In dem Verfahren vor dem Landgericht München II ging es in dem Urtreil vom 24.11.2003 (5 O 5454/03) u. a. um das Begehr der Klägerin, es den Beklagten zu untersagen, den Garten der Klägerin zu betreten oder sonstwie widerrechtlich zu beeinträchtigen. Des weiteren forderte der Beklagte zu 2) – der 7-jährige Sohn des Beklagten zu 1) – von der Klägerin, den Fußball Adidas (WM-Ball, Wert: 60,00 €) herauszugeben.

Gegenstand des Rechtsstreits war im Kern, ob es zu dulden ist, wenn Nachbarkinder versehentlich gelegentlich  Bälle über den Zaun in den eigenen Garten schießen, und andererseits, ob die Kinder erst um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie sich den Ball aus dem Garten zurückholen wollen.

Der bis April 2003 mit einem ca. 1,2 m hohen Maschendrahtzaun, der an einer Stelle heruntergedrückt war, und seither mit einem Holzstaketenzaun und im wesentlichen mit einer dahinter befindlichen ca. 2,5 m hohen Thujenhecke eingefriedete Garten der Klägerin grenzte auf einer Seite an eine Wiese, die von der Gemeinde als Kinderspielplatz ausgewiesen war. Auf dieser Wiese spielte und spielen der Beklagte zu 2) und die Kinder aus der Nachbarschaft mit Recht auch Fußball, wobei der Fußball allerdings gelegentlich durch eine ca. 0,6 m breite Lücke der Thujenhecke in den Garten der Klägerin flog.

So auch am 19.3.2003 gegen 16.00 Uhr.

Nachdem der dem Beklagten zu 2) gehörende Fußball im Garten der Klägerin gelandet war, trotz mehrfachen Klingelns an der Haustür durch den Beklagten zu 2) nicht geöffnet wurde und ein Zutritt in den Garten wegen der abgeschlossenen Gartentür nicht möglich war, hob der herbeigerufene Beklagte zu 1) (der Vater des Beklagten zu 2), von Beruf Rechtsanwalt) den Beklagten zu 2) über den Gartenzaun und ermöglichte ihm dadurch, an seinen Ball zu gelangen. Die Klägerin, die in ihrem Garten auf einer Liege lag und der dieser Vorgang nicht entgangen war, stellte den Beklagten zu 1) daraufhin zur Rede und verbat sich ein nochmaliges Betreten ihres Gartens durch den Beklagten zu 2). Außerdem ließ sie dem Beklagten zu 1) eine „Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ zustellen, wonach sich der Beklagte zu 1) der Klägerin gegenüber verpflichten sollte:

„1. Es ab sofort zu unterlassen, das Anwesen der Frau … zu betreten oder sonst wie widerrechtlich zu beeinträchtigen oder Dritte, z.B. seinen Sohn, zu veranlassen, das vorgenannte Anwesen der Frau … zu betreten oder sonst wie widerrechtlich zu beeinträchtigen.
2. Ab sofort dafür Sorge zu tragen, daß seine minderjährigen Kinder/sein minderjähriges Kind, z.B. sein Sohn …, das vorgenannte Anwesen der Frau … betritt oder sonst wie widerrechtlich beeinträchtigt und
3. zu jedem Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs eine Vertragsstrafe von 500 Euro an Frau … zu zahlen.
4. Die Kosten, die durch die Inanspruchnahme des Rechtsanwalts … entstanden sind, nach Maßgabe einer 10/10 Gebühr gemäß §§ 11, 118 Abs. 1 S. 1 BRAGO zuzüglich der Auslagen und Mehrwertsteuer aus einem Streitwert von 4.000 Euro gemäß beiliegender Kostennote zu tragen.“

Der Klägervertreter verlangte mit beigefügtem Brief vom 3.4.2003 die Abgabe dieser Erklärung nach Unterzeichnung und Zahlung der beigefügten Kostennote vom 1.4.2003 in Höhe von 310,88 Euro unter Fristsetzung bis zum 9.4.2003. Der Beklagte zu 1) übersandte dem Klägervertreter die von ihm geringfügig in Ziffer 4. abgeänderte und unterzeichnete Erklärung mit Begleitschreiben vom 7.4.2003 und zahlte einen Betrag von 105,05 Euro.

Am 30.4.2003 nach 18.35 Uhr spielte der Beklagte zu 2) auf der Wiese mit seinem Freund … wiederum Fußball, wobei der Ball erneut in den Garten der Klägerin flog. Als der Beklagte zu 2) am Nachmittag danach gegen 14.00 Uhr seinen Ball bei der Klägerin abholen wollte, machte diese die Herausgabe unter Hinweis auf die von dem Beklagten zu 1) unterzeichnete „Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ von der Zahlung von 500 € abhängig.

Da keine Zahlung erfolgte, verlangte der Klägervertreter mit Schreiben an den Beklagten zu 1) vom 19.5.2003 erneut die Zahlung von 500 € sowie von Anwaltskosten in Höhe von 45,02 Euro unter Fristsetzung bis zum 28.5.2003. Mit Schreiben vom 23.5.2003 lehnte der Beklagte zu 1) die Zahlung ab und erklärte, er widerrufe die von ihm unterzeichnete „Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“.

Die Klägerin war im wesentlichen der Auffassung, sie habe aufgrund der von dem Beklagten zu 1) unterzeichneten Erklärung, die ein Schuldeingeständnis des Beklagten zu 1) darstelle, gegen diesen wegen des Vorfalls am 30.4.2003 einen Anspruch auf Zahlung von 500 € und auf Zahlung des aus der Kostennote des Klägervertreters vom 1.4.2003 noch offenen Restbetrags von 205,83 €. Außerdem habe sie einen Anspruch auf Unterlassung der Beeinträchtigung ihres Grundstücks durch unbefugten Zutritt und auf Feststellung, daß die vom Beklagten zu 1) unterzeichnete Erklärung rechtswirksam sei.

Die Bekalgten waren der Ansicht, daß die Klage unbegründet sei, und trugen dazu im wesentlichen Folgendes vor:

Zwar habe der Beklagte zu 2) sowohl am 19.3.2003 als auch am 30.4.2003 auf der an das Grundstück der Klägerin angrenzenden Spielwiese Fußball gespielt, der Ball sei aber am 19.3.2003 von einem anderen mitspielenden Kind und am 30.4.2003 vom mitspielenden 7 Jahre alten Kind … so unglücklich getreten worden, daß er unabsichtlich in den Garten der Klägerin geflogen sei. Dadurch sei das Grundstück der Klägerin nicht im Sinne der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vertragsstrafwürdig beeinträchtigt worden. Die Klägerin habe daher weder einen Anspruch auf Zahlung der von ihr geforderten „Vertragsstrafe“ in Höhe von 500 € und Anwaltsgebühren noch auf Unterlassung.

Da der von der Klägerin einbehaltene Fußball dem Beklagten zu 2) gehöre, habe dieser einen Anspruch auf Herausgabe.

Das Landgericht München II befand, daß die Klägerin gegen die beiden Beklagten einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB habe.

Zwar sei durch den Umstand, daß während der erlaubten Fußballspiele der Kinder unter Mitwirkung des Beklagten zu 2) auf der dem Grundstück der Klägerin benachbarten Wiese gelegentlich auch der dabei benützte Fußball des Beklagten zu 2) in den Garten der Klägerin geflogen sei, deren Eigentum nicht nennenswert beeinträchtigt worden. Eine Beeinträchtigung sei aber im eigenmächtigen Betreten des eingefriedeten Grundstücks der Klägerin und in der tatkräftigen Mithilfe beim Übersteigen der Einfriedung zu sehen, obwohl dem Beklagten zu 2) nach § 867 BGB jeweils ein Verfolgungsrecht zugestanden habe, wenn es sich um seinen Fußball gehandelt habe.

Ein eigenmächtiges Vorgehen sei aber verbotene Eigenmacht i.S. der § 858, 1004 BGB gewesen, da die in den §§ 229, 904 BGB vorgesehenen Ausnahmefälle nicht vorgelegen hätten. Dem Beklagten zu 2) sei und sei es verwehrt gewesen, ohne Erlaubnis der Klägerin über deren Gartenzaun zu steigen und seinen Fußball aus dem Garten zu holen. Das gleiche gelte für den Beklagten zu 1), wenn dieser, wie am 19.3.2003 geschehen, seinen 7 Jahre alten Sohn, den Beklagten zu 2), über den Zaun hebe, um den Ball aus dem Garten zu holen.

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin sei auch begründet, weil Wiederholungsgefahr bestehe und deswegen die Abwehr künftiger Beeinträchtigungen des Eigentums der Klägerin durch die zuvor beschriebenen Handlungen zu besorgen sei.

Unbestritten sei nämlich der Fußball des Beklagten zu 2) schon vor dem 19.3.2003 gelegentlich in das Grundstück der Klägerin geflogen und wieder herausgeholt worden. Da der Beklagte zu 2) und sein Freund auf der dem Grundstück der Klägerin benachbarten Wiese zu Recht Fußball spielen dürften, bestehe auch in Zukunft die Gefahr, daß der Ball, wie am 30.4.2003 geschehen, im Garten der Klägerin landen und von den Beklagten herausgeholt werden werde, nachdem der Beklagte zu 1) die von ihm unterzeichnete Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung widerrufen habe.

Soweit die Klägerin einen Unterlassungsanspruch geltend gemacht habe, der die Haftung für das Verhalten Dritter beinhalten solle, sei die Klage unbegründet. Anspruchsgegner eines Unterlassungsanspruchs könne nur der „Störer“ des Eigentums sein. Eine Haftung der Beklagten zu 1) und 2) für das Verhalten der Mitspieler komme daher nicht in Betracht.

Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 1) auf Zahlung von 500 € sei unbegründet, denn aus der von ihm am 7.4.2003 unterzeichneten Erklärung ergebe sich kein Anspruch für den Vorfall am 30.4.2003/1.5.2003; die vorgenannte Erklärung beziehe sich nämlich nur auf den Beklagten zu 1) und seine Kinder, also den Beklagten zu 2). Der dem Beklagten zu 2) gehörende Fußball sei aber am 30.4.2003 unbestritten nicht vom Beklagten zu 2), sondern von einem Mitspieler so getreten worden, daß er wieder in den Garten der Klägerin geflogen sei. Außerdem hätten im Rahmen dieses Vorfalls weder der Beklagte zu 1) noch der Beklagte zu 2) den Garten der Klägerin betreten, vielmehr habe der Beklagte zu 2) am 1.5.2003 lediglich an der Haustür der Klägerin geläutet und um Herausgabe seines Balls gebeten. Daraus ergebe sich für die Klägerin kein zivilrechtlicher Anspruch.

Der Anspruch der Klägerin gegen beide Beklagten auf Erstattung der Anwaltsgebühren sei ebenfalls nicht begründet. Indem die Klägerin eine Anspruchsgrundlage in der vom Beklagten zu 1) unterzeichneten „Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ sehe, übersehe sie, daß sich daraus kein Anspruch gegen den Beklagten zu 2) ergebe.

Nachdem sich der Beklagte zu 1) aufgrund seiner handschriftlich ausgeführten Abänderung in Ziffer 4 der vorgenannten Erklärung nur zur Tragung der Anwaltskosten der Klägerin nach Maßgabe einer 7,5/10 Gebühr aus einem Streitwert von 1.500 Euro verpflichtet und den sich daraus errechenbaren Betrag auch bezahlt habe, fehle für eine weitergehende Forderung der Klägerin jegliche Rechtsgrundlage.

Soweit die Klägerin festgestellt haben wollte, daß die vom Beklagten zu 1) am 7.4.2003 unterzeichnete „Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung“ rechtswirksam sei und vom Unterzeichner mit dessen Schreiben vom 23.5.2003 nicht rechtswirksam widerrufen worden sei, übersehe sie, daß es sich bei diesem Widerruf um ein Gestaltungsrecht handele, mit dem der Beklagte zu 1) das sich aus der vorgenannten Erklärung ergebende Rechtsverhältnis mit der Klägerin jederzeit habe beenden können.

Der Beklagte zu 2) habe als Eigentümer des streitgegenständlichen Fußballs gegen die Klägerin/Widerbeklagte ein Recht auf Herausgabe (§ 985 BGB). Ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Klägerin nicht zu.