Kammergericht Berlin, 1 VA 12/12, Beschluß vom 19.03.2013

Hat ein deutsch/thailändisches Ehepaar während der Ehe sowohl in Deutschland als auch in Italien gemeinsam gelebt, scheidet die Anerkennung einer in Thailand registrierten Privatscheidung aus, wenn auf die Scheidung entweder deutsches oder italienisches Recht Anwendung findet.

Auf die Ehescheidung sei entweder italienisches oder deutsches, jedenfalls nicht thailändisches Recht anzuwenden. Gemäß Art. 17 Abs. 1 S. 1 EGBGB unterliege die Scheidung dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblich ist. Die Vorschrift verweise auf das Ehewirkungsstatut, das in Art. 14 EGBGB geregelt ist (Winkler v. Mohrenfels, in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl., Art. 17 EGBGB, Rdn. 35). Danach würden die allgemeinen Wirkungen der Ehe in erster Linie dem Recht des Staats unterliegen, dem beide Ehegatten angehören würden oder zuletzt angehörten hätten, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehöre, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB. Eine gemeinsame Staatsangehörigkeit hätten die Ehegatten hingegen während der gesamten Ehezeit und somit auch im Zeitpunkt ihrer Scheidung nicht besessen.

Das Recht von Thailand hätten die Ehegatten nicht, jedenfalls nicht wirksam gewählt. Es lägen weder notariell beurkundete Erklärungen vor, noch solche, die den thailändischen Formfordernissen an einen Ehevertrag entsprächen, Art. 14 Abs. 4 EGBGB. Nach thailändischem Recht könne ein Ehevertrag wirksam nur vor der Ehe geschlossen werden. Die Erklärungen bedürften der Schriftform, seien vor zwei Zeugen abzugeben und in das Eheregister einzutragen, Sec 1465, 1466 des thailändischen Zivil- und Handelsgesetzbuches (im Folgenden: ZHGthai; abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Thailand, Stand September 2009).

Deshalb sei hier auf Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB abzustellen. Ehewirkungsstatut sei danach das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt häben oder während der Ehe zuletzt gehabt hätten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Letzteres sei der Fall. Die Eheleute hätten zuletzt gemeinsam in Italien gelebt und der Beteiligte zu 1 habe mit Schreiben vom 5. März 2013 klargestellt, daß die Ehefrau dort auch noch während der Scheidung ihren hauptsächlichen Wohnsitz dort hätte. Danach sei zunächst das italienische Recht einschließlich des dortigen Internationalen Privatrechts berufen. Gemäß Art. 31 Abs. 1 Gesetz Nr. 95/218 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, a.a.O., Italien, Stand Februar 2011) richte sich die Scheidung in erster Linie nach dem gemeinsamen Heimatrecht der Ehegatten im Zeitpunkt des Antrags auf Auflösung der Ehe. Fehle ein solches gemeinsames Recht, wie das vorliegend der Fall sei, sei das Recht des Staates anzuwenden, in welchem das eheliche Zusammenleben überwiegend stattgefunden habe.

Der Beteiligte zu 1 habe mit seiner Ehefrau sowohl in Deutschland als auch in Italien gelebt, wie sich insbesondere seinem Schreiben vom 6. Januar 2009 im vorangegangene Verwaltungsverfahren vor der Beteiligten zu 2 (II B 7.1 – … ) entnehmen lasse. In welchem der beiden Länder das Zusammenleben der Ehegatten letztlich überwogen habe, könne dahinstehen. Hae das eheliche Zusammenleben überwiegend in Italien stattgefunden, finde italienisches Recht Anwendung. Dem stünden die Ausführungen der Gemeinde G… in deren Bescheid vom 28. Mai 2012 nicht entgegen. Der Bescheid enthalte keine Aussagen zur Anwendung italienischen Rechts. Der dortige Standesbeamte habe die Anerkennung der Scheidung vielmehr mangels Zuständigkeit abgelehnt, weil der Beteiligte zu 1 und seine Ehefrau nicht mehr in Italien leben.

Hätten die Ehegatten hingegen überwiegend in Deutschland gelebt, verweise das italienische Recht insoweit auf das deutsche Recht zurück. Eine solche Rückverweisung sei dann maßgeblich, Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB.

Gemäß Art. 149 Abs. 1 des italienischen Zivilgesetzbuches (abgedruckt bei Bermann/Ferid/Henrich, a.a.O., Italien, Stand Februar 2011) werde die Ehe durch den Tod und in anderen vom Gesetz bestimmten Fällen aufgelöst. Maßgeblich für die Auflösung der Ehe zu Lebzeiten der Ehegatten sei danach das Gesetz Nr. 70/898 (abgedruckt ebenda). Gemäß Art. 5 Gesetz Nr. 70/898 erfolge die Scheidung durch gerichtliches Urteil. Die italienische Rechtsordnung lasse eine einverständliche (Privat-)Scheidung nicht zu (vgl. Pesce, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Italien, Stand Mai 2012; Cubedda/Wiedemann, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, 2. Aufl., Italien, Rdn. 157). Sie unterscheide sich insoweit nicht vom deutschen Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht, wonach über die Scheidung immer ein Gericht zu befinden habe, § 1564 S. 1 BGB (vgl. BGH, NJW 1990, 2194, 2196).

Demgegenüber könne eine Ehe nach thailändischem Recht im gegenseitigen Einverständnis oder durch Gerichtsurteil geschieden werden, Sec. 1514 ZHGthai. Die Scheidung im gegenseitigen Einverständnis erfolge durch einen vertragsähnlichen rechtsgeschäftlichen Konsens der Ehegatten (BGH, a.a.O.). Auch wenn zur Wirksamkeit der Scheidung noch eine Registereintragung erforderlich sei, Sec 1515 und 1531 Abs. 1 ZHGthai, stehe dies ihrer Einordnung als Privatscheidung nicht entgegen. Denn es sei nicht ersichtlich, daß bei der Registrierung mehr als eine formale Prüfung der Scheidungsvoraussetzungen vorgenommen würde. Eine Entscheidung im Sinne von Art. 5 des italienischen Gesetzes Nr. 70/898 erfolge jedenfalls nicht (vgl. König-Tumpiya, in: Bermann/Ferid/Henrich, a.a.O.; Andrea, Internationales Familienrecht, 2. Aufl., S. 253). Gleiches gelte bei Anwendung deutschen Rechts, § 1564 S. 1 BGB (BGH, a.a.O.).

Die Ehe des Beteiligten zu 1 sei aufgrund gegenseitigem Einverständnisses und damit im Rahmen einer nicht anerkennungsfähigen Privatscheidung geschieden worden. Das folge aus den von dem thailändischen Standesbeamten am 3. März 2008 protokollierten Umständen. Danach hätten sie sich aus freier Entscheidung, Sec 1514 Abs. 1 ZHGthai, schriftlich vor zwei Zeugen, Sec 1514 Abs. 2 ZHGthai, unter Regelung der elterlichen Sorge, Sec 1520 Abs. 1 ZHGthai scheiden lassen.

Anlaß, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, § 70 Abs. 2 S. 1 FamFG, bestehe nicht.