Das Oberlandesgericht Düsseldorf befaßte sich in seinem Urteil vom 21.06.2012 mit den Fragen des individuellen Selbstbehaltes und es Schonvermögens im Rahmen des Elternunterhalte (II – 9 UF 190/11).

Der Sozialhilfeträger hatte der am 20. Dezember 1925 geborenen Mutter des Antragsgegners, die mit Pflegestufe 3 vollstationär in einem Pflegeheim untergebracht war, seit Juni 2009 Sozialhilfe geleistet. In der Zeit von Juni 2009 bis einschließlich Februar 2010 erbrachte die Antragstellerin Sozialhilfeleistungen in Höhe von insgesamt 8.660,98 €. Der Sozialhilfeträger nahm den Antragsgegner aus übergegangenem Recht auf Elternunterhalt in Höhe der von ihr erbrachten Leistungen in Anspruch.

Der Antragsgegner hat für den geltend gemachten Zeitraum insgesamt 1.810,00 € gezahlt. Den verbleibenden Betrag von 6.850,98 € hatte die Antragstellerin in diesem Verfahren geltend gemacht.

Der machte geltend, daß er aus seinen Einkünften nicht leistungsfähig sei. Sein Immobilien- und Barvermögen habe er für den Elternunterhalt ebensowenig einzusetzen, da die Schonvermögensgrenze nicht überschritten sei.

Das Amtsgericht hatte den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Zur Begründung hatte es ausgeführt, aus dem monatlichen Einkommen des Antragsgegners seien jeweils 345,55 € für den geltend gemachten Elternunterhalt einzusetzen. Den darüber hinausgehenden Betrag habe der Antragsgegner seinem Barvermögen zu entnehmen. Unter Berücksichtigung des Vorhandensein einer unbelasteten Immobilie und einer Rücklage von 167.538,86 € für deren notwendige Sanierung verbleibe ein Vermögen in Höhe von 69.851,14 €. Hiervon sei dem Antragsgegner ein Schonvermögen in Höhe eines Jahreseinkommens von rund 37.100,00 € zu belassen, während der darüber hinausgehende Betrag von rund 32.750,00 € für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehe.

Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Antragsgegners.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf befand die Beschwerde des Antragsgegners als teilweise begründet.

Die Antragstellerin habe gegen den Antragsgegner für den geltend gemachten Zeitraum von Juni 2009 bis einschließlich Februar 2010 einen Anspruch auf Zahlung rückständigen Elternunterhalts in Höhe von insgesamt noch 2.903,66 €.

Der Oberlandesgericht ermittelte ein Familieneinkommen mit insgesamt 3.526,45 €, das sich aus den Einkünften beider Ehegatten zusammensetzt. Dabei berücksichtigte das Bericht auf Seiten jedes Ehegatten einen Wohnwert in Höhe von 318,00 €, der sich daraus ergebe, daß in dem Familienselbstbehalt von 2.450,00 € ein Betrag von 800,00 € für Miete und Betriebskosten enthalten sei. Betriebskosten habe der Antragsgegner nur in Höhe von monatlich 164,00 € nachgewiesen. Den Differenzbetrag von 636,00 €, den der Antragsgegner durch die Nutzung der eigenen Immobilie erspare, habe er sich (hälftig) als Wohnvorteil anrechnen zu lassen.

Von dem ermittelten Familieneinkommen in Höhe von 3.526,45 € sei der Familienselbstbehalt in Höhe von 2.450,00 € in Abzug zu bringen. Danach ergiebe sich eine Differenz von 1.076,45 €.

Der „individuelle Familienselbstbehalt“ liege bei 45 % des verbleibenden Einkommens von 1.076,45 €, zu dem der pauschale Familienselbstbehalt von 2.450,00 € hinzuzuaddierem sei

[(45 % von 1.076,45) = 484,40 € + 2.450,00 = 2.934,00 €], mithin bei 2.934,00 €.

Jeder Ehegatte sei verpflichtet, anteilig entsprechend seiner Einkünfte zum Familienselbstbehalt beizutragen. Der Anteil des Antragsgegners am Familieneinkommen von 3.526,45 € betage aufgrund seiner ermittelten Einkünfte 90 %. Insofern habe er einen Betrag in Höhe von 2.640,60 € vom individuellen Familienselbstbehalt sicher zu stellen, der damit für Unterhaltszwecke der Antragstellerin nicht zur Verfügung stehe. Lediglich der Differenzbetrag zu seinen gesamten Einkünften von 3.164,70 €, der einen Betrag in Höhe von 523,74 € monatlich ausmache, müsse für Unterhalt eingesetzt werden.

Sei das unterhaltspflichtige Kind nicht verheiratet, verbleibe ihm nach Abzug seines Selbstbehalts von 1.500,00 € ein weiterer Betrag von 50 % der Differenz als individueller Selbstbehalt. Der Ansatz von 45 % sei der Ersparnis der gemeinsamen Haushaltsführung geschuldet.

Der Einsatz des Vermögensstamms des Antragsgegners für Unterhaltszwecke sei abzulehnen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH könne eine Verwertung des Vermögensstamms jedenfalls dann nicht verlangt werden, wenn sie den Unterhaltsschuldner von fortlaufenden Einkünften abschneiden würde, die er zur Erfüllung weiterer Unterhaltsansprüche oder anderer berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten oder zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts benötige. Insoweit könne die Verwertung einer eigenen angemessenen selbst genutzten Immobilie nicht gefordert werden.

Der vergleichsweise schwach ausgestaltete Anspruch auf Elternunterhalt müsse sich bereits bei der Bemessung des Schonvermögens auswirken. Der Unterhaltspflichtige habe sich im Zeitpunkt der Inanspruchnahme regelmäßig auf die vorhandenen Einkünfte und Vermögenswerte eingerichtet und seine Lebensverhältnisse entsprechend angepaßt. Das gelte jedenfalls dann, wenn das erworbene Vermögen als Alterssicherung vorgesehen war. Das insoweit zu bemessende Schonvermögen müsse den Bedarf für die gesamte voraussichtliche Lebensdauer des Unterhaltspflichtigen decken.

Für die Ermittlung dieses Schonvermögens seien 5 % des Bruttojahreseinkommens auf das gesamte Berufsleben des Antragsgegners hochzurechnen und es ermittele sich bei einer Verzinsung von 4 % ein Schonvermögen von ca. 308.000,00 €, das unangetastet bleiben müsse. Tatsächlich verfügte der Antragsgegner sogar nur über ein Barvermögen von rd. 70.000,00 €.

Darüber hinaus sei dem Antragsgegner ein Betrag von 167.538,86 € als Rücklage für notwendige geplante Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten an der Immobiliezu belassen.

Ferner könnten dem Antragsgegner aufgrund der chronischen Lungenerkrankung seiner Ehefrau zukünftig weitere Ausgaben zukünftige entstehen und der Antragsgegner verfüge selbst nur noch über geringere Einkünfte aus Altersteilzeit.