In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Bochum (Urteil vom 18.03.2011 42 C 425/09) stritten die Parteien um Mieten aus einem am 16. 9. 2005 geschlossenen Wohnraummietvertrag.

Vertragsgegenstand war eine Wohnung, die sich im 1. Geschoß, rechts, in dem (Mehrparteien-)Haus befand; erbaut wurde das Haus im Jahr 1955. Übergeben wurde die Wohnung ausweislich des von den Parteien unterzeichneten Übergabeprotokolls am 20. 9. 2005, begonnen hatte das Mietverhältnis sodann zum 1. 10. 2005. In dem Übergabeprotokoll, das Bestandteil des Mietvertrages geworden war, fand sich zum Zustand der Wohnung u.a. folgender handschriftlicher Passus: „Das Haus wurde 2004/2005 kernsaniert.“

Mit Schreiben vom 23. 4. 2009 machten die Beklagten die Klägerin auf Lärmstörungen, die aus der über der Wohnung der Beklagten gelegenen Wohnung stammen sollten, aufmerksam. Daraufhin fand am 18. 5. 2009 ein Ortstermin mit anschließender Überprüfung des Bodens der Mieter durch Handwerker statt. Dabei gelangten die Handwerker zu der Einschätzung, der (Laminat-)Boden sei schwimmend verlegt worden, der Mipolamboden wirke schallisolierend und auch der Estrichboden, der im Zuge von in den Jahren 2004/2005 durchgeführten Modernisierungsarbeiten neu verlegt worden war, führe zu keiner besonderen Lärmentwicklung; insgesamt könne der Boden der Mieter mithin nicht für die (angebliche) Lärmbelästigung verantwortlich sein.

In den Monaten Juli bis November 2009 überwiesen die Beklagten jeweils Beträge, die im Vergleich zur vollen (Brutto-)Monatsmiete iHv 503,36 EUR um 50 Prozent reduziert waren.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, ein Recht zur Mietzinsminderung stünde der Beklagten mangels Vorliegens eines Baumangels nicht zu.

Die Beklagten verlangten, die Klägerin zu verurteilen, die Trittschalldämmung über der von den Beklagten bewohnten Wohnung im Haus gelegenen im 1. Geschoss rechts, entsprechend den baulichen Mindestanforderungen im Hochbau gemäß DIN 4109 aus November 1989 sach- und fachgerecht herzustellen und festzustellen, daß sie berechtigt seien, den monatlichen Mietzins um 50% zu mindern bis die Klägerin die Mängel in der von den Beklagten angemieteten Wohnung im Haus gelegenen im 1. Geschoss rechts, sach- und fachgerecht beseitigt habe, und festzustellen, daß sie berechtigt seien, den restlichen Mietzins in Höhe von 50% zurückzubehalten, bis die Klägerin die Mängel in der Wohnung der Beklagten im Haus gelegenen im 1. Geschoss rechts, sach- und fachgerecht beseitigt hat.

Die Beklagten waren der Meinung, die Miete sei auf Grund eines Mietmangels gemindert. Dazu behaupten sie, sie sähen sich erheblichen Lärmbelästigungen durch die Mieter ausgesetzt; so seien insb. in der Zeit nach 21.00 Uhr Lauf- und Sprunggeräusche, die auch von Katzen stammen könnten, wahrzunehmen. Der Grund für die Lärmbelästigungen liege darin, daß das Laminat der Mieter nicht (ausreichend) trittschallgedämmt sei. Einen ausreichenden Trittschallschutz könnten sie aber insb. auf Grund der Anpreisung der Wohnung als sich in einem „kernsanierten“ Haus befindend verlangen.

Die Höhe der Minderung begründeten die Beklagten mit der Bedeutung der Nachtruhe; zudem übten sie ein Zurückbehaltungsrecht an der offenen Miete aus.

Die Klägerin ihrerseits bestritt die Erheblichkeit der Lärmbelästigungen und daß das laute Poltern von Katzen stamme. Sie behauptete ferner, daß in den Jahren 2004/2005 überhaupt keine „Kernsanierung“ im technischen Sinne erfolgt sei.

Der gerichtlich bestellte Sachverständige gelangte zu folgender Einschätzung:

Am Maßstab der DIN 4109 (1989), die auch heute noch gelte, bestehe keine ausreichende Trittschalldämmung; dabei sei wahrscheinlich nicht eine fehlerhafte Verlegung des Laminats, sondern die fehlerhafte Estrichkonstruktion für den Lärm ursächlich. Dies, zumal im Zuge der Neuverlegung des Estrichbodens in den Jahren 2004/2005 ein besserer Schallschutz zu erzielen gewesen sei. Lege man allerdings die DIN 4109 (1944), die im Zeitpunkt der Errichtung des Hauses gegolten habe, zugrunde, so seien die Anforderungen an den Schallschutz allesamt eingehalten.

Das Gericht erachtete die Klage als teilweise begründet und die Widerklage der Beklagten als unbegründet.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, daß die Wohnung der Beklagten mit einem eine Tauglichkeitseinschränkungen begründenden Mangel (Trittschall) behaftet sei, so daß die Miete um 15% gemindert sei.

Die Miete sei nach § 536 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB auf Grund des Mangels der Wohnung (nicht ausreichend Trittschall gedämmter Fußboden der darüber liegenden Wohnung) angemessen herabzusetzen.

Denn von einem Mangel sei dann auszugehen, wenn die vermietete Sache mit einem Fehler behaftet sei, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch aufhebe oder mindere. Maßstab dieses vertragsgemäßen Gebrauchs sei entweder eine besondere vertragliche Vereinbarung oder, sofern eine solche fehle, der nach der objektiven Verkehrsanschauung zu erwartende Zustand der Mietsache .

Erörterungsbedürftig sei hier bzgl. einer Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung allein, ob aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen von einem Mangel auszugehen sei, wobei es darauf ankomme, ob den Anforderungen der DIN 4109 (1944) entsprochen bzw. den Anforderungen der DIN 4109 (1989) nicht entprochen werde. Denn existierten technische Normen zu einem bestimmten Wohnstandard, so sei nach der Rechtsprechung des BGH jedenfalls deren Einhaltung mietvertraglich geschuldet. Da sich das erkennende Gericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 ZPO seine freie Überzeugung unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Beweisaufnahme zu bilden habe, sei es im Rahmen dessen – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht weiter von Belang, daß der Sachverständige unter Verneinung der Frage aus dem Beweisbeschluß eine alleinige Ursächlichkeit des Laminatbodens der Mieter ausgeschlossen und eine Ursächlichkeit des Estrichs für wahrscheinlich erachtet habe.

Für eine Verneinung eines Mietmangels auf Grundlage der DIN 4109 (1944) spreche hier, daß es nach der Verkehrsanschauung in der Regel auf den Maßstab ankomme, der bei der Errichtung des Gebäudes gegolten habe. Dies bedeute, daß die Beklagten, da sie eine Wohnung in einem (bereits) im Jahre 1955 erbauten Haus gemietet hätten, mietvertraglich auch nur einen (hier gegebenen) zur damaligen Zeit geltenden Schallschutz verlangen könnten.

Für das Bejahen eines Mietmangels unter Berücksichtigung der DIN 4109 (1989) streite andererseits die Tatsache, daß die Parteien mietvertraglich die Abrede getroffen hätten, das Haus, in dem sich die vermietete Wohnung befinde, sei „kernsaniert“ (worden). Denn der BGH formuliere auch, daß bei der Beantwortung der Frage, ob ein Mangel der Mietsache gegeben sei, primär nicht die Verkehrsanschauung, sondern die Vereinbarungen der Mietvertragsparteien ausschlaggebend seien; insoweit sei, was allerdings in der Regel nicht der Fall sei, auch im mietvertraglichen Verhältnis eine Vereinbarung über die Bauweise und den sich daraus ergebenden Anforderungen an den geschuldeten Schallschutz möglich. Das heiße, wolle ein Mieter in ein altes Gebäude einziehen, so könne er einen höheren Baustandard nur verlangen, wenn er mit dem Vermieter eine Modernisierungsabsprache getroffen habe. Existiere aber eine entsprechende Vereinbarung oder handele es sich bei der vermieteten Wohnung um ein modernisiertes Mietobjekt, so könne der Mieter bzgl. der Ausstattungsmerkmale von einem Standard im Zeitpunkt der Modernisierung ausgehen – mit Blick auf den Schallschutz allerdings nur dann, wenn nach der Verkehrsanschauung der Mieter davon ausgehen könne, daß das Gebäude/die Wohnung auch schallgedämmt sei. Nach alldem sei folglich im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB festzustellen, was im Verhältnis zwischen den Parteien unter dem Begriff „kernsaniert“ zu verstehen sei bzw. ob es (auch) eine Vereinbarung über den geschuldeten Schallschutz beinhalte.

Der Begriff der „Kernsanierung“, der insbesondere im Werkvertragsrecht eine wichtige Rolle spiele, sei weder legal definiert noch habe sich in der höchst- bzw. obergerichtlichen Rechtsprechung eine allgemeingültige Definition herauskristallisiert

Wenn schon mietvertragsrechtliche und wohnungsbautechnische Fachleute von einem entsprechenden Verständnis des Begriffs „Kernsanierung“ ausgehen würden, so müsse dies mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erst recht für die Beklagten als juristische und bautechnische Laien gelten. Entgegen der Auffassung der Klägerin und unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob tatsächlich eine „Kernsanierung“ im Sinne der aufgezeigten Definitionen durchgeführt worden sei, sei somit zwischen den Parteien eine Vereinbarung über den „Soll-Zustand“ des Hauses und damit der vermieteten Wohnung getroffen worden. Eine Vereinbarung, auf Grund derer die Beklagten davon hätten ausgehen dürfen, die Böden bzw. Zwischendecken seien an die zum Zeitpunkt der „Kernsanierung“ geltenden DIN angepaßt worden. Somit komme es im Verhältnis zwischen den Parteien auf die Feststellungen des Sachverständigen an, den Anforderungen der DIN 4109 (1989) werde nicht entsprochen und es sei 2004/2005 ein besserer Schallschutz zu erzielen gewesen.

Wiederum entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin bleibe es auch ohne Auswirkungen, daß die Beklagten nur eine Miete zahlen würden, die der Kategorie eines in den 1950er-Jahren erbauten Hauses entspreche. Denn die Beklagten seien weder im Mietvertrag noch im Übergabeprotokoll auf das Errichtungsjahr des Hauses hingewiesen worden; es finde sich einzig und allein der Hinweis auf die „Kernsanierung“. Die Höhe der Miete hätte somit allenfalls dann eine Rolle spielen können, wenn es an einer mietvertraglichen Vereinbarung zur Beschaffenheit der Mietsache gefehlt hätte.

Nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB sei im Falle geminderter Tauglichkeit der Wohnung eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Was im Ergebnis als angemessen anzusehen sei, sei vom erkennenden Gericht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Mietverhältnisses zu bestimmen. In den Augen des erkennenden Gerichts erscheine demnach eine Minderung um rund 15 Prozent als angemessen. Dafür spreche, daß die Tauglichkeit der Wohnung zu Wohnzwecken nicht überwiegend beeinträchtigt sei und daß in einem Mehrparteienhaus stets in einem gewissen Umfang mit der Wahrnehmung von Schall aus den Nachbarwohnungen zu rechnen sei, und zwar auch dann, wenn sämtliche aktuelle Schallschutzvorschriften eingehalten würden.

Daneben monierten die Beklagten ausweislich ihres eigens angefertigten Protokolls eine Lärmbelästigung auch nur für die Nachtstunden, was allenfalls zu einer Minderung in Höhe eines Drittels berechtigen würde; allerdings auch nur dann, wenn die Lärmbelästigung die gesamte Wohnung betreffen würde. Da die Geräusche aus dem Zimmer oberhalb des Schlafzimmers herrühren würden, mithin nicht die Gebrauchsfähigkeit der gesamten Wohnung betreffe, sei die Minderung im Weiteren auf 50 Prozent dieses Drittels zu reduzieren, entsprechend 75,50 € monatlich.

Die Klägerin habe gem. § 535 Abs. 2 BGB gegen die Beklagten somit einen Zahlungsanspruch über jeweils monatlich 427,86 EUR statt 503,36 € für die streitgegenständlichen 5 Monate. Zu Unrecht hätten die Beklagten in diesem Zeitraum demgemäß monatlich 176,18 € zu viel gemindert (insgesamt: also 880,90 EUR).

Dieser Zahlungsanspruch sei auch nicht nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen des von Seiten der Beklagten ausgeübten Zurückbehaltungsrechts, das sich auch auf die Vermieterpflichten des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB erstrecke, nicht durchsetzbar. Nach § 322 Abs. 1 BGB müsse daher keine Verurteilung Zug-um-Zug erfolgen.

Denn aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen und den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung stehe fest, daß eine von der Klägerin geschuldete Mängelbeseitigung die so genannte „Opfergrenze“ überschreite und damit die Regeln über die Unmöglichkeit eingreifen würden.

Demgemäß sei die Widerklage zu den Anträgen zu 1. und 3. unbegründet. Für den Widerklageantrag zu 2. fehle es bereits an dem Feststellungsinteresse, weil nach den klageabweisenden Urteilsgründen insoweit dem Begehren der Beklagten bereits entsprochen worden sei.