Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 09.04.2014 (7 U 124/12):

Die Eingriffs- und Risikoaufklärung dient der Selbstbestimmung des Patienten. Sie soll ihm das Wissen vermitteln, das er braucht, um sich eigenverantwortlich für oder gegen den ihm angeratenen Eingriff zu entscheiden (vgl. etwa BGH, NJW 1990, 2929, 2930). Dazu muß er nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa NJW 2011, 375 m.w.N.) „im Großen und Ganzen” wissen, worin er einwilligt. Er muß also über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können.

Dem Patienten muß deshalb eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern. Dabei hängt die Notwendigkeit zur Aufklärung nicht davon ab, wie oft ein solches Risiko zu einer Komplikation führt. Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung, die es für die Entschließung des Patienten haben kann. Bei einer möglichen besonders schweren Belastung für seine Lebensführung kann die Information über ein Risiko für die Einwilligung des Patienten deshalb auch dann von Bedeutung sein, wenn sich das Risiko sehr selten verwirklicht (vgl. BGH, NJW 1994, 793, 794 und 3012 f.; 1996, 779, 781; NJW 2000, 1784, 1785).

Die Aufklärungspflicht beschränkt sich allerdings zum einen auf eingriffstypische, spezifisch mit der Therapie verbundene Risiken. Sie gilt daher nicht für außergewöhnliche und nicht vorhersehbare Folgen des Eingriffs, die so fern liegen, daß sie weder für die ärztliche Therapieentscheidung noch für die Selbstbestimmung des Patienten von Bedeutung sind (vgl. etwa BGH, NJW 1989, 1533, 1534 und 1991, 2346).

Zum anderen ist nur über bekannte Risiken aufzuklären. War ein Risiko im Zeitpunkt der Behandlung noch nicht bekannt, besteht keine Aufklärungspflicht. War es dem behandelnden Arzt nicht bekannt und mußte es ihm auch nicht bekannt sein, etwa weil es nur in anderen Spezialgebieten der medizinischen Wissenschaft, aber nicht in seinem Fachgebiet diskutiert wurde, entfällt die Haftung des Arztes mangels schuldhafter Pflichtverletzung (vgl. nur BGH, NJW 2010, 3230, 3231; 2011, 375). Wenn sich ein Risiko verwirklicht, über das der Arzt nicht aufklären mußte und auch nicht aufgeklärt hat, kann sich die Haftung aber daraus ergeben, daß es an der notwendigen Grundaufklärung fehlt, weil der Patient nicht auf das schwerste möglicherweise in Betracht kommende Risiko hingewiesen wurde (vgl. BGH, NJW 1991, 2346, 2347; 1996, 777, 778 f.; 2001, 2798; 2011, 1088, 1089).

Gemessen daran kann dem Beklagten Ziff. 2 zwar nicht vorgeworfen werden, daß er den Kläger nicht auf das später eingetretene Risiko einer ischämischen Proktitis mit daraus resultierender Sepsis hingewiesen hat. Es fehlt aber an der notwendigen Grundaufklärung, weil der insoweit gebotene Hinweis auf das Risiko einer Infektion nicht erteilt wurde.

Im Rahmen der Grundaufklärung mußte der Beklagte den Kläger zwar auf das Risiko von Infektionen, aber nicht ausdrücklich auf die Gefahr hinweisen, daß diese in äußerst seltenen Fällen zu einer schweren und möglicherweise sogar tödlichen Sepsis führen können.