Mit dem Bundesgerichtshof

[Urteil vom 13.07.2012 (V ZR 254/11)] kann die in der Eigentümerversammlung abgegebene Stimme nach ihrem Zugang bei dem Versammlungsleiter nicht mehr widerrufen werden.

Der Bundesgerichtshof erläuterte, daß die von den Wohnungseigentümern abgegebenen Einzelstimmen empfangsbedürftige Willenserklärungen gegenüber dem Versammlungsleiter seien, auf die die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln Anwendung finden würden (Senat, Beschluß vom 19. September 2002 V ZB 37/02, BGHZ 152, 63, 67). Die in der Eigentümerversammlung unter Anwesenden abgegebene Stimme werde daher entsprechend § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam, wenn der Versammlungsleiter sie zur Ermittlung des Abstimmungsergebnisses zur Kenntnis nehme (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1989 IV b ZR 44/88, NJW 1989, 1728, 1729; Wenzel in Im-mobilienrecht 2002, S. 23, 38).

Handele es sich wie hier um eine in Form von Stimmzetteln verkörperte Willenserklärung unter Anwesenden, liege ein Zugang vor, wenn sie durch Übergabe in den Herrschaftsbereich des Versammlungsleiters als Empfänger gelange (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1998 II ZR 40/97, NJW 1998, 3344 m.w.N.).

Damit seien die beiden später geänderten Stimmen bereits mit der Abgabe des ausfüllten Stimmzettels bei den von der Versammlungsleiterin mit der Auszählung und Ermittlung des Abstimmungsergebnisses betrauten Personen zugegangen und wirksam geworden. Auf den Zeitpunkt der Verlesung der Stimmzettel und Eintragung des Stimmergebnisses in die Excel-Tabelle komme es für den Zugang nicht an.

Die Stimmabgabe könne auch nicht mehr nach ihrem Zugang bei dem Versammlungsleiter bis zur Verkündung des Abstimmungsergebnisses wirksam widerrufen werden.

Die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine Stimmabgabe widerrufen werden könne, werde unterschiedlich beantwortet. Nach überwiegender Auffassung komme ein Widerruf der Stimme gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB nur bis zu ihrem Zugang bei dem Versammlungsleiter in Betracht. Nach anderer Auffassung sei ein Widerruf der Einzelerklärung jedenfalls bis zur Abgabe der letzten Stimme möglich, da bis dahin der Abstimmungsvorgang noch nicht beendet sei. Nach einer weiteren Meinung könne die Stimmabgabe bis zur Feststellung und Verkündung des Beschlusses widerrufen werden. Denn ein Beschluß komme erst mit seiner Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Beschlussergebnisses zustande. Es gebe keinen Anlaß, einen Wohnungseigentümer vor dieser Mitteilung an seine Stimmabgabe endgültig zu binden. Diese könne keine selbständige Regelungswirkung entfalten, solange es keinen Beschluß gebe.

Der Bundesgerichtshof hält die Auffassung der herrschenden Meinung, wonach die Stimmabgabe nach ihrem Zugang bei dem Versammlungsleiter nicht mehr widerrufen werden kann, für zutreffend.

Hierfür spreche die Regelung des § 130 Abs. 1 BGB, die auf die Stimmabgabe als unter Anwesenden abgegebene empfangsbedürftige Willenserklärung sinngemäß Anwendung finde. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB werde eine Willenserklärung mit ihrem Zugang wirksam und binde den Erklärenden (vgl. § 145 Abs. 1 BGB), weshalb ein Widerruf der Erklärung nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB ab diesem Zeitpunkt ausscheide.