Bundesgerichtshof Beschluß vom 14.02.2012 (3 StR 392/11):

Die Nötigungshandlung zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung ist kein Raub, sondern nur eine Nötigung gemäß § 240 StGB.

Nach den getroffenen Feststellungen entwendete der Angeklagte dem Geschädigten gegen dessen Widerstand ein Mobiltelefon, um im Speicher des Geräts nach Beweisen für die Art der Beziehung zwischen dem Geschädigten und der Schwester des Mitangeklagten zu suchen. Ob der Geschädigte das Gerät zurückerlangen würde, war ihm dabei gleichgültig. Später übertrug er darin gespeicherte Bilddateien auf sein eigenes Handy, um sie an Dritte zu verschicken.

Der Bundesgerichtsfhof urteilte, daß sich der Angeklagte mit diesen Feststellungen nicht eines Verbrechens des Raubes, sondern nur einer Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht habe, denn er habe nicht gehandelt, wie § 249 Abs. 1 StGB voraussetze, in der Absicht, das Mobiltelefon sich oder einem Dritten zuzueignen. Weder habe er sich den Substanz- oder Sachwert des Geräts aneignen wollen noch habe er dessen Wert durch den vorübergehenden Gebrauch gemindert.

Es fehle an dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den eines Dritten zu ändern, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetze oder wenn er die fremde Sache nur wegnehme, um sie „zu zerstören“, „zu vernichten“, „preiszugeben“, „wegzuwerfen“, „beiseite zu schaffen“, „zu beschädigen“, sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern. Daß die vom Angeklagten beabsichtigte Durchsuchung des Speichers und das Kopieren der dabei aufgefundenen Bilddateien im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache gelegen habe, ändere hieran nichts, denn dies führe nicht zu deren Verbrauch.

Auch eine – bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche – Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung (§ 253 Abs. 1, § 255 StGB) komme vorliegend nicht in Betracht, denn der Angeklagte habe nicht in der Absicht gehandelt, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bilde einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukomme, etwa weil er zu wirtschaftlich meßbaren Gebrauchsvorteilen führe, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen wolle. Daran fehle es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten wolle, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnehme.