Der Bundesgerichtshof urteile am 13. Juli 20212 (V ZR 204/11, PM), daß eine von der Wohnungseigentümergemeinschaft ungenehmigte Tagesmuttertätigkeit in einer Eigentumswohnung nach bestandskräftigem Untersagungsbeschluß nicht fortgeführt werden dürfe.

Der Bundesgerichtshof entschied über die Revision von zwei beklagten Wohnungseigentümern, deren Mieterin in der Wohnung eine Tagespflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder betrieb (vgl. Pressemitteilung 85/12 vom 12. Juni 2012).

Auf die Klage einer Wohnungseigentümerin waren sie vom Landgericht verurteilt worden, die Nutzung der Wohnung als Kindertagespflegestelle zu unterlassen. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin folge bereits daraus, daß den Beklagten die Ausübung der Tagesmuttertätigkeit ihrer Mieterin durch einen in der Eigentümerversammlung vom 28. September 2009 gefaßten Beschluss der Wohnungseigentümer untersagt worden sei. Dieser Beschluß sei nicht angefochten worden und daher für die Beklagten verbindlich.

Der Senat führte im wesentlichen aus:

Das Berufungsgericht habe zu Recht angenommen, daß die Nutzung einer Wohnung zum Betrieb einer entgeltlichen Tagespflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder die „Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung“ im Sinne der Teilungserklärung darstelle und daher der Zustimmung des Verwalters oder einer ¾-Mehrheit der hierüber abstimmenden Wohnungseigentümer bedürfe. Zwar gehöre zum Wohnen auch die Möglichkeit, in der Familie neben den eigenen Kindern fremde Kinder zu betreuen, etwa bei regelmäßigen Besuchen von Freunden der Kinder oder im Wege der Nachbarschaftshilfe. Hiervon zu unterscheiden sei jedoch die Nutzung der Wohnung zur (werk-)täglichen Erbringung von Betreuungsdienstleistungen gegenüber Dritten in Form einer Pflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder, bei der der Erwerbscharakter im Vordergrund stehe. Eine solche teilgewerbliche Nutzung der Wohnung werde vom Wohnzweck nicht mehr getragen.

Auf die vom Berufungsgericht geprüfte Frage, ob die Verwalterin zu Recht die Zustimmung zum Betrieb einer Tagespflegestelle in der Wohnung der Beklagten verweigert habe, komme es aber nicht an. Denn ein Unterlassungsanspruch der Klägerin (§ 15 Abs. 3 WEG) folge bereits daraus, daß den Beklagten die weitere Ausübung der Tagesmuttertätigkeit ihrer Mieterin durch einen in der Eigentümerversammlung vom 28. September 2009 gefaßten, nicht angefochtenen Beschluß der Wohnungseigentümer untersagt worden sei.

Den Beklagten, die sich bisher zu keinem Zeitpunkt um die Erteilung einer Zustimmung zum Betrieb einer – nach Anzahl der zu betreuenden Kinder und zeitlichem Umfang konkret beschriebenen – Kindertagespflegestelle in ihrer Wohnung bemüht hätten, bliebe es aber unbenommen, bei der Verwalterin oder der Wohnungseigentümergemeinschaft einen entsprechenden Antrag zu stellen. Über diesen wäre unter Berücksichtigung der tatsächlichen konkreten Gegebenheiten innerhalb der Wohnungseigentumsanlage, der Wertungen des § 22 Abs. 1a BImSchG, der nach dem Willen des Gesetzgebers auch auf das Wohnungseigentumsrecht ausstrahlen solle, und der in der Teilungserklärung ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit der Erteilung von Auflagen zu entscheiden.

Solange eine erforderliche Zustimmung aber nicht vorliege, dürfe die Tagesmuttertätigkeit aufgrund des bestandskräftigen Untersagungsbeschlusses nicht fortgesetzt werden.

Der Bundesgerichtshof ließ es in seiner Entscheidung offen, ob der Verwalter (oder Vermieter) die Genehmigung mit dem Argument verweigern dürfe, die Kinder seien zu laut. Der Bundesgerichthof machte insofern deutlich, daß Kinderlärm nicht wie früher mit Straßenlärm gleichgesetzt werden könne. Des weiteren komme es auf die konkreten Gegebenheiten einer Wohnung an und es sei möglicherweise auch an eine Auflagenerteilung für die begehrte Nutzung zu denken.

In dem vorliegenden Verfahren ging es um eine Wohnungseigentumsanlage in Köln. Die Wohnungseigentümerin und Vermieterin und viele der Bewohner hatten sich zwar mit der Betreuung der fünf Kinder einverstanden erklärt, nicht hingegen der Eigentümer der darunter liegenden Wohnung.