Bundesgerichtshof, Pressemitteilung vom 15.05.2013 (89/13; Urteil vom 15. Mai 2013 – XII ZR 49/11)

Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsfrage entschieden, ob auch ein Samenspender als sog. biologischer Vater die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes anfechten kann.

Der Kläger und die Mutter des Beklagten zu 2 lebten jeweils in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Der 2008 geborene Beklagte zu 2 war durch eine von seiner Mutter selbst vorgenommene Insemination mit Samenflüssigkeit des Klägers, die dieser ihr in einem Gefäß übergeben hatte, gezeugt worden. Ob der Kläger nach der Vorstellung der Beteiligten später die väterliche Verantwortung übernehmen sollte oder ob von vornherein eine Stiefkind-Adoption durch die Partnerin der Mutter beabsichtigt war, wurde von den Parteien unterschiedlich dargestellt. Eine nach der Geburt abgegebene Anerkennung der Vaterschaft durch den Kläger war wegen unterbliebener Zustimmung der Mutter nicht wirksam geworden. Stattdessen hatte der Beklagte zu 1 – mit Zustimmung der Mutter – die Vaterschaft anerkannt. Zwischen dem Beklagten zu 1 und dem Kind (Beklagter zu 2) bestand unstreitig keine sozial-familiäre Beziehung.

Der Kläger hatte als sogenannter biologischer Vater die Vaterschaft des Beklagten zu 1 angefochten. Das Amtsgericht – Familiengericht – hatte die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hatte ihr stattgegeben. Beide Beklagten legten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision ein.

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB stehe die Anfechtung der Vaterschaft auch dem Mann zu, der an Eides statt versichert, der Mutter in der Empfängniszeit „beigewohnt“ zu haben. Der Begriff der Beiwohnung schließe eine Anfechtung der durch eine Samenspende entstandenen Vaterschaft nicht aus. Vielmehr würden Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung eine Anwendung der Vorschrift auch bei einer ohne Geschlechtsverkehr möglichen leiblichen Vaterschaft des Anfechtenden gebieten, wenn der Zeugung des Kindes keine Vereinbarung im Sinne von § 1600 Abs. 5 BGB vorausgegangen sei. Die Anwendung der Vorschrift werde dadurch erforderlich, daß nur so der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Zugang des biologischen Vaters zur rechtlichen Vaterschaft ermöglicht werde. Ein in den Gesetzesberatungen verhandelter Ausschluß des Samenspenders von der Anfechtung betreffe nur Fälle der sogenannten konsentierten heterologen Insemination im Sinne von § 1600 Abs. 5 BGB, bei der aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung aller Beteiligten von vornherein klar sei, daß ein anderer Mann rechtlicher Vater werden soll. Damit sei ein Gleichlauf der Anfechtungsrechte des biologischen Vaters und der rechtlichen Eltern gewährleistet.

Der Wunsch der Mutter, daß auch ihre Lebenspartnerin die Elternstellung erlangen soll, sei nur durch eine Adoption zu erreichen. Dagegen stelle die Anerkennung durch einen anderen Mann, der die Elternstellung nicht anstrebe, einen Mißbrauch des Elternrechts dar, welcher durch die gesetzlich vorgesehene Anfechtung des leiblichen Vaters verhindert werden solle.