In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof stritten die Parteien darüber, ob es sich bei einem möblierten Wohnheimzimmer um Wohnraum in einem Studentenwohnheim im Sinne des § 549 Abs. 3 BGB handele und deshalb der soziale Kündigungsschutz (§ 573 BGB) keine Anwendung finde oder eben nicht.
In dem Verfahren nahm der Kläger (als Erbe des vormaligen Bewohners) den Beklagten auf Räumung des möblierten Wohnheimzimmers in Anspruch (Bundesgerichtshof Urteil vom 13.06.2012 VIII ZR 92/11).
Das Anwesen des Klägers, in dem der Beklagte seit dem 1. März 2004 ein Zimmer bewohnte, verfügte über 67 Zimmer, von denen mindestens vier nicht an Studenten vermietet waren. Die Baugenehmigung wurde 1972 für ein Studentenwohnheim erteilt. 63 Zimmer wurden aus Landesmitteln zur Förderung von Studentenwohnheimen öffentlich gefördert; die Preisbindung war inzwischen entfallen. Die vermieteten Zimmer waren etwa 12 qm groß. Küche, Sanitäranlagen und Waschräume waren als Gemeinschaftsräume ausgeführt.
Die monatliche Teilinklusivmiete des Beklagten berug 190 .
Die mit den Mietern abgeschlossenen Verträge waren regelmäßig auf ein Jahr befristet und verlängerten sich jeweils um ein Semester, wenn nicht drei Monate vor Semesterende eine Kündigung erfolgte. Viele Mieter blieben nur ein bis zwei Semester in dem Wohnheim des Klägers, einige – wie der Beklagte – auch viele Jahre. Am 27. Dezember 2008 kündigte der Kläger dem Beklagten schriftlich unter Hinweis auf „Hetzereien und Reibereien gegenüber uns und Dritten“ zum 31. März 2009.
Das Amtsgericht hatte den Beklagten antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten war erfolgreich gewesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebte der Kläger ohne Erfolg die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Das Berufungsgericht (LG Heidelberg, WuM 2011, 167) hatte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, daß dem Kläger mangels wirksamer Kündigung kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe des möblierten Zimmers zustehe. Die Vorschrift des § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB, wonach der Vermieter die Gründe für ein berechtigtes Interesse in dem Kündigungsschreiben anzugeben habe, sei vorliegend anwendbar, da die Voraussetzungen des § 549 Abs. 3 BGB zum vorliegen eines Studentenwohnheims nicht erfüllt seien.
Daß sich sein Zimmer in einem als „Studentenwohnheim“ bezeichneten Gebäude befinde, dessen Errichtung als solches öffentlich gefördert gewesen sei und das die typische Aufteilung eines Wohnheims aufweise und überwiegend von Studenten bewohnt werde, genüge nicht, um das Tatbestandsmerkmal des Studentenwohnheims im Sinne des § 549 Abs. 3 BGB zu erfüllen.
Es komme vielmehr entscheidend darauf an, ob Wohnraum in einem hierfür bestimmten und geeigneten Gebäude an Studenten auf der Grundlage eines institutionalisierten sozialen Förderkonzepts vermietet werde. Die Wohnungsnot der Studenten solle nach dem Willen des Gesetzgebers gerade dadurch gelindert werden, daß durch einen planmäßigen zügigen Bewohnerwechsel eine möglichst gleichmäßige Versorgung der Studentenschaft mit Wohnheimplätzen verwirklicht werde. Dieses Förderkonzept müsse sich mit hinreichender Deutlichkeit aus Rechtsnormen (z.B. § 2 Abs. 2 Studentenwerksgesetz i.V.m. der jeweiligen Satzung des Studentenwerks), entsprechender Selbstbindung (Stiftungs- oder Vereinssatzung, Gesellschaftsvertrag) oder einer konstanten tatsächlichen Übung ergeben.
Hieran fehle es beim Wohnheim des Klägers. Der Ausschluß des Kündigungsschutzes rechtfertige sich gerade aus dem Rotationssystem, das den sozialen Mieterschutz der Bewohner hinter die nicht minder wichtige soziale Gleichbehandlung aller potenziellen Bewohner zurücktreten lasse. Vorliegend fehle es vor allem, möge es auch zu einem häufigen Mieterwechsel kommen, am Rotationsprinzip. Die Rotation müsse nach abstrakt-generellen Kriterien vom Träger gefordert und gehandhabt werden. Dies sei beim Wohnheim des Klägers nicht ersichtlich. Letztlich liege es bei den Studenten, ob sie nur kurzzeitig im Hause des Klägers verblieben oder dort längere Zeit wohnten.
Das sah der Bundesgerichtshof ebenso.
Gemäß § 549 Abs. 3 BGB gelte die Kündigungsschutzvorschrift des § 573 BGB nicht für Wohnraum in einem Studentenwohnheim. Bei derartigem Wohnraum könne der Vermieter das Mietverhältnis mithin durch eine ordentliche Kündigung beenden, ohne daß es auf ein berechtigtes Interesse (§ 573 Abs. 1 BGB) des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ankomme.
Der Senat folge der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung. Aus der Entstehungsgeschichte des § 549 Abs. 3 BGB ergebe sich, daß der Gesetzgeber die Einschränkung im Bereich des sozialen Mieterschutzes nur vor dem Hintergrund des als höher gewichteten Ziels für gerechtfertigt gehalten habe, möglichst vielen Studierenden das Wohnen in einem Studentenwohnheim zu ermöglichen und dabei alle Bewerber gleich zu behandeln; diese Zielrichtung müsse sich, wie das Berufungsgericht richtig gesehen habe, in einem entsprechenden Belegungskonzept niederschlagen.
Das der Rotation zugrundeliegende, die Gleichbehandlung aller Bewerber wahrende Konzept des Vermieters müsse sich dabei – worauf das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht abstelle – mit hinreichender Deutlichkeit aus Rechtsnormen, entsprechender Selbstbindung oder jedenfalls einer konstanten tatsächlichen Übung ergeben.
Gemessen an den vorgenannten Voraussetzungen handele es sich bei dem klägerischen Anwesen nicht um ein Studentenwohnheim im Sinne des § 549 Abs. 3 BGB. Denn es sei nicht ersichtlich, daß in dem vom Kläger betriebenen Wohnheim ein abstrakt-generellen Kriterien folgendes soziales Rotationssystem praktiziert worden wäre.
Die in den Mietverträgen enthaltene Befristung auf ein Jahr mit Verlängerungsoption für jeweils ein weiteres Semester stelle noch kein „soziales Rotationssys-tem“ dar. Denn es sei nicht ersichtlich, daß die vertragliche Verlängerungsoption vom Kläger zumindest im Rahmen einer beständigen Praxis nach einem bestimmten, auf die gleichmäßige Berücksichtigung aller Studenten gerichteten Fluktuationsmodus ausgeübt worden wäre.
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