Der Bundesgerichthof hat m. E. völlig zu Recht in seinem Beschluß vom 27. Juni 2012 XII ZB 24/12 erneut klargestellt, daß das Anbringen von Bettgittern sowie die Fixierung im Stuhl mittels eines Beckengurts   freiheitsentziehende Maßnahmen im Sinne des § 1906 Abs. 4 BGB darstellen, wenn der Betroffene durch sie in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt werde. Dieses sei dann der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, daß der Betroffene zu einer willensgesteuerten Aufenthaltsveränderung in der Lage wäre, an der er durch die Maßnahmen gehindert werde. Das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen werde nicht dadurch verletzt, daß die Einwilligung eines von ihm Bevollmächtigten in eine freiheitsentziehende Maßnahme der gerichtlichen Genehmigung bedürfe (heißt also: trotz Vorsorgevollmacht ist die gerichtliche Genehmigung erforderlich!).

Gemäß § 1906 Abs. 4 BGB würden die Vorschriften über die Unterbringung eines Betreuten (Absätze 1 bis 3 der Vorschrift) entsprechend geltend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhalte, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden solle.

Diese Regelung schütze – ebenso wie Absatz 1 bis 3 der Vorschrift – die körperliche Bewegungsfreiheit und die Entschließungsfreiheit zur Fortbewegung im Sinne der Aufenthaltsfreiheit.

Das Anbringen von Bettgittern sowie die Fixierung im Stuhl mittels eines Beckengurts würden freiheitsentziehende Maßnahmen in diesem Sinne darstellen, wenn der Betroffene durch sie in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt werde. Dieses sei
jedenfalls dann der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, daß der Betroffene zu willensgesteuerten Aufenthaltsveränderungen in der Lage wäre, an denen er durch die Maßnahme über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig gehindert werde (vgl. OLG Hamm FamRZ 1993, 1490; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1906 Rn. 39).

Hiervon sei bei einem Beckengurt regelmäßig und bei einem Bettgitter zumindest dann auszugehen, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, daß der Betroffene in der Lage wäre, das Bett durch seinen natürlichen Willen gesteuert zu verlassen.

Vorliegendend seien die Merkmale freiheitsentziehender Maßnahmen erfüllt, da die Betroffene nach Angaben des Pflegepersonals noch in der Lage sei, selbständig sowohl aus dem Bett als auch aus dem Stuhl aufzustehen.

Gemäß § 1906 Abs. 5 Satz 1 BGB sind die Unterbringung und die Einwilligung in freiheitsentziehende Maßnahmen durch einen Bevollmächtigten zulässig, wenn die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die genannten Maßnahmen ausdrücklich umfaßt. Für den Fall ordnet § 1906 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 BGB an, daß Absatz 2 der Vorschrift entsprechend gilt. Darin ist bestimmt, daß die Maßnahme nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig ist.

Auf die durch diese Vorschrift angeordnete gerichtliche Überprüfung der durch den Bevollmächtigten erteilten Einwilligung könne der Betroffene nicht vorgreifend verzichten (Walter FamRZ 1999, 685, 691; MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1906 Rn. 119; Erman/Roth BGB 13. Aufl. § 1906 Rn. 63). Das folge aus der Natur des Überprüfungsgegenstands.

Der Genehmigungsvorbehalt des § 1906 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 BGB diene dem Schutz des Betroffenen.

Einerseits habe der Gesetzgeber in der Regelung eine Stärkung der Fähigkeit des Betroffenen gesehen, in voller geistiger Klarheit durch die Vorsorgevollmacht über sein künftiges Wohl und Wehe entscheiden zu können. Andererseits habe der Gesetzgeber sichergestellt wissen wollen, daß einschneidende Maßnahmen, in die der Bevollmächtigte einwillige, vom Vormundschaftsgericht kontrolliert würden (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 34).

Das Betreuungsgericht habe daher – zum Schutz des Betroffenen – nicht nur zu überprüfen, ob die Vorsorgevollmacht rechtswirksam erteilt sei, ob sie die Einwilligung in freiheitsentziehende Maßnahmen umfasse und auch nicht zwischenzeitlich widerrufen sei, sondern insbesondere, ob die Vollmacht dadurch in Kraft gesetzt sei, daß eine Gefährdungslage nach § 1906 Abs. 1 BGB vorliege.

Unter die Kontrolle des Betreuungsgerichts sei damit nicht die in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts erfolgte Entscheidung des Betroffenen gestellt, sondern die gesetzesgemäße Handhabung der Vorsorgevollmacht durch den Bevollmächtigten. Damit solle sichergestellt werden, daß die Vorsorgevollmacht im Sinne des Betroffenen ausgeübt werde. Diese Kontrolle diene der Sicherung des – in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts – artikulierten Willens des Betroffenen (BVerfG FamRZ 2009, 945, 947).

Zwar stelle die unverzichtbare gerichtliche Kontrolle zugleich eine Beschränkung des Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen dar, indem ihm die Möglichkeit genommen werde, eine Vorsorgevollmacht über freiheitsentziehende Maßnahmen frei von gerichtlicher Kontrolle zu erteilen. Diese Beschränkung sei jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit nicht schrankenlos, sondern nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung. Diese sehe ein Genehmigungsverfahren nach § 1906 Abs. 2 BGB zwingend vor, dessen Verhältnismä-ßigkeit angesichts der möglichen Tragweite freiheitsentziehender Maßnahmen außer Zweifel stehe.