Mit dem Urteil des Kammergerichts Berlin vom 05.04.2012 (12 U 49/11) steht es der Statthaftigkeit des Urkundenprozesses nicht entgegen, daß der Mieter Mängel der Mietsache behauptet hat und der Anspruch auf die Miete daher gemäß § 536 Abs. 1 BGB von Gesetzes wegen ganz oder teilweise erloschen sein könnte.

Seien dagegen erhebliche Mängel der Mietsache zwischen den Parteien unstreitig und damit nicht beweisbedürftig, so stehe fest, daß die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert sei. Die Höhe der dann nur noch geschuldeten geminderten Miete ergebe sich nicht aus dem Mietvertrag. Der Mietzins könne dann in der Regel nicht mehr im Urkundenprozess eingeklagt werden.

§ 592 Satz 1 ZPO öffne den Urkundenprozeß grundsätzlich unterschiedslos für die Geltendmachung aller Ansprüche, welche die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand hätten. Das sei auch bei Mietforderungen der Fall.

Das Kammergericht führte in seinen Entscheidungen aus, daß Voraussetzung für die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses nach § 592 Satz 1 ZPO sei, daß sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden könnten. Der Statthaftigkeit des Urkundenprozesses stehe nicht entgegen, daß der Mieter Mängel der Mietsache behauptet habe und – diesen Vortrag als richtig unterstellt – der Anspruch auf die Miete daher gemäß § 536 Abs. 1 BGB von Gesetzes wegen ganz oder teilweise erloschen sei.

Das behauptete Vorliegen eines Sachmangels habe nicht zur Folge, daß deshalb die Höhe der Miete vom Vermieter nicht mehr im Sinne von § 592 Satz 1 ZPO durch Urkunden bewiesen werden könnte. Denn die Mangelfreiheit der Mietsache gehöre nicht zu den zur Begründung des Anspruchs auf Miete erforderlichen Tatsachen (BGH, Urteil vom 01.06.2005 – VIII ZR 216/04). Vielmehr begründe die infolge der Mangelhaftigkeit eintretende Mietminderung eine materiell-rechtliche Einwendung des Mieters gegen die Forderung auf Mietzahlung, die im Prozeß von dem Mieter darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen sei.

Berufe sich der Mieter aber nicht (nur) auf eine Mietminderung, sondern erhebe er im Hinblick auf das Vorliegen von Mängeln (auch) die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB, dann sei die Klage jedenfalls dann im Urkundenprozess statthaft, wenn der Mieter unstreitig die Wohnung in vertragsgemäßem Zustand erhalten habe und sich die Einrede des nicht erfüllten Vertrages darauf stütze, ein Mangel sei nachträglich eingetreten (BGH, Urteil vom 20.12.2006 – VIII ZR 112/06). Habe der Mieter die Mietsache unstreitig mangelfrei erhalten, treffe ihn grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast, wenn er später eingetretene Mängel geltend mache und darauf gestützt die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhebe. Wenn sich ein Mieter auf während der Mietzeit eingetretene Mängel berufe und deshalb Minderung geltend mache, sei er grundsätzlich für deren Vorhandensein darlegungs- und beweispflichtig.

Erhebt er darüber hinaus auch noch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, könne dies nicht dazu führen, nunmehr dem Vermieter die Darlegungs- und Beweislast aufzuerlegen. Denn auch wer die Einrede aus § 320 BGB geltend mache, müsse beweisen, daß ihm eine unter das Gegenseitigkeitsverhältnis fallende Gegenforderung zustehe. Der das Zurückbehaltungsrecht des Mieters begründende, auf Mangelbeseitigung gerichtete Erfüllungsanspruch aus § 535 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB setze bei einer mangelfrei übergebenen Mietsache das nachträgliche Eintreten eines Mangels voraus, für das der Mieter die Beweislast trage.

Eine Klage sei auch dann gemäß § 592 ZPO im Urkundenprozess statthaft, wenn der Mieter, der wegen behaupteter anfänglicher Mängel der Mietsache Minderung geltend mache oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhebe, die ihm vom Vermieter zum Gebrauch überlassene Wohnung als Erfüllung angenommen habe, ohne die später behaupteten Mängel zu rügen (BGH, Urteil vom 08.07.2009 – VIII ZR 200/08 -). Zwar müsse nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen der Vermieter beweisen, daß er seine vertragliche Pflicht, dem Mieter die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen, erfüllt habe. Demgegenüber trage nach Überlassung der Mietsache gemäß § 363 BGB grundsätzlich der Mieter die Beweislast dafür, daß die Mietsache zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft gewesen sei, wenn er die ihm überlassene Sache als Erfüllung angenommen habe. Die Vorschrift des § 363 BGB führe zu einer Beweislastumkehr.

Ihr liege zugrunde, daß demjenigen, der eine Leistung als Erfüllung annehme, die Beweislast obliege, wenn er die Leistung später nicht mehr als die geschuldete gelten lassen wolle. Demzufolge sei die Klage des Vermieters im Urkundenprozess statthaft, wenn entweder unstreitig sei, daß der Mieter die Mietsache als Erfüllung angenommen habe, oder wenn der Vermieter ein solches Verhalten des Mieters durch Urkunden – etwa ein Übergabeprotokoll oder Kontoauszüge, aus denen sich ergäbe, daß der Mieter zunächst die ungeminderte Miete gezahlt habe – beweisen könne.

Seien dagegen erhebliche Mängel der Mietsache zwischen den Parteien unstreitig bzw. vom Vermieter nicht substantiiert bestritten und damit nicht beweisbedürftig, so stehe fest, daß die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert sei. Die Höhe der dann nur noch geschuldeten geminderten Miete ergebe sich nicht aus dem Mietvertrag. Der Mietzins könne dann in der Regel nicht mehr im Urkundenprozess eingeklagt werden.

In dem zugrundeliegenden Verfahren hatte der Vermieter im Urkundenprozeß rückständige Miete geltend gemacht. Es war zwischen den Parteien streitig, ob der Vermieter eine im vergleichswege übernommene Verpflichtung die Fassade streichen zu lassen, erfüllt hatte. Ferner waren von dem Mieter behauptete weitere Mängel von dem Vermieter nicht bestritten worden. Die Klage war daher nach Ansicht des Kammergerichts als im Urkundenprozeß unstatthaft abzuweisen.