Der Bundesgerichtshof befand in seinem Beschluß vom 21.03.2012 (XII ZR 18/11), daß ein Berufungsgericht zu einer erneuten Vernehmung eines Zeugen verpflichtet sei, wenn es dessen Aussage anders verstehen wolle als die Vorinstanz.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sei das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen sei eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Das gelte insbesondere für die erneute Vernehmung von Zeugen, die grundsätzlich gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts stehe. Das Berufungsgericht sei deshalb verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es die protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen wolle (BGH Beschlüsse vom 21. Juni 2011 II ZR 103/10 – MDR 2011, 1133 Rn. 7; vom 10. November 2010 IV ZR 122/09 – NJW 2011, 1364 Rn. 5 f.; vom 14. Juli 2009 VIII ZR 3/09 – NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 f.; BGH Urteil vom 22. Mai 2002 VIII).