Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 16.02.2006 – Aktenzeichen: 5 U 271/05:

Erhebt der Rechtsanwalt schuldhaft eine unschlüssige Klage, ist der auf Erstattung der Prozeßkosten gerichtete Schadensersatzanspruch des Mandanten nicht dadurch in Frage gestellt, daß ein Rechtsschutzversicherer die Kosten getragen hat. Auch der Schadensersatzanspruch wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages geht nach § 20 Abs. 2 ARB auf den Rechtsschutzversicherer über. Diesen trifft wegen der Deckungszusage für die aussichtslose Klage in der Regel kein Mitverschulden.

In dem zugrundeliegenden Verfahren ging es um den nachstehenden Sachverhalt:

Die Kläger nahmen den beklagten Rechtsanwalt aus eigenem und abgetretenen Recht auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages in Anspruch. Aufgrund eines Brandschadens am Haus der Kläger entstand Streit mit dem Brandversicherer hinsichtlich der zu zahlenden Neuwertentschädigung. Der Feuerversicherer wies die Kläger in einem Schreiben darauf hin, daß der Versicherungsnehmer einen den Zeitwertschaden übersteigenden Ersatzanspruch nur erwerbe, wenn er fristgemäß sichergestellt habe, daß er die Entschädigung verwenden werde, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen.

Der Beklagte erhob namens und in Vollmacht der Geschädigten eine Leistungs- und Feststellungsklage gegen den Brandversicherer wegen der Entschädigungsleistung zum Neuwert. Die Klageschrift enthielt keinerlei Ausführungen zu der Frage, ob die Kläger die Entschädigung dafür verwenden würden, versicherte Sachen gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen. Die Klage war daher unschlüssig, so daß der jetzige Beklagte die Klage in der ersten mündlichen Verhandlung zurücknahm. Die Kosten des Rechtsstreits wurden den Klägern auferlegt und von der Rechtsschutzversicherung der Kläger getragen. Gleichwohl wollten die Kläger den Betrag von dem Beklagten erstattet haben, unter Berufung auf eine Abtretungserklärung des Rechtsschutzversicherers.

Das Oberlandesgericht gab der Klage statt.

Erhebe ein Rechtsanwalt eine unschlüssige Klage, sei sei der auf Erstattung der Prozeßkosten gerichtete Schadensersatz des Mandanten nicht dadurch in Frage gestellt, daß seine Rechtsschutzversicherung die Kosten getragen habe. Ein Schadensersatzanspruch wegen Schlechterfüllung des mit dem Mandanten geschlossenen Anwaltsvertrages gehe bedingungsgemäß auf die Rechtsschutzversicherung über und könne grundsätzlich wieder an den Mandanten/Versicherungsnehmer abgetreten werden. Die vertraglichen Pflichten eines Anwalts gegenüber seinem Mandanten seien nämlich nicht dadurch modifiziert oder gar eingeschränkt, daß die Partei rechtsschutzversichert sei. Auch ein Mitverschulden des Rechtsschutzversicherers komme nicht in Betracht, da der Anwaltsvertrag einerseits und der Vertrag des Mandanten mit dem Rechtsschutzversicherer andererseits rechtlich selbständig seien. Im allein maßgeblichen Vertragsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant sei der Rechtsschutzversicherer nicht Erfüllungsgehilfe des Mandanten. Auch bestünde keine konkludente Prüfungspflicht des Rechtsschutzversicherers. Zum einen handele es sich bei der Rechtsbeziehung zwischen dem Mandanten und dem Rechtsschutzversicherer nicht um einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten des Anwalts. Zum anderen bestehe lediglich eine vertragliche Prüfungsbefugnis des Rechtsschutzversicherers, jedoch keine Prüfungspflicht. Der Rechtsschutzversicherer dürfe vielmehr darauf vertrauen, dass der Rechtsanwalt seine Vertragspflichten erfüllt und keine Deckungszusage für eine unschlüssige Klage einhole.

Landgericht Oldenburg – 21.04.2011 – 16 S 220/10:

Die Rechtsschutzversicherung treffen keine vergleichbaren Prüfungspflichten, wie sie einem Rechtsanwalt im Verhältnis zu seinen Mandanten obliegen. Dem Versicherer steht lediglich eine Prüfungsbefugnis zu, eine Prüfungspflicht obliegt ihm nicht.