Kammergericht Berlin Urteil vom 21.11.2011 (8 U 77/11):

Haben die Parteien eines Mietvertrages über Geschäftsräume eine Umsatzmiete vereinbart, sei der Mieter auch ohne konkrete vertragliche Vereinbarung verpflichtet, dem Vermieter die zur Feststellung notwendigen Auskünfte zu erteilen und ihm Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren. Dem Vermieter stehe ein immanentes konkludent vereinbartes Recht zur Kontrolle der von dem Mieter angegebenen Umsatzzahlen zu.

Ohne ein Kontrollrecht des Vermieters fiele es dem Schuldner nämlich allzu leicht, den Gläubiger mit falschen Angaben zu den auf der vermieteten Fläche getätigten Umsätze zu täuschen. Aufgrund der in dem Mietvertrag enthaltenen Regelung könne der Vermieter im vorliegenden Fall Bücher und sonstige Unterlagen des Mieters, soweit sie die Umsätze betreffen würden, nach vorheriger Terminabsprache selbst einsehen oder von einem beauftragten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt einsehen lassen.

Diese Regelung könnte gegen § 307 BGB verstoßen, weil sie den Mieter unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteilung könnte sich daraus ergeben, dass diese Regelung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sei.

Letztlich könne dahin gestellt bleiben, ob das in dem Mietvertrag enthaltene Einsichtsrecht wirksam sei, denn die Klägerin habe schlüssig dargelegt, daß sie berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der von den Beklagten angegebenen Umsatzzahlen habe, und könne schon aus diesem Grund das ihr aufgrund konkludenter Vereinbarung zustehende Recht zur Kontrolle der von den Beklagten angegebenen Umsatzzahlen ausüben. Sie könne das Recht zur Kontrolle auch durch Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen und damit auch in die Gewinn- und Verlustrechnung sowie in die Betriebswirtschaftliche Auswertung ausüben, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil die Beklagten – um eine uneingeschränkte Vertrauensbasis herzustellen – mit Schreiben vom 2. Oktober 2008 angeboten hätten, daß die Klägerin jederzeit Einblick in ihre Geschäftsunterlagen nehmen könne.

Die Klägerin habe auch schlüssig dargetan, daß sie unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens der Beklagten berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der von diesen angegebenen Umsatzzahlen hätte haben dürfen. Zum einen hätten die Beklagten bereits im Jahr 2008 über Monate hin schuldhaft falsche Umsatzzahlen gemeldet und diese erst korrigiert, nachdem die Klägerin die Zahlen beanstandet habe.

Zum anderen habe die Klägerin schlüssig dargelegt, daß die von den Beklagten gemeldeten Umsatzzahlen im Vergleich zu den Umsatzzahlen des unmittelbar benachbarten Konkurrenten auffällig durchschnittlich ausgefallen seien. Darüber hinaus habe die Klägerin ein Gutachten des von der Industrie- und Handelskammer zu Berlin öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen B vom 30. April 2010 eingeholt, der in einem umfangreichen Gutachten nachvollziehbar dargelegt habe, daß die von den Beklagten angegebenen Umsatzzahlen ohne eine weitere Einsichtnahme in die Geschäftsbücher nicht plausibel seien. Da die Beklagten sich trotz der von der Klägerin geäußerten Zweifel an der Richtigkeit der angegebenen Umsatzzahlen und entgegen ihrer mit Schreiben vom 2. Oktober 2008 ausdrücklich erklärten Bereitschaft geweigert hätten, der Klägerin Einsicht in die Gewinn- und Verlustrechnungen und in die betriebswirtschaftliche Auswertung zu gewähren, sei der Klägerin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit den Beklagten nicht zuzumuten gewesen. Die Klägerin habe vor dem Hintergrund, daß die Beklagten schon einmal schuldhaft falsche Umsatzzahlen gemeldet hätten, davon ausgehen dürfen, daß ihre Zweifel an der Richtigkeit der gemeldeten Umsatzzahlen berechtigt seien.