In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (I-14 U 230/03) machte der seinerzeitige Kläger wegen eines Schien- und Wadenbeinbruchs, welchen er während eines Fußballspiels im Mai 2000 erlittenen hatte, Schmerzensgeld, Ersatz des materiellen Schadens und Feststellung künftiger Ersatzpflicht geltend. Dabei nahm er den Torwart der gegnerischen Mannschaft als am Schadensereignis beteiligten gegnerischen Spieler in Anspruch.
Der Kläger trug vor, in der zweiten Halbzeit des Spieles sei der Ball in Richtung auf das gegnerische Tor geschlagen worden. Er sei dem flach rollenden Ball hinterher gerannt, um ihn zu erlangen und möglichst in das gegnerische Tor zu spielen, während der gegnerische Torwart seinerseits aus seinem Tor heraus ihm entgegen gerannt sei. Noch bevor beide Spieler den Ball erreicht hätten, habe der Torweart der Gegenseite mit gestrecktem Bein gegen seinen rechten Unterschenkel getreten, so daß es zu den beschriebenen Verletzungen gekommen sei. Es handele sich um einen derart groben Regelverstoß, daß der Torwart ihm gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sei.
Der Torwart hingegen behauptete hingegen, daß er den Ball ins Seitenaus geschossen habe. Der Kläger habe versucht, den Ball noch durch Grätschen zu erreichen. Er sei aber zu spät gekommen und habe sich beim Tritt gegen sein Bein (also das Bein des Torwartes) die Unterschenkelfraktur zugezogen. Der Schiedsrichter habe die Aktion des Klägers als gefährliches Spiel abgepfiffen. Er, der Torwart, habe die Ansicht vertreten, er sei selbst dann dem Kläger gegenüber nicht schadensersatzpflichtig, wenn dessen Sachvortrag unterstellt würde.
Das Oberlandesgericht befand in seinem Urteil vom 02.04.2004 – wie auch die Vorsinstanz – daß schon nach dem klägerischen Vorbringen Ansprüche gegen den Torwart auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen der im Fußballspiel erlittenen Verletzungen nicht begründet seien.
Bei Wettkämpfen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Regeln oder geringfügigen Regelverstößen die Gefahr gegenseitiger Verletzungen bestehe, sei davon auszugehen, daß jeder Teilnehmer die Verletzungen, selbst mit schweren Folgen, in Kauf nehme, die auch bei Ausübung nach den anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart nicht zu vermeiden seien. Eine Inanspruchnahme des Schädigers würde in diesem Fall auf ein widersprüchliches Verhalten hinauslaufen, weil der Geschädigte in gleicher Weise in die Lage hätte kommen können und sich dann gegen eine Inanspruchnahme gewehrt hätte.
Grundlage dieser Reduzierung des Haftungsmaßstabes sei der bei allen Teilnehmern jedenfalls konkludent vorhandene Konsens an einem mit Verletzungsrisiko behafteten Wettkampf teilzunehmen. Deshalb würden auch geringfügige Regelverstöße in wettbewerbstypischen Risikolagen, die auf Spieleifer, Unüberlegtheit, technischem Unvermögen oder Müdigkeit beruhen würden , nicht zur Haftung des beteiligten Spielers führen. Ein Schadensersatzanspruch komme dagegen bei vorsätzlich und grob fahrlässigen Regelwidrigkeiten sowie dann in Betracht, wenn die Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß überschritten sei.
Dabei würden die Spielregeln der Sportverbände zwar wichtige Anhaltspunkte geben, ob ein fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverstoß im Einzelfall gegeben sei, sie seien jedoch kein bindendes Recht, weil sich der Sorgfaltspflichtverstoß nicht im Zuwiderhandeln gegen eine abstrakt formulierte Spielregel erschöpfe, sondern es auf die Außerachtlassung der in der konkreten Situation erforderlichen Sorgfalt ankomme.
Der Kläger habe unter Hinweis auf die Regel 12 des Deutschen Fußball Bundes in dem von ihm behaupteten Verhalten des Torwartes einen Verstoß gegen das Verbot, im Kampf um den Ball den Gegner vor dem Ball zu berühren und eine Verletzung des Verbotes des „gefährlichen Spiels“ gesehen und diesen als grobes Foul eingeordnet. In Betracht komme auch ein „Tackling“ mit Berührung des Gegners vor dem Ball.
Nicht jeder Regelverstoß (gestrecktes Bein) sei jedoch gleichbedeutend mit einem groben Foulspiel im Sinne der Regel 12, wie sich schon aus der besonderen Strafsanktion für grobes Foulspiel im Sinne von Ziffer 1. der dortigen Aufzählung ergebe.
Ausweislich des vorgelegten Spielberichtes ist das Verhalten des Torwartes unstreitig nicht mit einem Feldverweis geahndet worden. Dies belege, daß zumindest nach der Einschätzung des Schiedsrichters ein grobes Foulspiel nicht vorgelegen habe. Der Torwart habe auch kein e persönliche Strafe erhalten und es habe nicht einmal einen Freistoß für die Mannschat des Klägers gegeben.
Allein die unstreitigen Verletzungsfolgen begründeten ferner noch keinen Anscheinsbeweis für eine haftungsbegründende Sorgfaltspflichtverletzung oder ein schuldhaftes Handeln.
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