In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof ging es in dem Urteil v. 07.12.2011 (XII ZR 159/09) um ein Abänderungsverfahren unddie Frage der Präklusion von Tatsachen, nachdem vormals eine Abänderungsklage gegen ein Urteil über laufenden nachehelichen Unterhalt abgewiesen worden war.

Die Parteien waren geschiedene Eheleute. Sie hatten eine 1990 geborene Tochter und heirateten 1991. Sie trennten sich im Dezember 1998. Die Ehe wurde auf den im Juli 1999 zugestellten Scheidungsantrag geschieden. Die Scheidung war seit November 2001 rechtskräftig.

Der 1948 geborene Kläger war Handwerksmeister und mit seinem Sohn Mitgesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Kälteanlagenbau betrieb. Im Jahr 2008 überließ der Kläger seinem Sohn, dem er nach dessen Meisterprüfung im Jahr 1999 zunächst eine hälftige Gewinnbeteiligung am Betrieb eingeräumt hatte, eine weitere Gewinnbeteiligung. Der Kläger war wieder-verheiratet und wohnte im eigenen Haus. Seine Ehefrau war arbeitslos.

Die 1961 geborene Beklagte hatte vor der Eheschließung eine Ausbildung zur Bürokauffrau abgeschlossen. Während der Ehe war sie bis 1994 als Angestellte im öffentlichen Dienst tätig. Danach war sie zeitweilig im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung im Betrieb des Klägers angestellt. Außerdem absolvierte sie eine Ausbildung zur staatlich geprüften Kosmetikerin. Zeitweise betrieb sie ein Kosmetikstudio und einen Naturkostladen. Nach der Trennung nahm sie an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teil und arbeitete seit 2001 halbschichtig als Bürofachkraft. In der Folgezeit war sie wiederholt arbeitslos. Im Jahr 2005 zog sie mit der Tochter auf die Insel B. und scheiterte dort mit dem Versuch, eine selbstständige Tätigkeit in der Wellnessabteilung eines Hotels aufzubauen. Daran schloß sich ein Verbraucherinsolvenzverfahren an.

Die Tochter der Parteien bewohnte seit September 2006 eine eigene Wohnung und wurde vom Kläger unterhalten.

Der nacheheliche Unterhalt war durch das Urteil des Berufungsgerichts vom 22. Januar 2003 auf laufend monatlich 1.402,50 € festgesetzt worden. Eine anschließende Abänderungsklage des Klägers wurde aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2006 vom Amtsgericht abgewiesen. Seine hiergegen eingelegte Berufung nahm der Kläger nach der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 18. April 2007 zurück.

Mit der nunmehrigen Abänderungsklage erstrebte der Kläger, an die Beklagte ab der im Oktober 2008 eingetretenen Rechtshängigkeit seiner Klage keinen nachehelichen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Ferner machte er in der Berufungsinstanz die Rückzahlung überzahlten Unterhalts geltend. Der Kläger berief sich auf eine krankheitsbedingte Einkommensreduzierung. Die Übertragung einer weitergehenden Gewinnbeteiligung auf seinen Sohn sei ebenfalls krankheitsbedingt erfolgt. Die Beklagte komme ihrer Erwerbsobliegenheit nicht nach.

Das Amtsgericht hatte die Abänderungsklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hatte das Berufungsgericht den Unterhalt der Höhe nach bestehen lassen, aber bis einschließlich 31. Dezember 2011 begrenzt. Dagegen wandte sich die Beklagte mit der Revision, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebte. Der Kläger wollte mit der Anschlußrevision eine frühere Reduzierung des Unterhalts erreichen.

Die Revision der Ehefrau führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Der Bundesgerichthof setzte sich zunächst mit dem Einwand der vollschichtigen Erwerbsoliegenheit, der von dem Ehemann in dem Vorverfahren schon erhoben worden war, auseinander und lehnte eine Präklusion ab.

Das Oberlandesgericht hatte demgegenüber die Auffassung vertreten, daß hinsichtlich der Präklusion des Einwandes der vollschichtigen Erwerbsobliegenheit auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht im Oktober 2006 abzustellen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe aber bereits eine Obliegenheit der Ehefrau zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit bestanden. Der Einwand sei aber nicht erhoben worden.

Der Bundesgerichtshof wies zwar in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht darauf hin, daß grds. auf die letzte mündliche Verhandlung i.S.d. § 323 II ZPO a.F. für den Eintritt von Neutatsachen und damit der für die Präklusion entscheidende Zeitpunkt bei Berufungsrücknahmen die letzte mündliche Verhandlung beim Amtsgericht sei, lehnte aber gleichwohl eine Präklusion ab.

Zwar könne grundsätzlich auch ein eine Abänderungsklage abweisendes Urteil mit einer Beurteilung der Zukunftsprognose für künftigen Unterhalt der für die Abänderung maßgebliche Titel sein. Da das Amtsgericht in diesem ersten Abänderungsverfahren in seinem abweisenden Urteil aber keine Prognoseentscheidung zur Vollzeiterwerbstätigkeit der Ehefrau getroffen habe, sondern die Abänderungsklage als unschlüssig wegen unzureichender Darstellung zur Leistungsfähigkeit abgewiesen habe, sei der Ehemann mit seinem Einwand nicht präkludiert.

Der Einwand der Befristung – quasi als einziger Abänderungsgrund – habe Präklusionswirkung, da sich bei dem Aufstockungsunterhalt weder durch die Gesetzesänderung zum 01.01.2008 noch durch die BGH-Rechtsprechung eine Veränderung der Verhältnisse ergeben habe.

Der vorliegende Fall liege allerdings schon insofern anders, als es sich bei dem im Ausgangsverfahren zugesprochenen Unterhalt nicht ausschließlich um Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB gehandelt habe, sondern zum Teil um Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, der einer Befristung nicht zugänglich gewesen sei (zum Verhältnis von Herabsetzung und Befristung in Bezug auf die Präklusion vgl. Senatsurteil vom 23. November 2011 – XII ZR 47/10 – zur Veröffentlichung bestimmt). Durch die Abweisung der zwischenzeitlichen Abänderungsklage im Jahr 2006 sei insoweit keine neue Grundlage geschaffen worden, weil das Urteil des Amtsgerichts insoweit keine Rechtskraftwirkung entfaltet habe.

Demnach hätten sich hier andere wesentliche Umstände verändert, die eine Neubewertung der Befristung nach § 1578 b BGB erforderten. Auch die Wiederverheiratung des Klägers könne in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden, wenn sie nicht bereits im Rahmen der Neubemessung der Leistungsfähigkeit Niederschlag gefunden habe (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 20; Senatsurteil vom 30. März 2011 – XII ZR 63/09 -).