Mit dem Urteil des Bundesgerichtshof vom 07.03.2012 XII ZR 145/09 richtet sich der Unterhalt für einen Unterhaltsberechtigten, altersbedingt nicht mehr Erwerbstätigen, für den durch die Rente nicht gedeckten Bedarf nicht allein nach § 1571 BGB (Altersunterhalt – in Abgrenzung zu Senatsurteil vom 3. Februar 1999 – XII ZR 146/97 – FamRZ 1999, 708, 709). Könne der Unterhaltsberechtigte in der Zeit nach der Zustellung des Scheidungsantrags ehebedingt nicht das Einkommen erzielen, was er ohne Ehe hätte erzielen können, seien die daraus folgenden Rentennachteile im Rahmen des § 1578 b BGB grundsätzlich als ehebedingte Nachteile zu berücksichtigen. Etwas anderes gelte aber, wenn sie durch andere mit der Ehe verbundene Vorteile kompensiert würden (im Anschluß an Senatsurteil vom 8. Juni 2011 – XII ZR 17/09 – FamRZ 2011, 1381 Rn. 33).

Die Frage, ob der Unterhaltsberechtigte ehebedingt auf eine berufliche Karriere verzichtet habe, sei im Rahmen des § 1578 b BGB allein unter dem Gesichtspunkt des ehebedingten Nachteils von Bedeutung. Die nacheheliche Solidarität erfasse demgegenüber andere Umstände, die unabhängig von ehebedingten Nachteilen Auswirkungen auf den konkreten Unterhaltsanspruch haben würden.

In dem zugrundeliegenden Verfahren begehrte der Kläger mit seiner Abänderungsklage den Wegfall des in einem Prozeßvergleich von 1995 geregelten Ehegattenunterhalts.

Der 1940 geborene Kläger und die 1944 geborene Beklagte schlossen im November 1967 die Ehe. Der Kläger war damals Student, die Beklagte angestellte Sport- und Gymnastiklehrerin. Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes im Juli 1971 setzte die Beklagte ihre Tätigkeit für drei Jahre aus und nahm sie anschließend als Teilzeitkraft wieder auf. Die Parteien trennten sich erstmals im Jahr 1974 und endgültig zum Jahreswechsel 1978/1979. Auf den im Dezember 1980 zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe der Parteien im März 1982 geschieden. Seit 1987 arbeitete die Beklagte bis zum Renteneintritt annähernd in Vollzeit.

Im Juli 1995 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, wonach sich der Kläger unter anderem verpflichtete, an die Beklagte Aufstockungsunterhalt in Höhe von 1.100 DM = 562,42 € monatlich zu zahlen. Seit Oktober 2005 ist der – inzwischen wiederverheiratete – Kläger pensioniert. Die Beklagte trat zum August 2007 in den Ruhestand.

Das Amtsgericht hatte der Abänderungsklage, mit der der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung ab August 2007 begehrte, teilweise stattgegeben und den Kläger u. a. verurteilt, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt von 396 € ab Juli 2008 zu zahlen. Auf die Berufung des Klägers hatte das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil teilweise dahin abgeändert, daß der Kläger ab Januar 2009 einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 200 € zu zahlen hatte. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, die zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht führte

Der Bundesgerichthof differenzierte zunächst zwischen dem Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. II BGB) und dem Altersunterhalt (§ 1571 BGB). Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt setze voraus, daß der Berechtigte noch eine Erwerbstätigkeit – oder Teilerwerbstätigkeit – ausübe, während man hingegen beim Anspruch auf Altersunterhalt davon ausgehe, daß der Berechtigte überhaupt nicht mehr arbeite.

Da die Beklagte Rentnerin sei, richte sich ihr Anspruch ausschließlich nach § 1571 BGB. Die Vorsinstanz hatte insofern

Die Billigkeitsabwägung gem. § 1578 b BGB sei fehlerhaft erfolgt. Das Oberlandesgericht hatte insofern geprüft, ob die Bekalgte durch die Eheschließung ehebedingte Nachteile in ihrer Altersversorgung erlitten habe. Dabei hatte das Oberlandesgericht auf die Zeit zwischen der Zustellung des Scheidungsantrags bis zu dem Beginn der Vollzeiterwerbstätigkeit im Jahr 1987 abgestellt und insofern einen Nachteil in der Altersversorgung in Höhe von ca. 50,00 bis 60,00 € monatlich festgestellt.

Der Bundesgerichtshof wies jedoch darauf hin, daß zunächst entstandene ehebedingte Nachteile durch andere mit der Ehe verbundene Vorteile – auch nach der Ehescheidung – kompensiert werden könnten. Diese Prüfung habe die Vorsinstanz aber unterlassen.

Ein ehebedingter Nachteil könne durch einen geschuldeten Altersvorsorgeunterhalt kompensiert werden, der vorliegend jedoch nicht tituliert gewesen sei. Die Beklagte erziele jedoch Renteneinkünfte, die über ihrem bis dahin erzielten Erwerbseinkommen liegen würden. Insofern sei davon auszugehen, daß die geschiedene Ehefrau aufgrund des Versorgungsausgleichs eine höhere Rente erziele, als sie es ohne Heirat bei durchgehender Erwerbstätigkeit getan hätte. Dadurch wären die vom Oberlandesgericht festgestellten Rentennachteile kompensiert und stünden einer Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht entgegen.

§ 1578 b BGB beschränke sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtige auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung habe das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien. Die Ehedauer gewinne im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintrete.

Die Frage eines etwaigen beruflichen Karriereverzichts sei im Rahmen des § 1578 b BGB allein unter dem Aspekt des ehebedingten Nachteils zu prüfen. Die nacheheliche Solidarität umfasse hingegen andere Umstände, die unabhängig von ehebedingten Nachteilen Auswirkungen auf den konkreten Unterhaltsanspruch hätten, z.B. Dauer der vom Verpflichteten geleisteten Unterhaltszahlungen sowie die wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute.