Mit dem Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen vom 21.06.2012 (3 U 1/12) gibt es keinen Anscheinsbeweis dafür, daß eine über ein bestimmtes Mitgliedskonto abgegebene Willenserklärung von dem jeweiligen Kontoinhaber abgegeben worden ist, da es an einem für die Annahme eines Anscheinsbeweises erforderlichen typischen Geschehensablauf fehle. Der Sicherheitsstandard im Internet sei derzeit nicht ausreichend, um aus der Verwendung eines geheimen Passworts auf denjenigen als Verwender zu schließen, dem dieses Passwort ursprünglich zugeteilt worden sei.

Nach der Grundsatzentscheidung des BGH (NJW 2011, 2421 ff.), würde es für eine Zurechnung des mißbräuchlichen Verhaltens eines Dritten auch nicht ausreichen, daß der Beklagte seine Zugangsdaten nicht sicher verwahrt hätte (BGH, a.a.O., S. 2423). Ausdrücklich habe der BGH eine Übertragung der im Bereich der deliktischen Haftung entwickelten Grundsätze (BGH, NJW 2009, 1960 ff, „Halzband“) auf die Zurechnung einer unter unbefugter Nutzung eines Mitgliedskontos von einem Dritten abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärung abgelehnt (BGH, a.a.O., S. 2423). Vorliegend habe der Kläger aber auch weder erstinstanzlich noch in der Berufung substantiiert vorgetragen, daß der Beklagte seine Zugangsdaten nicht hinreichend geschützt habe.

In dem zugrundeliegenden Verfahren begehrte der Kläger Schadensersatz statt der Leistung nach Rücktritt von einem Kaufvertrag, der über das Internetauktionshaus eBay mit dem Beklagten geschlossen worden sein soll.

Im März 2010 stellte der Kläger unter seinem ebay-Mitgliedsnamen „f.“ eine Anzeige in der Internetplattform eBay über den Verkauf eines Motorrades der Marke Harley Davidson,

[…],ein. Nach dem bestrittenen Vorbringen des Klägers handelte es sich bei dem Motorrad um eine weitgehend in Eigenleistung erstellte Sonderausführung von besonderer Qualität. Allein die vom Kläger verwendeten Bauteile wiesen einen Sachwert von über 40.000,00 € auf.

Der Beklagte unterhielt bei eBay ein Mitgliedskonto unter dem Pseudonym „j.“. Am 25.03.2010 endete die vom Kläger initiierte Internetauktion mit dem Zuschlag auf ein Gebot in Höhe von 34.000,00 €, das unter Verwendung des ebay-Mitgliedskontos
des Beklagten abgegeben worden war. Am 30.03.2010 antwortete der Beklagte per Email auf die Nachfragen des Klägers und erklärte, daß er das Angebot, welches zum Abschluß der Versteigerung geführt habe, nicht abgegeben habe. Sein Mitgliedkonto müsse von einer Person Namens M. aus B. „gehackt“ worden sein. Mit Anwaltsschreiben vom 01.04.2010 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 07.04.2010 auf, zu erklären, ob er bereit sei, den Kaufvertrag zu erfüllen; zudem setzte er dem Beklagten eine weitere Frist bis zum 10.04.2010, um das Fahrzeug Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises abzuholen. Hierauf reagierte der Beklagte zunächst nicht. Mit Vertrag vom 07.04.2010 veräußerte der Kläger das Motorrad zum Preis von 14.000,00 € an die Zeugin E.. Die Übergabe erfolgte am selben Tag.

Mit weiterem Vertrag vom 08.042010 erwarb der Kläger seinerseits einen Pkw Marke Chevy zum Preis von 13.700,00 €. Mit Anwaltsschreiben vom 21.04.2010 erklärte der Kläger den Rücktritt von dem hier streitgegenständlichen Kaufvertrag und begehrte Zahlung der Differenz des in der Internetauktion vereinbarten Kaufpreises zum tatsächlich erzielten Erlös in Höhe von 20.000,00 € bis zum 05.05.2010.

Der Kläger behauptete, der Beklagte habe das Angebot abgegeben, oder aber er habe die Zugangsdaten zu seinem Mitgliedskonto nicht ausreichend gesichert. Ihm, dem Kläger, sei es nicht möglich gewesen, das Motorrad zu einem höheren Kaufpreis als geschehen zu veräußern. Er sei auf den kurzfristigen Verkauf des Motorrades angewiesen gewesen, da er den Chevy im Vertrauen auf den mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrag erworben habe. Als sich abgezeichnet habe, daß der Beklagte nicht erfüllungsbereit gewesen sei, habe der Kläger eine Anzeige auf der Internetplattform „mobile.de“ geschaltet, habe Anzeigen in Motorradtreffs ausgehängt und das Motorrad über ein […] Fachgeschäft zum Verkauf angeboten. Für das spezielle Motorrad fände sich aber nur ein kleiner Kreis von Kaufinteressenten. In der Kürze der Zeit habe kein anderer Käufer gefunden werden können, der bereit gewesen sei, einen höheren Preis zu zahlen. Der Kläger legte ferner dar, er habe bei   Kaufvertragsabschluß mit der Zeugin E. vereinbart, er, der Kläger, könne das Motorrad notfalls, sollte der Käufer von eBay doch noch auf Erfüllung bestehen, gegen Rückzahlung des Kaufpreises und Zahlung einer weiteren Abstandssumme von 10.000,00 € zurückerwerben.

Der Beklagte behauptete, er habe kein Angebot auf das Motorrad des Klägers über eBay abgegeben. Außerdem hätte der Kläger für das Motorrad einen höheren Preis erzielen können.

Mit Urteil vom 01.12.2011 hatte das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung in seinem Hinweisbeschluß.

Der Kläger habe den Beweis dafür, daß der Beklagte das streitgegenständliche Höchstgebot abgegeben habe, nicht geführt. Einen Beweis dafür, daß der Beklagte das Angebot selbst abgegeben habe, habe der Kläger nicht angeboten. Zutreffend habe das Landgericht ausgeführt, daß die Beweislast für den Vertragsschluss beim Kläger liege, da er Ansprüche aus diesem Vertrag ableiten wolle. Daß die elektronische Erklärung von dem abgegeben worden sei, dessen Name oder Passwort verwandt worden sei, müsse derjenige beweisen, der aus der Erklärung Rechte ableiten wolle.

Zutreffend sei das Landgericht auch zu dem Ergebnis gekommen, daß für die Tatsache, daß eine über ein bestimmtes Mitgliedskonto abgegebene Willenserklärung von dem jeweiligen Kontoinhaber abgegeben worden sei, kein Anscheinsbeweis spreche, da es an einem für die Annahme eines Anscheinsbeweises erforderlichen typischen Geschehensablauf fehle. Der Sicherheitsstandard im Internet sei derzeit nicht ausreichend, um aus der Verwendung eines geheimen Passworts auf denjenigen als Verwender zu schließen, dem dieses Passwort ursprünglich zugeteilt worden sei (BGH NJW 2011, 2421 ff, 2422 m.w.N.; Hamm, NJW 2007, 611; vgl. auch Klein, MMR 2011, 447 ff., 450). Das Landgericht habe dies ausführlich und überzeugend begründet.

Auch aus der Tatsache, daß der Beklagte vorprozessual angegeben habe, er kenne denjenigen, der das Angebot abgegeben habe und diesen namentlich benennt, ergebe sich nichts anderes im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast für die Abgabe des Höchstgebotes. Zunächst führe dies entgegen der Ansicht des Klägers nicht dazu, daß das Bestreiten wegen Widersprüchlichkeit unerheblich sei. Der Beklagte habe vorprozessual eine konkrete Person benannt, die das Angebot abgegeben haben soll, jedoch keine Angaben dazu gemacht, wie es zu der Nutzung des eBay-Mitgliedskontos gekommen sei. Prozessual habe der Kläger dann lediglich spekuliert, wie es zu dem behaupteten Mißbrauch gekommen sein könnte, sei aber nicht mehr auf die benannte Person eingegangen. Insoweit liege kein widersprüchlicher Vortrag vor, sondern der Beklagte habe lediglich seine zunächst konkreten Angaben nicht weiter präzisiert. Auch wenn dieser Vortrag eine sekundäre Darlegungslast des Beklagten begründen würde, hätte der Beklagte dieser genügt, da er die relevanten Daten des Dritten genannt habe.

Ebenfalls zutreffend und mit überzeugender Begründung habe das Landgericht eine Haftung aus Rechtsscheinsgrundsätzen verneint.

Eine Duldungsvollmacht habe das Landgericht zu Recht verneint, da der Kläger nicht vorgetragen habe, daß der Beklagte einen bestimmten Duldungstatbestand geschaffen habe. Dies werde mit der Berufung auch nicht angegriffen.

Auch eine Anscheinsvollmacht habe das Landgericht zu Recht verneint. Eine Anscheinsvollmacht sei gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kenne, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertreters (st. Rspr.; BGH NJW 2011, 2421 ff., 2422, m.w.N.) Allerdings würden die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht in der Regel nur dann ein greifen, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung des Dritten glaube schließen zu können, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit sei.

Bei einem mit einer Identitätstäuschung verbundenen Handeln unter fremdem Namen sei bei Anwendung dieser Grundsätze auf das Verhalten des Namensträgers abzustellen (BGH, a.a.O.). Vorliegend fehle es bereits an der Erkennbarkeit des Mißbrauchs durch den Beklagten bzw. der Möglichkeit der Verhinderung. Hierzu trage der Kläger nichts vor.

Schließlich scheide auch im vorliegenden Fall – ebenso in dem der BGH Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt – eine Anscheinsvollmacht bereits deswegen aus, da der Kläger nicht vortrage, daß es weitere mißbräuchliche Nutzungen des eBay-Accounts des Beklagten gegeben habe, so daß es auch vorliegend an einem vom Beklagten geschaffenen Vertrauenstatbestand fehle.

Nach der Grundsatzentscheidung des BGH (NJW 2011, 2421 ff.), der der Senat folge, würde es für eine Zurechnung des mißbräuchlichen Verhaltens eines Dritten auch nicht ausreichen, daß der Beklagte seine Zugangsdaten nicht sicher verwahrt hätte (BGH, a.a.O., S. 2423). Ausdrücklich habe der BGH eine Übertragung der im Bereich der deliktischen Haftung entwickelten Grundsätze (BGH, NJW 2009, 1960 ff, „Halzband“) auf die Zurechnung einer unter unbefugter Nutzung eines Mitgliedskontos von einem Dritten abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärung abgelehnt (BGH, a.a.O., S. 2423).

Vorliegend hab der Kläger aber auch weder erstinstanzlich noch in der Berufung substantiiert vorgetragen, daß der Beklagte seine Zugangsdaten nicht hinreichend geschützt habe.