Mit dem Urteil des Landesarbeitsgericht Düsseldorf 16.11.2011 (7 Sa 567/11) steht § 11 Abs. 4 S. 2 AÜG der Errichtung eines Arbeitszeitkontos bei einem verstetigtem Gehalt nicht entgegen. Der Vergütungsanspruch wird nicht abbedungen. Einer Verrechnung der Gutschrift der aus dem Arbeitszeitkonto in Anrechnung gebrachten Ansparstunden stehe § 11 Abs. 4 S. 2 AÜG nicht entgegen. Einsatzfreie Zeiten können über ein vereinbartes Zeitkonto mit bereits zuvor geleisteter, d. h., vorverlargerter oder auch noch zu erbringender Arbeit, also nachzuholender Arbeit, auch in der Arbeitnehmerüberlassung verrechnet werden.

Gemäß § 11 Abs. 4 S. 2 AÜG könne das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers (§ 615 S. 1 BGB) nicht durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden. Der Zweck dieser Vorschrift bestehe darin, daß der Verleiher das von ihm zu tragende Beschäftigungsrisiko – Vergütungspflicht in Nichteinsatzzeiten – nicht auf die Leiharbeitnehmer abwälzt (vgl. Schüren/Hamann, 4. Auflage, § 11 Rn. 94). Vereinbarungen im Leiharbeitsvertrag, welche die Voraussetzungen oder Rechtsfolgen des § 615 S. 1 BGB entgegen § 11 Abs. 4 S.2 AÜG ausschließen oder beschränken, seien nach § 134 BGB nichtig.

Problematisch im Zusammenhang mit der Unabdingbarkeit des § 615 S. 1 BGB sei die Frage der flexiblen Arbeitszeiten bei der Arbeitnehmerüberlassung. Zu prüfen sei, ob Modelle zur Flexibilisierung der Arbeitszeit als Umgehung der Zahlungspflicht im Annahmeverzug gewertet werden müßten.

Die Zulässigkeit von Arbeitszeitkonten im Leiharbeitsverhältnis sei umstritten, soweit der Verleiher Arbeitszeiten in den Zeitausgleich einbeziehe, für die er keine Beschäftigung habe zuweisen können.

Die Berufungskammer sei in Übereinstimmung mit dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2009, 17 Sa 4/09, zitiert nach juris, der Auffassung, daß § 11 Abs. 4 S. 2 AÜG der Einrichtung eines Arbeitszeitkontos wie im vorliegenden Fall nicht entgegenstehe, weil der Vergütungsanspruch nicht abbedungen werde.

Zutreffend weise das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg darauf hin, dass § 11 Abs. 4 S. 2 AÜG schon vom Wortlaut her nur das Abbedingen des Vergütungsanspruchs für Zeiten des Annahmeverzugs nach § 615 S. 1 BGB verbiete.

§ 615 BGB enthalte eine Ausnahme des Grundsatzes „Ohne Arbeit kein Lohn“ und verbessere damit die Rechtsstellung des Arbeitnehmers, der darauf angewiesen sei, daß er die Vergütung zur Sicherung seines Lebensunterhalts auch bei Annahmeverzug des Arbeitgebers erhalte (vgl. ErfK, § 615 Rn1). Sinn und Zweck der Vorschrift sei mithin, der Erhalt des Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers.

Der Vergütungsanspruch des Klägers sei im vorliegenden Fall aber durch die tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen nicht abgedungen worden. Nach § 13.1 MTV BAZ in Verbindung mit Ziffer 6 des Arbeitsvertrages erhalte der Kläger eine regelmäßige verstetigte Vergütung auf der Basis seiner arbeitsvertraglich vereinbarten individuellen Arbeitszeit, das heiße, der Kläger erhalte unabhängig vom tatsächlichen Arbeitsumfang eine monatliche Vergütung auf der Basis von 40 Arbeitsstunden pro Woche. Dies bedeute im Umkehrschluß, daß der Kläger keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung im Umfang von 40 Stunden wöchentlich habe, sondern nur einen entsprechenden Vergütungsanspruch. Die Zahlung der Vergütung sei nicht an die tatsächliche Arbeitszeit gebunden, sondern richte sich nach der vereinbarten üblichen Arbeitszeit. Dadurch sei der Arbeitgeber nicht an den Tagen, an denen er dem Kläger keine Arbeit zugewiesen habe, in Annahmeverzug geraten.

Da es sich bei der individuellen regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit mithin um eine theoretische Größe handelt, bestimme § 4.2 MTV BZA, daß die Schwankungen zwischen der tatsächlich geleisteten und der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit durch ein Arbeitszeitkonto ausgeglichen werden müßten. Da der Kläger – wie ausgeführt – nach dem Arbeitsvertrag Anspruch auf die Vergütung der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit pro Monat habe, die in jedem Fall bezahlt werde, trage der Arbeitgeber das Risiko für alle im Minusbereich liegenden Stunden auf dem Arbeitszeitkonto. Damit werde das Beschäftigungsrisiko wie auch sonst bei Freischichten zum Abbau von Mehrarbeits- oder Überstunden nicht auf den Leiharbeitnehmer abgewälzt, der seine Vergütung unabhängig davon erhalte, wie viele Stunden er tatsächlich in dem jeweiligen Monat gearbeitet habe (so auch LAG Baden-Württemberg a.a.O.).

Das bedeute jedoch nicht, daß nicht auch in einem flexiblen Arbeitszeitsystem Annahmeverzugsansprüche entstehen könn en.

Solche seien dann gegeben, wenn der Arbeitgeber verplante Arbeitszeit nicht verbraucht oder ein vereinbartes Arbeitszeitdeputat nicht in der vereinbarten Zeit abrufe (vgl. Schüren/Hamann, § 11 Rn 112). Es liege mithin im Risiko des Arbeitgebers, wenn er keine ausreichenden Einsätze zugewiesen habe. Bei dem hier streitgegenständlichen tarifvertraglichen Modell erhalte der Kläger in jedem Fall die vertraglich geschuldete Vergütung, und zwar auch dann, wenn er nicht die vertraglich geschuldete Arbeitszeit mangels Zuweisung eines Einsatzes erbringe. Damit liege ein Verstoß gegen § 11 Abs. 4 S. 2 AÜG i.V. m. § 615 S.1 BGB nicht vor.

Eine andere – hier nicht zu entscheidende – Frage sei, mit welcher Vorlaufzeit dem Leiharbeitnehmer ein neuer Arbeitseinsatz mitzuteilen sei.

Die Revision ist beim Bundesarbeitsgericht zum Aktenzeichen 5 AZR 181/12 anhängig.