Der Bundesgerichtshof entschied in seinem Urteil vom 30. Januar 2013 (XII ZR 158/10), daß Aufwendungen des gesteigert unterhaltspflichtigen Elternteils für eine zusätzliche Altersversorgung und eine Zusatzkrankenversicherung unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigungsfähig seien, wenn der Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind andernfalls nicht aufgebracht werden kann.

Zwar bestünden grundsätzlich allerdings keine Bedenken, Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen. Denn durch die aus dem Erwerbseinkommen abzuführenden Beiträge zur gesetzli-chen Rentenversicherung könne eine angemessene Altersversorgung nicht mehr erreicht werden.

Der Senat habe deshalb beim Ehegatten- und Kindesunterhalt grundsätzlich Aufwendungen bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessene zusätzliche Altersversorgung angesehen (Senatsurteil BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1821).

Ob dem Unterhaltspflichtigen allerdings auch dann zuzubilligen sei, zusätzlichen Vorsorgeaufwand zu betreiben, wenn er einem minderjährigen Kind gesteigert unterhaltspflichtig sei und dessen Mindestunterhalt nicht aufbringen könne, habe der Senat bisher nicht entschieden.

Die Frage sei, wie das Berufungsgericht ausgeführt habe, unter Berücksichtigung der besonderen gesetzlichen Wertungen zu beantworten.

Nach § 1603 Abs. 1 BGB sei nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden würden, seien gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sogenann-te gesteigerte Unterhaltspflicht). Dies beruhe auf ihrer besonderen Verantwortung für den angemessenen, nicht nur den notwendigen Unterhalt ihrer Kinder.

Für die Eltern bestehe deshalb eine besondere Verpflichtung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltspflichtige eine mögliche und ihm zumutbare Erwerbstätigkeit unterlasse, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden (Senatsurteile BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011,1041 Rn. 29 und vom 3. Dezember 2008 XII ZR 182/06 FamRZ 2009, 314 Rn. 20).

Die besonderen Anforderungen, die an gesteigert unterhaltspflichtige Eltern gestellt würden, betrafen aber nicht nur die Ausnutzung der Arbeitskraft, sondern auch einen eventuellen Verzicht, der ihnen im Ausgabenbereich zuzumuten sei. Ob eine Verpflichtung unterhaltsrechtlich als abzugsfähig anzuerkennen sei, müsse deshalb im Einzelfall unter umfassender Interessenabwägung beurteilt werden. Dabei komme es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhaltspflichtigen von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und andere Umstände an (Senatsurteile vom 18. März 1992 XII ZR 1/91 FamRZ 1992, 797, 798 und vom 9. Mai 1984 IVb ZR 74/82 FamRZ 1984, 657, 658).

Bei der gebotenen Abwägung falle in erster Linie ins Gewicht, daß es wesentliche Aufgabe des barunterhaltspflichtigen Elternteils sei, das Existenzminimum seines minderjährigen Kindes sicherzustellen. Diesem sei im Gegensatz zu Erwachsenen wegen seines Alters von vornherein die Möglichkeit verschlossen, durch eigene Anstrengungen zur Deckung seines notwendigen Lebensbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 15. November 1995 XII ZR 231/94 FamRZ 1996, 345, 346 f. mwN).

Demgegenüber komme der zusätzlichen Altersversorgung des Unterhaltspflichtigen keine vergleichbare Dringlichkeit zu.

Daß vorliegend der Beklagte im Alter sein Existenzminimum nicht werde decken können, habe das Berufungsgericht nicht festgestellt, ohne daß die Revision dies angreife. Der 1967 geborene Beklagte habe im übrigen in der Vergangenheit bereits zusätzlich für sein Alter vorgesorgt und könne diese Vorsorge auch fortsetzen, wenn die gesteigerte Unterhaltspflicht nicht mehr bestehe. Da er eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen habe, begegne es grundsätzlich keinen Schwierigkeiten, diese für einige Zeit ruhend zu stellen. Gegenteiliges sei jedenfalls nicht festgestellt worden. Bei dieser Sachlage könne eine zusätzliche Altersversorgung des gesteigert unterhaltspflichtigen Elternteils, der zur Zahlung des Mindestunterhalts für sein minderjähriges Kind nicht in der Lage sei, nicht anerkannt werden, weil die Interessen des Kindes gewichtiger seien als diejenigen des Elternteils (ebenso OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 1685, 1686; Wendl/Klinkhammer aaO § 2 Rn. 383; Botur in Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 2. Aufl. § 1603 Rn. 50; Büttner/Niepmann/Schwamb Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 11. Aufl. Rn. 1029; anders für den Fall einer vom Arbeitgeber mitfinanzierten betrieblichen Altersversorgung: KG KGR 2009, 299).