Der Bundesgerichtshof führte in seinem Urteil vom 18.01.2012 (XII ZR 178/09) aus, daß der unterhaltsberechtigte Ehegatte im Rahmen des Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit die Darlegungs- und Beweislast nicht nur dafür, daß er keine reale Chance auf eine Vollzeitarbeitsstelle habe, sondern auch dafür, daß dies in gleicher Weise für eine geringfügige Beschäftigung (sog. Mini-Job) und auch für eine Erwerbstätigkeit im Rahmen der Gleitzone nach § 20 Abs. 2 SGB IV (sog. Midi-Job) zutreffe.

Bewohne der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung weiterhin das eheliche Einfamilienhaus, gehe dies im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung regelmäßig über seinen Wohnbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen hinaus. Dieser werde bereits durch eine dem ehelichen Standard entsprechende Wohnung für eine Person gedeckt.

In dem zugrundeliegenden Verfahren stritten die geschiedenen Eheleute über nachehelichen Unterhalt.

Die Parteien hatten im Juli 1981 geheiratet. Aus der Ehe war eine im Februar 1982 geborene Tochter hervorgegangen, die Studentin war. Die Parteien trennten sich im Oktober 2005. Die Ehe wurde im vorliegenden Verfahren (rechtshängig seit Januar 2006) durch Verbundurteil, welches hinsichtlich der Scheidung seit dem 15. April 2008 rechtskräftig war.

In dem Verbundurteil hatte das Amtsgericht außerdem den Versorgungsausgleich geregelt und über den Unterhaltsantrag der Antragstellerin entschieden.

Der 1951 geborene Antragsgegner war Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH, die Koordinaten-Schleiftechnik betrieb. Er erzielte außerdem Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und kam in den Genuß von Nutzungen aus einem Eigenheim sowie aus mehreren Geschäftsfahrzeugen. Das Betriebsgebäude (Fabrikhalle) der GmbH stand im Eigentum der Antragstellerin, bis sie es im Dezember 2007 an den Antragsgegner veräußerte.

Die Antragstellerin war 1952 geboren. Sie hatte keine Berufsausbildung und war bei Eheschließung als Verkäuferin tätig. Während der Ehe arbeitete sie als Bürohilfe (Sekretärin) im Betrieb des Antragsgegners, zuletzt mit einem Bruttogehalt von monatlich 3.700 €. Nach der Trennung kündigte der Antragsgegner das Arbeitsverhältnis. In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren vereinbarten die Parteien im April 2006 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2007 gegen eine Abfindung.

Seitdem war die Antragstellerin nicht mehr erwerbstätig. Die Antragstellerin war Eigentümerin des Wohnhausgrundstücks, das die frühere Ehewohnung darstellte und baulich in das Betriebsgebäude der GmbH integriert war.

Die Parteien waren ferner Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses, das als Abschreibungsobjekt diente und von dem inzwischen einzelne Eigentumswohnungen verkauft wurden.

Die Antragstellerin machte nachehelichen Unterhalt von monatlich rund 4.300 € geltend. Die Parteien stritten vor allem über die Höhe ihres – konkret berechneten – Bedarfs und darüber, in welchem Umfang die Antragstellerin zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage sei, ob sie ihr Vermögen verwerten müsse sowie über die Herabsetzung und Befristung des Unterhalts.

Das Amtsgericht hatte den Unterhaltsantrag abgewiesen. Auf die Berufung der Antragstellerin hatte ihr das Berufungsgericht monatlichen Unterhalt von 3.423 € bis Dezember 2009 und von 2.840 € ab Januar 2010 zugesprochen. Dagegen richtete sich die zugelassene Revision des Antragsgegners, mit welcher er die vollständige Abweisung des Unterhaltsantrags erstrebt.

Das Oberlandesgericht hatte den Unterhaltsanspruch der Ehefrau auf § 1573 II BGB (Aufstockungsunterhalt) gestützt. Dies sah der Bundesgerichthof nur teilweise so und führte aus, daß der Aufstockungsunterhaltsanspruch voraussetze, daß der Unterhaltsberechtigte eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübe oder ausüben könne. Nach der Begrünndung des Oberlandesgerichts resultiere die Unterhaltsbedürftigkeit der Ehefrau aber daraus, daß sie keine reale Chance auf eine Vollzeittätigkeit habe. Demnach könne sich der Unterhaltsanspruch nicht in vollem Umfang aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben, sondern könne zum Teil nur auf Ewerbslosigkeitsunterhalt gem. § 1573 Abs. 1 BGB gestützt werden. Dieser Anspruch setzte jedoch voraus, daß der Unterhaltsberechtigte keine angemessene Erwerbstätigkeit i.S.v. § 1574 BGB finden könne. Dafür müsse sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte unter Einsatz aller zumutbarer und möglicher Mittel nachhaltig um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genüge.

Die mangelhafte Arbeitssuche führe jedoch nicht automatisch zur Ablehnung von Erwerbslosigkeitsunterhalt. Sie müsse auch ursächlich für die Arbeitslosigkeit sein. Eine Ursächlichkeit bestehe, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes sowie den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Unterhalt begehrenden Ehegatten für ihn keine reale Beschäftigungschanche bestanden habe.

Aus einer Feststellung, daß eine Vollzeitstelle nicht gefunden werden könne, folge aber noch nicht, daß nur eine geringfügige Tätigkeit angenommen werden könne. Vielmehr trage der unterhaltsberechtigte Ehegatte die Darlegungs-und Beweislast auch dafür, daß er keine reale Chance habe, einen Mini- oder auch Midi-Job zu finden, wobei zudem zu berücksichtigen sei, daß bspw. zwei Mini-Jobs ergriffen werden könnten.

Die Revision rüge demnach zu Recht, daß die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen es nicht ausschließen würden, daß die Antragstellerin einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz in Teilzeit hätte finden können. Das Berufungsurteil enthalte hierzu allein die Aussage, es erscheine unwahrscheinlich, daß die Antragstellerin in ihrer Situation ohne Berufsausbildung mehr als eine geringfügige Beschäftigung finden könne. Das genüge zu der hier notwendigen Feststellung, daß die Antragstellerin im weitergehenden Umfang keine reale Beschäftigungschance habe, nicht. Ein Erfahrungssatz des Inhalts, daß eine 54jährige Frau ohne Berufsausbildung keine Teilzeitbeschäftigung finden könne, bestehe nicht.

Hinsichtlich der Bedarfsermittlung führte der Bundesgerichtshof aus, ein Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung beim Bedarf nicht angesetzt werden könne, wenn eine Tätigkeit in einem sozialversicherungspflichtigen Umfang auf Seiten des Unterhaltsberechtigten fingiert werde.

Des weiteren sei der Wohnbedarf von dem Wohnwert abzugrenzen.

Der Wohnbedarf der Antragstellerin sei geringer als der mit der Nutzung des Einfamilienhauses verbundene (volle) Wohnwert. Der Bedarf entspreche dem, was die Antragstellerin als Miete (einschließlich Nebenkosten) für eine dem Standard der Ehewohnung entsprechende und von der Größe her für eine Person (statt wie bisher für zwei Personen) genügende Wohnung aufzubringen hätte.

Der volle Nutzungswert des Hausgrundstücks bemesse sich demgegenüber nach den (Netto-)Mieteinnahmen, welche die Antragstellerin aus einer Vermietung der gesamten Immobilie erzielen könnte. Ob der Antragstellerin letztlich der volle Wohnwert als Einkommen zuzurechnen sei, hänge davon ab, ob der von ihr nicht benötigte Wohnraum für sie totes Kapital darstelle oder ihr eine andere Nutzung zumutbar sei, und sei ebenso wie eine etwaige Obliegenheit zur Vermögensverwertung im Rahmen der Bedürftigkeit zu überprüfen.

Ferner bestehe eine Obliegenheit zur Verwertung des Familienheims nicht. Die Diskrepanz zwischen dem nach der Trennung und Scheidung verringerten Wohnbedarf und dem höheren Nutzungswert des Hausgrundstücks sei bereits durch die gebotene Anrechnung des vollen Wohnwerts hinreichend erfaßt. Eine darüber hinausgehende Obliegenheit zur Vermögensverwertung im Sinne eines Vermögensverbrauchs für Unterhaltszwecke wäre in Anbetracht der Vermögensverhältnisse der Parteien im Sinne von § 1577 Abs. 3 BGB unbillig.

Hinsichtlich der Frage der Befristung beanstandete der Bundesgerichtshof die Ausführungen des Oberlandesgerichtes nicht und bestätigte die Billigkeitserwägungen des Oberlandesgerichts.

Unter Berücksichtigung der beiderseitigen guten wirtschaftlichen Verhältnisse könne eine relativ geringfügige Kürzung des Unterhaltsanspruchs um 5 % vorgenommen werden. Die Ehefrau müsse einen Teil ihres Vermögens für den Unterhalt verwerten.

Eine weitere Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB sei aber zudem zu erwägen.