Der Bundesfinanzhof entschied am 24.04.2012 (IX R 6/10), daß ein dem Gewinner der Fernsehshow „Big Brother“ ausgezahltes Preisgeld („Projektgewinn“) als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu besteuern sei, wenn die Auskehrung des Preisgeldes nach Maßgabe und Durchführung des entgeltlichen (Teilnahme-)Vertrags als Gegenleistung für sein (aktives wie passives) Verhalten während seines Aufenthaltes im „Big-Brother-Haus“ zu beurteilen sei.

Das Verhalten des Klägers erfülle den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG. Nach dem durchgeführten Vertrag habe der Kläger seine Teilnahme und ständige Anwesenheit im BB-Haus geschuldet. Er habe sich während seines dortigen Aufenthalts ununterbrochen beobachten und belauschen lassen müssen und habe nach Auswahl auch an Wettbewerben („Matches“, „Challenges“) teilzunehmen gehabt. Zudem habe er seine Person und die Aufzeichnungen betreffend Verwendungs- und Verwertungsrechte umfänglich an ED abgetreten. Dieses aktive wie passive Verhalten des Klägers sei als (geschuldete und erbrachte) Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG zu beurteilen, auch wenn sich der Kläger nur bei der Verrichtung alltäglicher Dinge habe filmen und abhören lassen und er daher nur sein bisheriges Leben in anderem Umfeld sozialadäquat habe weitergelebt haben sollen.

Selbst wenn eine Privatsphäre bestanden haben sollte, was nach den Feststellungen des FG nicht zugetroffen habe, sei diese in die vom Kläger eingegangene Verpflichtung miteinbezogen gewesen.

Im übrigen sei das Verhalten des Klägers Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags, des Teilnahmevertrags, gewesen; Verhalten und Projektgewinn hätten im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gestanden. Dies entspräche den im Teilnahmevertrag zum Ausdruck kommenden jeweiligen Interessen der Vertragspartner. Denn einerseits habe sich der Kläger im Rahmen des Projektes nach Belieben darstellen können; für ihn (wie die übrigen Teilnehmer) sei es attraktiv gewesen, sich im Fernsehen und in sonstigen Medien präsentieren zu können. Die Aussetzung des hohen Gewinns sei für die Teilnehmer ein wesentlicher Anreiz gewesen, trotz der gegebenen Vertragsmodalitäten im BB-Projekt „bei der Stange“ zu bleiben. Andererseits habe es im Interesse der ED als Produzentin des Sendeformats gelegen durch die Auslobung des hohen Projektgewinns für ein engagiertes Verhalten der Teilnehmer und hohes Zuschauerinteresse zu sorgen, damit der das BB-Projekt ausstrahlende Sender hohe Einschaltquoten habe erreichen und damit weitere bzw. mehr Werbeeinahmen habe generieren können.

Auf dieser Basis sei auch der notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen dem Verhalten des Klägers und der Auszahlung des Projektgewinns durch ED gegeben gewesen. Dazu reiche es, daß die Auszahlung des Projektgewinns an den Kläger auf sein Verhalten im BB-Haus zurückzuführen gewesen sei, also dadurch ausgelöst worden sei. Zudem sei dieser Gewinn aus Sicht der ED gerade für die Vornahme solchen Verhaltens ausgesetzt gewesen. Mit der Annahme des Projektgewinns habe der Kläger diesen seiner erwerbswirtschaftlichen und damit steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zugeordnet.

Der Veranlassungszusammenhang zwischen der Leistung des Klägers und dem an ihn ausgezahlten Projektgewinn sei deshalb durch die Zufallskomponente in Gestalt der (zwischenzeitlichen) Publikumsvoten und des Schlussvotums des Publikums nicht entscheidend unterbrochen worden. Zwar sei der Sieg bei dem BB-Projekt in gewissem Umfang von diesen Zufällen abhängig gewesen, die Teilnehmer hätten aber –anders als bei einem Glücksspiel– durch ihr Verhalten zumindest bedingt und indirekt, aber nicht unerheblich Einfluß auf die Publikumsentscheidungen nehmen können. Die Gewinnchance sei im übrigen vorliegend nicht –wie vom Kläger angegeben– mit 1,64 % (1:61) „extrem gering“ gewesen, sondern im Verhältnis zu Glücksspielen wie Lotto, Toto etc. vergleichsweise hoch. Diese Quote habe sich als Folge der Teilnahmeregeln im BB-Projekt mit zunehmender Anwesenheitsdauer erhäht und sei wegen der regelbedingten Verringerung der Anzahl der Teilnehmer in den letzten zwei Monaten bis zum Endvotum in der Schlußsendung noch deutlich angestiegen. Auf die Voten habe auch die ED zumindest bedingt und indirekt Einfluss nehmen können durch eigene Auswahl (s. Präambel und Ziff. 2 Rechteübertragung: „ganz oder teilweise“) und Platzierung der Aufzeichnungen und Sequenzen in Fernsehen, Internet oder sonstigen Medien. Danach stelle sich die hier gegebene Zufallskomponente auch und gerade als Bestandteil des Teilnahmevertrags (Ziff. 5.1) und konkrete Ausgestaltung der vertraglich eingeräumten Gewinnchance dar; die Komponente „Zufall“ sei von vornherein eingeplant gewesen (vgl. BFH-Urteile vom 2. September 2008 X R 25/07, BFHE 223, 35, BStBl II 2010, 550, unter II.3.; vom 25. November 1993 VI R 45/93, BFHE 173, 65, BStBl II 1994, 254, unter 3. a.E.; jeweils zu Verlosungen). Im ausgekehrten Projektgewinn habe sich dann lediglich die von ED eingeräumte Gewinnchance realisiert.

Dabei habe nicht etwa ein Dritter, nämlich das Publikum, die (Gegen-)Leistung der ED bestimmt, vielmehr sei der Leistungsempfänger des vertraglich feststehenden Projektgewinns lediglich aus einer begrenzter werdenden Teilnehmerzahl durch das Publikum als Dritten ausgesucht worden(wie etwa durch die Jury bei Preisverleihungen). In solchen Fällen sei allerdings nach der Rechtsprechung Voraussetzung für die Annahme von Erwerbseinnahmen (in Höhe des Preisgeldes), daß die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zur betrieblichen, beruflichen oder sonstigen Tätigkeit des Empfängers aufweise (vgl. BFH-Urteile vom 9. Mai 1985 IV R 184/82, BFHE 143, 466, BStBl II 1985, 427; vom 14. März 1989 I R 83/85, BFHE 156, 462, BStBl II 1989, 650; vom 23. April 2009 VI R 39/08, BFHE 224, 571, BStBl II 2009, 668).

Das sei vorliegend der Fall. Denn unbeschadet ihres besonderen Rechtsgrundes (Auslobung § 657 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) habe der ausgekehrte Projektgewinn wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts gehabt, und zwar gerade hinsichtlich des nach dem Teilnahmevertrag vom Kläger zu erbringenden und auch erbrachten Verhaltens. Dabei möge es zutreffen, daß sich die Publikumsvoten auch oder überwiegend an Persönlichkeits- und Sympathiewerten orientiert hätten; allein dadurch sei aber der vorhandene Veranlassungszusammenhang weder unterbrochen noch überlagert worden.