Bundessozialgericht, Urteil vom 29.07.2015 (B 12 KR 4/13 R):

Die Revision des Klägers war nur iS der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet. Zwar lagen nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG beim Kläger die Voraussetzungen der Krankenversicherungspflicht als Rentner grundsätzlich vor, jedoch konnte der Senat nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger nach § 5 Abs 5 SGB V wegen hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätigkeit von der Versicherungspflicht ausgeschlossen war.

Zutreffend hat das LSG angenommen, dass der Kläger in der Tätigkeit als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der L-GmbH selbstständig erwerbstätig war. Dass der Kläger auf die Auszahlung des Geschäftsführergehalts verzichtet hat, ist wegen der grundsätzlich bestehenden Vergütungsvereinbarungen unschädlich (vgl BSG SozR 3-2200 § 1227 Nr 8 S 10 f). Ob diese Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt worden ist, konnte jedoch nicht abschließend beurteilt werden. Allgemein gilt insoweit, dass auch in der vorliegenden Konstellation, in der neben der selbstständigen Erwerbstätigkeit keine Beschäftigung ausgeübt wird und der Kläger stattdessen Rente bezieht, nur eine „hauptberuflich“ ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit zum Ausschluss von der Versicherungspflicht führt (vgl BSGE 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 16 mwN). Ob eine Tätigkeit hauptberuflich ist oder nicht, ist danach zu bestimmen, ob diese Tätigkeit in einer Gesamtschau von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt. Dies gilt entsprechend auch im vorliegenden Fall.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Tätigkeit des Klägers für die GmbH lässt sich aufgrund der Feststellungen des LSG schon deshalb nicht beurteilen, weil es zu Unrecht auf die Umsatzzahlen der GmbH abgestellt hat (vgl BSG SozR 3-5420 § 3 Nr 2 S 11; SozR 3-2500 § 240 Nr 27 S 104). Welche ihm zuzuordnenden Einnahmen der Kläger aus seiner selbstständigen Tätigkeit erzielt und ob hierbei auch ein Teil seiner Mieteinnahmen zu berücksichtigen ist, wird das LSG noch näher aufklären müssen. In erster Linie wird das LSG aber aufzuklären haben, wie hoch der regelmäßige zeitliche Aufwand des Klägers für seine selbstständige Tätigkeit konkret war. Die Berücksichtigung des zeitlichen Kriteriums ist auch bei Rentnern sachgerecht. Zwar üben Rentner ‑ wie hier der Kläger ‑ üblicherweise keine mit der Selbstständigkeit zeitlich konkurrierende Beschäftigung aus. Jedoch spricht es für Hauptberuflichkeit, wenn neben dem Rentenbezug eine selbstständige Tätigkeit mehr als halbtags ausgeübt wird (vgl BSG Urteil vom 10.3.1994 ‑ 12 RK 3/94 ‑ Die Beiträge 1994, 479). In welchem regelmäßigem zeitlichen Umfang der Kläger seine Geschäftsführertätigkeit tatsächlich ausgeübt hat, hat das LSG jedoch nicht festgestellt. Soweit der Senat in einer besonderen Fallkonstellation (BSG 110, 122 = SozR 4-2500 § 10 Nr 10, RdNr 16) die Qualität einer Tätigkeit angesprochen hat, kann hieraus vorliegend schon deshalb nichts für die Hauptberuflichkeit der Tätigkeit des Klägers hergeleitet werden, weil die vom LSG in diesem Rahmen angesprochenen Umstände sämtlich bereits bei der wirtschaftlichen Bedeutung oder dem zeitlichen Umfang der Tätigkeit zu berücksichtigen sind.

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