Finanzgericht Münster, Urteil vom 31.01.2013, (3 K 1321/11):

In dem zugrundeliegenden Verfahren begehrte der Kläger die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG. Er gab an, daß es sich bei dem Grundstück in D um ein Familienheim im Sinne der Vorschrift handele, daß aber eine Selbstnutzung aus objektiv zwingenden Gründen nicht möglich sei. Seit dem 01.04.2006 sei er Universitätsprofessor in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und aufgrund der Berufungsvereinbarung vom 14.02.2006 verpflichtet, seinen Wohnsitz an den Dienstort in U oder dessen näherer Umgebung zu verlegen. Der Umzug nach U sei zunächst bereits zum 01.08.2009 geplant gewesen, habe dann aber aufgrund einer gescheiterten Versetzung seiner Ehefrau, die als Oberstudienrätin tätig sei, verschoben werden müssen. Mit notariellem Kaufvertrag vom 16.09.2010 habe er mit seiner Frau schließlich in E, 18 Kilometern von U entfernt, ein Haus erworben. Da die berufliche Weichenstellung bereits seit 2006 klar gewesen sei, sei er aus zwingenden beruflichen Gründen gehindert gewesen, nach dem Tod seines Vaters dessen Haus zu beziehen.

Der Beklagte setzte mit Erbschaftsteuerbescheid vom 31.01.2011 die Erbschaftsteuer auf 369.022 Euro unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung -AO-) fest, ohne die Steuerbefreiung für das Einfamilienhaus in D gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zu gewähren. Die angeführten beruflichen Gründe für die Nichtnutzung des Hauses seien keine objektiv zwingenden Gründe, wie sie die Befreiungsvorschrift voraussetze.

Gegen den Bescheid legte der Kläger am 14.02.2011 wegen der Steuerbefreiung Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, daß ein Umzug in das geerbte Haus nahe gelegen hätte, wenn er nicht zuvor die Professur in U angetreten hätte. Zwar sei das Haus nach vierjährigem Leerstand und einem Wasserschaden zum Zeitpunkt des Todes des Vaters nicht bewohnbar gewesen. Allerdings liege es landschaftlich schön und verkehrstechnisch günstig. Es sei zudem mit Kindheitserinnerungen verbunden.

Ein Bezug sei allerdings faktisch nicht in Betracht gekommen. Denn eine Versetzung nach D oder zumindest in den Umkreis sei nicht möglich gewesen. Auch eine vergleichbare Stelle wäre nur nach langwierigen Berufungsverfahren vergeben worden. Hinzu komme, dass die Fächerkombination „Kirchenordnung und Neuere Kirchengeschichte“ an keiner anderen Hochschule existiere.

Die Residenzpflicht habe vorgesehen, daß er sich im Umkreis von 30 Kilometern von U niederlasse. Seine Ehefrau sei Lehrerin und nach einem ersten vergeblichen Versuch im Jahr 2009 schließlich im Jahr 2010 von der Schule in Nordrhein-Westfalen an eine baden-württembergische Schule versetzt worden. Daher habe man schließlich auch das Grundstück in E erworben.

Selbst wenn er die Professur nicht angenommen hätte, hätte er als Pfarrer bei seiner vorherigen Tätigkeit in der Gemeinde in O der Residenzpflicht unterlegen und hätte nicht nach D ziehen können.

Sollte ihm die Steuerbefreiung für das Familienheim verwehrt bleiben, so läge eine Benachteiligung gegenüber Erben vor, die in der Nähe des Familienheimes beruflich tätig seien. Somit sei auch ein beruflicher Grund ein objektiv zwingender Grund, der eine Eigennutzung verhindere.

Mit Einspruchsentscheidung vom 17.03.2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Objektiv zwingende Gründe lägen nach dem Erlass zum ErbStG bei einer beruflichen Versetzung nicht vor. Denn es dürfe dem Erwerber nicht möglich sein, überhaupt einen Hausstand zu führen. Vorliegend habe der Kläger aber einen Hausstand in H unterhalten. Da er auch nie in Erwägung gezogen habe, das Haus seines Vaters selbst zu nutzen, fehle es an einer Bestimmung zur Selbstnutzung.

Die von dem Kläger erhobenen Klage wies das Finanzgericht als unbegründet zurück.

Der Erbschaftsteuerbescheid vom 04.01.2013 sowie die Einspruchsentscheidung vom 17.03.2011 seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG lägen nicht vor, da es bereits im Ausgangspunkt an einem Familienheim im Sinne der Vorschrift fehle. Eine Ausnahme aus zwingenden Gründen sei nicht zugelassen. Derartige Gründe lägen im Streitfall darüber hinaus aber auch nicht vor.

Gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG bleibe der Erwerb von Todes wegen des Eigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück im Sinne des § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Bewertungsgesetzes durch Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 steuerfrei, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert worden sei, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sei (Familienheim) und soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 Quadratmeter nicht übersteiet. Die Steuerbefreiung falle nach Satz 5 der Norm mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er sei aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

Für die Anwendung der Begünstigungsvorschrift fehle es im vorliegenden Fall an der unverzüglichen Bestimmung des erworbenen Hauses zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken.

Der Senat war der Auffassung, daß eine Ausnahme hiervon aus zwingenden Gründen nicht zugelassen sei.

Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG setze ein Familienheim im Sinne der gesetzlichen Begriffsbestimmung voraus. Dies erfordere auf Seiten des Erwerbers die Bestimmung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken. Zwar werde im Schrifttum bezweifelt, ob der Gesetzgeber, der in § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG das Familienheim bei Zuwendungen unter Lebenden enger (Wohnung zu eigenen Wohnzwecken) beschrieben habe, unterschiedliche Definitionen des Familienheims in einer Vorschrift vornehmen wollte (so Tiedtke/Schmitt, NJW 2009, 2632, 2634 f.). Dies könne vorliegend indes offenbleiben, da im vorliegenden Fall keine der Voraussetzungen auf Erwerberseite erfüllt sei.

Eine Ausnahme von der unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken sei in der Begriffsbestimmung nicht vorgesehen und lasse sich auch nicht im Wege der Auslegung hineinlesen. Eine derartige Ausnahme aus zwingenden Gründen sehe das Gesetz bei der Beschreibung des Familienheims allein auf Seiten des Erblassers vor, während auf Seiten des Erwerbers die Bestimmung zur Selbstnutzung alternativlos aufgeführt sei. Nichts anderes ergebe sich unter Hinzuziehung des Wortlautes von Satz 5, dem zufolge die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit wegfalle, wenn die Selbstnutzung aufgegeben werde und keine zwingenden Gründe für die Aufgabe der Selbstnutzung vorliegen würden. Der Nachversteuerungstatbestand setze indes nach Auffassung des Senates voraus, daß die erworbene Immobilie zunächst überhaupt „Familienheim“ im Sinne des Satzes 1 geworden sei. Ein Wegfall der Steuerbefreiung könne begrifflich nur nach ihrer vorherigen Gewährung eintreten. Eine Gewährung der Steuerbefreiung wiederum sei, wie dargelegt, nur im Fall einer Widmung zum Familienheim möglich.

Hätte der Gesetzgeber hiervon eine Ausnahme, also ein Familienheim gänzlich ohne Selbstnutzung, anerkennen wollen, hätte er dies nach Auffassung des Senates bereits im Rahmen der Begriffsbestimmung zum Ausdruck gebracht – wie auf Seiten des Erblassers geschehen. Dem lasse sich auch nicht überzeugend entgegenhalten, daß es sich hierbei um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers gehandelt habe. Denn die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gemachten Ausführungen zu dieser Vorschrift bekräftigten das Ergebnis der Wortlausauslegung ebenso wie eine teleologische Auslegung der Vorschrift. Die Zielsetzung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG liege maßgeblich darin, das Familienheim als sog. „Familiengebrauchsvermögen“ zu schützen (vgl. Bundestagsdrucksache 16/11107, Bericht des Finanzausschusses (BT-Drs. 16/11107), S. 9). Im Bericht des Finanzausschusses werde dazu auf in Hausgemeinschaft mit den Eltern lebende Kinder oder solche, die das Familienheim unverzüglich nach dem Erwerb selbst zu Wohnzwecken nutzen, abgestellt. Beides spreche dafür, daß der Charakter als Familienheim auch in der Hand des Erwerbers zunächst begründet werden müsse. Noch deutlicher werde dieser Aspekt, wenn ausgesprochen werde, daß der „Schutz des familiären Lebensraums“ es gebiete, „die Steuerbefreiung davon abhängig zu machen, daß das Kind das Familienheim auch tatsächlich zu eigenen Wohnzwecken nutzt“. Erst wenn „diese Nutzung“ innerhalb von zehn Jahren aufgegeben werde, sei ein Schutz „nicht mehr“ geboten (BT-Drs. 16/11107, S. 9 (li. Sp. a. E.)).

Diese im Gesetzgebungsverfahren formulierte Teleologie der Steuerbefreiung erfordere zwingend – und daher auch ausnahmslos –, daß das erworbene Grundstück im Ausgangspunkt zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt worden sei, da ansonsten kein schutzwürdiger gemeinsamer familiärer Lebensraum vorliege. Sofern die Kinder das Haus ihrer Eltern zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr (mit) bewohnen würden, entfalle aus der Sicht des Senates mit dem Tod des letztversterbenden Elternteils zunächst der Charakter als Familiengebrauchsvermögen mit seinen familiären Bindungen. Das Grundstück sei damit anderem, etwa vermietetem Grundvermögen der Erbmasse gleichgestellt. Allein die unverzügliche Widmung zur Selbstnutzung könne diesen Charakter aufrechterhalten bzw. zeitnah wiederherstellen. Die familiäre Bindung des Familiengebrauchsvermögens mache nach Sinn und Zweck der Vorschrift die Begünstigungswürdigkeit des Grundstücks aus. Vor diesem Hintergrund sei eine Ausnahme von der unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung nicht zuzulassen, wenn die familiäre Bindung nicht zunächst reaktiviert worden sei.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen könne der Kläger die Steuerbefreiung nicht beanspruchen, da er das Haus in D nicht zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt habe und es sich somit nicht um ein Familienheim im Sinne des Gesetzes handele. Dies sei in tatsächlicher Hinsicht unstreitig, wie in der mündlichen Verhandlung noch einmal zum Ausdruck gekommen sei.

Der Kläger selbst habe im Laufe des Verfahrens deutlich gemacht, daß ein Bezug des Hauses zu keinem Zeitpunkt in Betracht gekommen sei. Er selbst habe zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits der Residenzpflicht in U unterlegen und jedenfalls teilweise dort gewohnt. Seine Frau habe ebenfalls bereits Versuche unternommen, eine Versetzung in die Nähe von U zu erwirken. Es sei bereits zu dieser Zeit geplant gewesen, daß die Familie dauerhaft nach U verziehen werde. Die Nachricht, daß dies zum 01.08.2010 geschehen würde, habe den Kläger und sein Frau nach eigenem Vortrag im Januar 2010 erreicht, noch bevor er überhaupt am 27.01.2010 vom Erwerb des Hauses erfahren habe. Daher seien auch die Renovierungsarbeiten im Hinblick auf eine Vermietung vorgenommen worden, die sich dann ab dem 01.09.2010 auch unmittelbar angeschlossen habe.

Da die Steuerbegünstigung im vorliegenden Fall keine Anwendung finde, könne die Frage, ob § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG selbst im Einklang mit dem Grundgesetz steht, offen bleiben.

Der Kläger könnte die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG aber auch dann nicht für sich beanspruchen, wenn man – mit seiner Rechtsauffassung – davon ausginge, daß von der unverzüglichen Widmung zu eigenen Wohnzwecken eine Ausnahme aus zwingenden Gründen zuzulassen sei, da nach Auffassung des Senates berufliche Gründe, wie die beim Kläger bestehende Residenzpflicht, nicht als zwingende Gründe anzuerkennen seien.

Das Tatbestandsmerkmal „zwingende Gründe“ (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG) sei gesetzlich nicht definiert. Im Schrifttum gehen die Auffassungen zur Auslegung in Bezug auf die Anerkennung auseinander. Insbesondere berufliche als zwingende Gründe anzuerkennen werde verschiedentlich – zumeist ohne weitere Begründung – befürwortet (vgl. nur Geck in Kapp/Ebling, ErbStG, § 13, Rn. 39.5; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13, Rn. 71; H.-U. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, § 13, Rn. 75). Dem schließe sich der Senat nicht an.

Die Auslegung habe am dargelegten Gesetzeszweck, das Familiengebrauchsvermögen mit Rücksicht auf die familiären Bindungen zu schützen, anzusetzen. Der Schutz des familiären Lebensraumes und der familiären Bindungen werde zwangsläufig verfehlt, wenn die Nutzung durch den letztlebenden Elternteil ende und eine sofortige Bestimmung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken unterbleibe. Denn damit ende zugleich der Charakter als Familiengebrauchsvermögen und der Begünstigungsgrund entfalle. Es sei vor diesem Hintergrund nach Auffassung des Senates geboten, Ausnahmen eng zu begrenzen.

Anhaltspunkte für eine Grenzziehung ergäben sich aus den im Gesetzgebungsverfahren dokumentierten Beispielen für zwingende Ausnahmegründe: Pflegebedürftigkeit und Tod (BT-Drs. 16/11107, S. 9). Diese legten es nach Auffassung des Senates nahe, Umstände zu fordern, die eine Haushaltsführung im Familienheim unmöglich machen würden. Soweit dort ausgeführt werde, daß das „selbstständige Führen eines Haushaltes“ in dem erworbenen Familienheim unmöglich sei, sei dies nach Auffassung des Senates nicht dahin zu verstehen, daß das Führen des Haushaltes im Familienheim nicht möglich sei, sondern beziehe sich auf das Führen eines eigenen Haushaltes schlechthin und müsse damit in der Person des Erwerbers begründet liegen. Vor diesem Hintergrund würden berufliche Gründe jedenfalls dann als zwingende Gründe ausscheiden, wenn ihnen eine Entscheidung des Erwerbers zugrunde liege, die bei in der Person des Erwerbers liegenden Gründen gerade nicht möglich sei. Soweit der Steuerpflichtige im Rahmen einer solchen Entscheidung berufliche „Zwänge“ über die familiäre Bindung des Familienheims stelle, entfalle zudem die am Gesetzeszweck orientierte Begünstigungswürdigkeit. Dieser Aspekt werde auch an den Ausführungen zu Berufspendlern mit mehreren Wohnsitzen im Gesetzgebungsverfahren deutlich (BT-Drs. 16/11107, S. 9): Ein zusätzlicher Wohnsitz am Beschäftigungsort sei für die Steuerbefreiung solange unschädlich, wie das Familienheim noch den Lebensmittelpunkt darstelle. In diesen Fällen blieben die familiäre Verbindung und damit die Begünstigungswürdigkeit erhalten.

Der Senat folge der Auslegung der vom Beklagten zitierten Richtlinien zum ErbStG zu § 13 (R E 13.4 Abs. 2 Sätze 2 und 3) jedenfalls insoweit, als zwar eine Pflegebedürftigkeit, die die Führung eines eigenen Haushalts nicht mehr zulasse, nicht dagegen z. B. eine beruflichen Versetzung, zwingende Hinderungsgründe begründen können. Ob darüber hinaus – wie der Kläger rüge – in der Formulierung „objektiv zwingende Gründe“ eine gesetzeswidrige Einschränkung zu sehen sei, könne offenbleiben. Soweit sich der Kläger auf die Gesetzesbegründung berufe und darauf hinweise, daß nur „zwingende, objektive Gründe“ erforderlich seien, stimme der Senat dem zwar im Ausgangspunkt zu, weise aber auf seine dargelegte Auffassung hin, dass diese in der Person des Erwerbers begründet liegen müßten.

In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze seien die vom Kläger vorgetragenen Gründe nicht als zwingende Gründe anzuerkennen, die eine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken entbehrlich machen könnten. Die berufliche Situation des Klägers, namentlich seine Residenzpflicht zunächst in O und ab 01.04.2006 in U, mag zwar von diesem als zwingend empfunden worden sein, liee aber nicht dergestalt in seiner Person begründet, daß ihm eine Nutzung als Familienheim nicht möglich gewesen sei. Vielmehr habe sich der Kläger dazu entschlossen, seiner beruflichen Situation den Vorrang gegenüber dem Bezug des Hauses in D einzuräumen. Dies sei als bewußte Entscheidung gegen die Aufrechterhaltung des Familienheims aufzufassen und offenbare zugleich, daß er die der Vorschrift zugrunde liegende Bindung an den früheren gemeinsamen familiären Lebensraum aufgegeben habe.

Darüber hinaus drängten sich dem Senat aber auch Zweifel auf, ob die vorgetragenen beruflichen Gründe – nach den Maßstäben des Klägers – als zwingend anzusehen seien. Denn der tatsächliche Geschehensablauf zeige, daß es dem Kläger zum Zeitpunkt des Todes des Vaters – trotz Residenzpflicht – immerhin möglich gewesen sei, sowohl in U als auch in H, in der Nähe des Hauses in D, zu wohnen. In H habe zu dieser Zeit noch seine Frau gewohnt und auch seine Kinder seien noch in regelmäßigen Abständen dorthin zurückgekehrt, so daß fraglich erscheine, ob der Kläger tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt bereits in U gehabt habe. Einer abschließenden Beurteilung des tatsächlichen Geschehensablaufs durch den Senat bedürfe es jedoch nicht.

Einen Verstoß gegen das Grundgesetz (GG), insbesondere Art. 3 Abs.1 GG, vermöge der Senat in einer derartigen Auslegung, mit der die Handhabung des Beklagten in diesem Fall übereinstimme, nicht zu erkennen.

Der in der Gesetzesbegründung angegebene Grund, namentlich die Verschonung von Familiengebrauchsvermögen und der Schutz der familiären Bindung, sei im Ausgangspunkt als sachlicher Grund zur Differenzierung anzuerkennen. Bei der Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sei – wie der Kläger verkennt – zu beachten, daß es sich gerade bei der Gewährung der Steuerbefreiung um eine Ausnahme von der gleichmäßigen Besteuerung handele, so daß die vom Senat vorgenommene enge und am Gesetzeszweck orientierte Auslegung den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung in besonderer Weise Rechnung trage.

Den vom Kläger angedeuteten Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes vermöge der Senat keine verfassungsrechtliche Bedeutung zu entnehmen.