperren, auch wenn er nicht in Ballbesitz sei und mit angewinkelten Armen von vorne Körperkontakt zum Gegenspieler aufzunehmen, ihn zu kontrollieren und zu begleiten. Nicht erlaubt seien nach Regel 8:2 der Internationalen Hallenhandballregeln Entreißen oder Wegschlagen eines vom Gegenspieler gefaßten Balles sowie Sperren, Wegdrängen, Klammern, Festhalten, Stoßen, Anrennen, Anspringen oder sonstiges Stören, Behindern oder Gefährden des Gegenspielers mit oder ohne Ball. Solche Aktionen seien in aller Regel mit körperlichen Berührungen verbunden, die das Handballspiel als lebendiges Kampfspiel kennzeichnen, ohne als solche für den Gegenspieler besonders gefährlich zu sein.

Für eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB komme es daher darauf an, daß die Verletzung eines Spielers auf einen Regelverstoß eines Gegenspielers zurückzuführen ist, der über einen geringfügigen und häufigen Regelverstoß – wie sie Ziffer 8:2 der Internationalen Hallenhandballregeln erfaßt seien – deutlich hinausgehe und auch einen Grenzbereich zwischen gebotener kampfbedingter Härte und unzulässiger Unfairness klar überschreite.

Voraussetzung für ein haftungsbegründendes Verhalten sei das Vorliegen einer groben Verletzung einer zum Schutz von Spielern bestimmten Wettkampfregel . Zu solchen zum Schutz der Gesundheit der Spieler bestimmten Wettkampfregeln gehöre Regel 8:5 der Internationalen Hallenhandballregeln, wonach ein Spieler, der den Gegenspieler gesundheitsgefährdend angreife, zu disqualifizieren sei, insbesondere dann, wenn er u.a. einen im Lauf oder im Sprung befindlichen Gegenspieler stoße oder so attackiere, daß dieser dadurch die Körperkontrolle verliere.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz könne ein solcher grober Regelverstoß der Beklagten zu 1) aber gerade nicht festgestellt werden.

Ein grober Regelverstoß bspw. ohne weiteres anzunehmen, wenn die Beklagte zu 1) die Klägerin – wie diese behauptet habe – zu einem Zeitpunkt geschubst hätte, als die Klägerin den Wurf schon vollzogen, d.h. den Ball aufs gegnerische Tor geworfen hatte.

Stehe aber nicht fest, daß sich die Klägerin bei dem Zusammenstoß mit der Beklagten nicht mehr in Ballbesitz befunden habe, könne unter Berücksichtigung der weiteren besonderen Umstände des Sportunfalls ein „grobes Foul“ nicht angenommen werden.

Die beiden Beklagten hätten zwar die Klägerin eingeholt und sie „in die Schere“ („Zange“) genommen, worauf hin die Klägerin zu Fall geriet. Wenn die Beklagte dabei in der Hektik des Geschehens die Klägerin geschubst habe, bevor diese den Ball letztlich werfen konnte – davon sei wegen der Beweisfälligkeit der Klägerin auszugehen – , könne das im Hallenhandballsport, der als besonders rauhe Kampfsportart gelte und bei der derartiges Schubsen häufiger festzustellen sei, durchaus naheliegend auf Spieleifer, Unüberlegtheit, Ungeschicklichkeit, Übermüdung oder gegen Ende des Spiels nachgelassener Kräfte oder Konzentration beruhen und sei deshalb nicht ohne weiteres als grobes Foul zu werten.