BGH, Beschluß vom 22.07.2021 (1 ZR 180/20):

„Die fehlende Bereitschaft eines Zeugen, in Deutschland auszusagen, führt für sich allein nicht dazu, dass dieses Beweismittel unerreichbar wäre. Steht fest, dass ein im Ausland lebender Zeuge vor dem Prozessgericht nicht erscheinen wird, so darf er trotz der Möglichkeit der Vernehmung durch den Rechtshilferichter gemäß § 363 ZPO nur dann als unerreichbar angesehen werden, wenn nur seine Vernehmung vor dem erkennenden Gericht zur Wahrheitsfindung beizutragen vermag; ob dies der Fall ist, hat das Tatgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die für die Ausübung des Ermessens maßgebenden Erwägungen müssen schlüssig ergeben, weshalb die Vernehmung vor einem ersuchten Richter zur Sachaufklärung ungeeignet und daher ohne jeden Beweiswert ist (vgl. zu § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO aF [jetzt § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 StPO]: BGH, Beschluss vom 17. Februar 1983 – 1 StR 325/82, MDR 1983, 505, [juris Rn. 2]).

Selbst wenn das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass ein persönlicher Eindruck unverzichtbar ist, hätte es zu erwägen, ob es den im Ausland lebenden Zeugen gemäß § 128a Abs. 2 und § 284 Satz 2 ZPO im Wege der Bild- und Tonübertragung vernehmen will (BGH, Beschluss vom 1. Juli 2010 – V ZR 238/09, juris Rn. 7; Beschluss vom 24. Juli 2013 – IV ZR 110/12, RdTW 2013, 398 Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., Vor 284 Rn. 11c). Eine Vernehmung des Zeugen in dieser Weise kommt im Streitfall in Betracht, weil die Vereinigten Staaten von Amerika zu den Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen gehören (BGBl. 1980 II S. 1290). In Art. 9 Abs. 2 dieses Übereinkommens ist ein Antrag des ersuchenden Gerichtes, nach einer besonderen Form zu verfahren, vorgesehen, dem grundsätzlich entsprochen werden soll. Damit kann auch eine Verhandlung oder Vernehmung im Wege der Videokonferenztechnik gemeint sein (jurisPK-ERV/Klasen, 1. Aufl., [Stand 6. Juli 2021], § 128a ZPO Rn. 14).“