Mit dem Beschluß des Verwaltungsgerichts Düsseldorf 18 L 1192/12 vom 02.08.2012 ist es nicht zu beanstanden, wenn eine Überprüfung der Gefährlichekeit eines Schäferhundes angeordnet wird, nachdem der Hund bereits zweimal andere Hundehalter gebissen hat, obwohl der Hund als Schäferhund nicht zu den als gefährlich einzustufenden Rassen gehört. Als vorläufige Sicherungsmaßnahme kann der Hund ferner zum Schutz vor weiteren Attacken während des Verfahrens in einem Tierheim untegebracht werden.
Ermächtigungsgrundlage für die Aufforderung, die Schäferhündin „H“ dem amtlichen Tierarzt vorzustellen, um sie auf ihre Gefährlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 3 LHundG NRW zu begutachten, sei § 12 Abs. 1 LHundG NRW. Nach dieser Vorschrift könne die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere Verstöße gegen Vorschriften des Landeshundegesetzes, abzuwehren. Es bestehe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, solange nicht geklärt werde, ob die Haltung der Hündin „H“ gemäß § 4 LHundG NRW erlaubnispflichtig ist, weil es sich möglicherweise um einen im Einzelfall gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 LHundG NRW handelt. Denn in diesem Fall wäre die Hundehaltung der Antragstellerin formell illegal. Es müßte auf einen diesbezüglichen Antrag geprüft werden, ob ihr eine Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes erteilt werden könne, was voraussetzen würde, daß die besonderen Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 LHundG NRW erfüllt seien.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin gebe es auch einen hinreichenden Anlaß für die Klärung der Frage, ob es sich bei „H“ um einen gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 3 LHundG NRW handele. Zwar treffe es zu, daß die Amtstierärztin nach dem ersten aktenkundigen Vorfall vom 9. März 2011 weiterführende ordnungsbehördliche Maßnahmen nicht für erforderlich gehalten habe. Zugleich habe sie in ihrer Stellungnahme vom 16. April 2011 aber betont, daß „Hs“ Verhalten gegenüber anderen Artgenossen im Rahmen der Begutachtung nicht habe beurteilt werden können und daß keine Verhaltensprüfung durchgeführt worden sei. Nachdem nunmehr ein weiterer Vorfall – vom 17. Juni 2012 – zur Anzeige gebracht wurde, bei dem „H“ zusammen mit dem Schäferhund „S“ des Herrn N (Antragsteller in dem Parallelverfahren 18 L 1191/12) einen Herrn X angegriffen haben soll, wobei Herr X gebissen und nicht unerheblich verletzt wurde, stehe die Frage nach der Gefährlichkeit des Hundes erneut im Raum. Insbesondere falle auf, daß sowohl bei dem Vorfall aus März 2011 als auch bei dem aus Juni 2012 die Geschädigten jeweils eigene Hunde ausführten, die möglicherweise als „Schlüsselreiz“ für etwaige Angriffe fungierten hätten, so daß „H“ insbesondere auf ihre Verträglichkeit mit anderen Hunden überprüft werden müssw, was bisher nicht geschehen sei.
Die Feststellung der Gefährlichkeit erfolge gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 LHundG NRW durch die zuständige Behörde nach Begutachtung durch den amtlichen Tierarzt, weshalb der Hund diesem vorzuführen sei. Worauf die Annahme der Antragstellerin, die Begutachtung finde in einem „geheimen Verfahren“ statt, beruhe, erschließe sich nicht. Der Inhalt der Ordnungsverfügung biete hierfür keinen Anlaß. Soweit dem Einzelrichter aus seiner langjährigen Erfahrung mit Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art bekannt sei, erfolgten Verhaltenstests und ähnliche Überprüfungen grundsätzlich im Beisein und unter Mitwirkung der Hundehalter. Daß dies im Bereich der Stadt E üblicherweise anders gehandhabt werde, sei nicht erkennbar. Die von der Antragstellerin ferner aufgeworfene Frage, ob von ihr verlangt werden dürfe, ihre Hündin dem Amtstierarzt der Stadt E vorzuführen, bedürfe keiner Entscheidung, weil die angefochtene Ordnungsverfügung keine dahingehende Anordnung enthalte. Soweit auf Seite 2 der Änderungsverfügung vom 24. Juli 2012 die Bitte geäußert werde, sich mit einem Herrn N1 vom Amt für Verbraucherschutz unter der Rufnummer 0211-0000000 in Verbindung zu setzen, handele es sich um einen bloßen Hinweis auf einen Ansprechpartner zum Zweck der Verfahrensvereinfachung. Abgesehen davon sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, welche Gründe gegen eine Begutachtung von „H“ durch den Amtstierarzt der Antragsgegnerin sprechen würden; schon deshalb könne die diesbezügliche Interessenabwägung nur zu Lasten der Antragstellerin ausfallen.
Die Aufforderung, den Hund bis zum Abschluß des Verfahrens zur Überprüfung der Gefährlichkeit im Tierheim unterzubringen, beruhe ebenfalls auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW. Insoweit handele es sich um eine vorläufige Sicherungsmaßnahme, um zu verhindern, daß der Hund von einer Person ausgeführt und betreut werde, die keine Erlaubnis für seine Haltung besitze, obwohl aus den oben dargelegten Gründen gewichtige Anhaltspunkte dafür sprechen würden, daß sie einer solchen bedürfe (wobei die Erlaubnisfähigkeit dann erst noch in einem gesonderten, auf Antrag einzuleitenden Verfahren geklärt werden müßte, in dem sich nicht zuletzt die Frage nach der Zuverlässigkeit stellen würde).
Die nach alledem noch vorzunehmende allgemeine Abwägung der widerstreitenden Interessen führe gleichfalls zu keinem Überwiegen des privaten Aufschubinteresses der Antragstellerin gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an einer sofortigen Gefahrenabwehr. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Antragstellerin einen Angriff ihrer Hündin bestreite und vermute, Herr X sei von seinem eigenen Hund gebissen worden. Die Angaben des Geschädigten, wie sie in der polizeilichen Strafanzeige vom 17. Juni 2012 wiedergegeben seien, würen nicht von vornherein unglaubhaft erscheinen. Hinzu komme, daß sie durch die schriftliche Äußerung einer Frau C („In der Nacht vom 16. auf den 17.06. wurde ich durch Schreie und Lärm geweckt. Dies rührte von einem Angriff zweier Schäferhunde auf einen Mann aus der Nachbarschaft her. …“) bestätigt würden. Bei dieser Sachlage lasse der hohe Rang der bedrohten Rechtsgüter – Leben und Gesundheit von Menschen und Tieren – kein Abwarten zu; vielmehr mache er es erforderlich, daß die Gefährlichkeit von „H“ unverzüglich durch eine amtstierärztliche Begutachtung geklärt werde. Da der Antragstellerin hierdurch keine irreparablen Nachteile entstehen würden, sei es ihr zuzumuten, die für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen zu befolgen.
Schließlich komme auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die bereits kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 Satz 1 JustG NRW) sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung nicht in Betracht. Diese finde ihre rechtliche Grundlage in den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 VwVG NRW. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 1.500,00 Euro berücksichtige das Interesse der Antragstellerin an der Nichtbefolgung der ordnungsbehördlichen Anordnungen und liege dabei noch im unteren Bereich des von § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW eröffneten Rahmens (von zehn bis hunderttausend Euro).
Nach alledem bestehe kein Grund, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldfestsetzung vom 1. August 2012 anzuordnen. Diese sei offensichtlich rechtmäßig. Sie finde ihre rechtliche Grundlage in § 64 VwVG NRW. Die Aufforderung, den Hund dem amtlichen Tierarzt vorzuführen, kann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, weil die Klage keine aufschiebende Wirkung habe (§ 55 Abs. 1 VwVG). Ferner habe die Antragstellerin die Verpflichtung nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist erfüllt.