Urteil des Bundesgerichtshof vom 30.11.2011 (XII ZR 34/09):

Wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Elementarunterhaltsbedarf auf einen Betrag beschränkt, für den noch keine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist, unter Berücksichtigung des Altersvorsorgebedarfs aber einen Gesamtbedarf geltend macht, der über jenem Betrag liegt, braucht er den Gesamtbedarf gleichwohl nicht konkret darzulegen. Der Altersvorsorgeunterhalt ist vielmehr ausgehend von dem ermittelten Elementarunterhalt zu berechnen.

Mit dieser Entscheidung wendet der BGH sich gegen die von einigen Oberlandesgerichten vertretene Rechtsauffassung, dass eine konkrete Bedarfsermittlung erst bei einem begehrten Unterhalt oberhalb des Einkommenshöchstbetrages der Düsseldorfer Tabelle beginne.

In dem zugrundeliegenden Verfahren stritten die Parteien um nachehelichen Elementar- und Altersvorsorge-unterhalt.

Der 1957 geborene Antragsteller und die 1954 geborene Antragsgegnerin heirateten am 29. Oktober 1976. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Die 1990 geborene Tochter H. lebte bis Anfang 2005 bei der Mutter und wechselte dann zum Vater; der 1994 geborene Sohn T. lebte bei der Mutter. Die Parteien trennten sich im Jahr 1995. Auf den am 1. März 2005 zugestellten Antrag wurde die Ehe durch seit dem 19. März 2008 rechtskräftiges Urteil geschieden.

Der Antragsteller war bis zu einem 1978 erlittenen schweren Unfall, durch den er dienstunfähig wurde, als Polizist tätig. In den folgenden Jahren studierte er Medizin und war seit 1990 als Arzt tätig. Seit 1994 betreibt er eine eigene Praxis.

Die Antragsgegnerin hatte von 1974 bis 1976 eine Lehre als Schauwerbegestalterin absolviert und bis 1991 in diesem Beruf gearbeitet. Daneben absolvierte sie im Dezember 1987 auf einem Abendgymnasium das Abitur und begann zum Wintersemester 1988/1989 ein Studium (Philosophie, Kunst und Pädagogik). Das Studium brach sie wegen der Schwangerschaft mit der Tochter der Parteien ab. Im Jahr 2005 durchlief die Antragsgegnerin eine Qualifizierungsmaßnahme im Bereich Kultur- und Freizeitmanagement. Von 2001 bis Anfang 2005 war sie als künstlerisch/pädagogische Kraft im Bereich von Grundschulen sowie als Museumspädagogin tätig. Von 2005 bis 2008 war sie an Projekten einer Schulkulturbörse im künstlerischen Bereich beteiligt. Inzwischen ging die Antragsgegnerin einer entsprechenden selbständigen Tätigkeit nach, aus der sie monatliche Bruttoeinkünfte von rund 400 € erzielt.

Im Scheidungsverbundverfahren hatte die Antragsgegnerin zuletzt nachehelichen Unterhalt in Höhe von insgesamt 1.654 € (1.314 € Elementarunterhalt und 340 € Altersvorsorgeunterhalt) geltend gemacht, nachdem ihr in dem über den Trennungsunterhalt geführten Rechtsstreit Prozesskostenhilfe für einen höheren Unterhalt mit der Begründung versagt worden war, bei einem Unter-haltsbedarf von mehr als 2.000 € monatlich sei eine konkrete Unterhaltsberechnung erforderlich. Zur Erläuterung der Beschränkung hatte sie vorgetragen, einen höheren Bedarf könne sie nicht darlegen, weil der Antragsteller sein Einkommen im wesentlichen für sich verwendet habe. Ihren Unterhaltsanspruch hatte die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung eines eigenen – teilweise fiktiven – Einkommens von monatlich 800 € errechnet.

Der Antragsteller trat dem Antrag entgegen. Er hatte geltend gemacht, daß die Antragsgegnerin eine verfestigte Beziehung zu einem neuen Partner unterhalte, weshalb der Unterhaltsanspruch zu versagen sei. Jedenfalls sei ein Anspruch aber herabzusetzen oder zu befristen.

Das Amtsgericht hatte den Antragsteller ab Rechtskraft der Scheidung zur Zahlung von Elementarunterhalt in Höhe von 886 € monatlich sowie von Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 202,76 € monatlich verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Antragstellers hatte das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Antragsgegnerin hatte es das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und ihr nachehelichen Elementarunterhalt von monatlich 1.114 € zuerkannt. Die weitergehende Klage hatte es abgewiesen. Dagegen richteten sich die Revisionen beider Parteien. Der Antragsteller verfolgte sein Begehren auf Abweisung des Antrags auf nachehelichen Unterhalt weiter, die Antragsgegnerin begehrte zusätzlichen Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 340 €.

Der Bundesgerichtshof urteilte, daß ein Unterhaltsbedarf konkret zu berechnen sei, wenn die bereinigten Nettoeinkünfte des Unterhaltspflichtigen diejenigen der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle übersteigen würden. Daraus folge, daß ein elementarer Unterhaltsbedarf, der die Hälfte des um den Erwerbstätigenbonus bereinigten Höchstbetrages der Tabelle übersteige, nicht mehr als Quotenunterhalt geltend gemacht werden könne.

Altersvorsorgeunterhalt zusätzlich könne zum maximalen Quotenunterhalt geltend gemacht werden. Der Altersvorsorgebedarf bemesse sich unabhängig von der für die Ermittlung des Elementarunterhaltsbedarfs anzuwendenden Berechnungsmethode nach der Bremer Tabelle. Eine konkrete Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts sei nicht notwendig.