Der Bundesgerichtshof bemängelte in seinem Beschluß vom 09.08.2011 (4 StR 367/11), daß es im konkreten Falle erforderlich gewesen wäre, einen strafbefreienden Rücktritt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB zu prüfen und weitere Feststellungen insbesondere zum Vorstellungsbild des Angeklagten zu treffen. Da dies nicht geschehen sei, bedürft die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung einer neuen Verhandlung und Entscheidung.

In der Sache ging es darum, daß der Angeklagte von dem Landgericht München I u. a. wegen Nötigung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts München vom 15. Februar 2010 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts München vom 26. Oktober 2010 zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts München I hatte der Angeklagte die Zeugin A aufgefordert, ihm ein I-Phone herauszugeben, das er ihr einige Zeit zuvor geliehen hatte. Die Zeugin A. befand sich zu diesem Zeitpunkt in Begleitung des Zeugen S. . Nachdem er eine von der Zeugin mitgeführte Tasche durchsucht hatte, ohne das I-Phone finden zu können, beschimpfte er die Zeugin mit den Worten: „Du Schlampe, du Miststück“. Anschließend zog er eine geladene Schreckschußpistole aus dem Hosenbund und richtete sie auf den Unterkörper des Zeugen S.. Zugleich forderte er den Zeugen auf, sich „zu verpissen“ und drohte ihn „abzuknallen“. Dabei kam es dem Angeklagten darauf an, wegen des I-Phones allein mit der Zeugin A. reden zu können. Die Zeugin A. drückte die Hand des Angeklagten, in der er die Pistole führte, nach unten und bat ihn aufzuhören und zur Vernunft zu kommen. Daraufhin steckte der Angeklagte die Schreckschußpistole wieder in seinen Hosenbund. Der Zeuge S. entfernte sich, nachdem ihn die Zeugin A. dazu aufgefordert hatte und verständigte die Polizei. Bis zu deren Eintreffen unterhielt sich die Zeugin A. weiter mit dem Angeklagten, der dabei seine Waffe entlud.

Das Landgericht hatte das auf das I-Phone gerichtete „Herausgabeverlangen unter Vorhaltung einer Waffe“ als versuchte Nötigung gewertet und in den Beschimpfungen der Zeugin A. eine in Tateinheit hierzu begangene Beleidigung gesehen.

Der Bundesgerichthof hingegen befand, daß eine Verurteilung wegen versuchter Nötigung nicht erfolgen könne, weil ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch in Betracht komme.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative StGB werde wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgebe. Voraussetzung sei, daß der Täter zu diesem Zeitpunkt (Rücktrittshorizont) noch nicht mit einem Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges rechne (unbeendeter Versuch), seine Herbeiführung aber noch für möglich halte. Außerdem müsse die Aufgabe der weiteren Tatausführung freiwillig erfolgen, also auf einer autonom getroffenen Willensentscheidung beruhen. Die Tatsache, daß sich ein affektiv erregter Täter erst unter dem beruhigenden Einfluss eines Dritten zur Aufgabe der weiteren Tatausführung entschlossen habe, stelle für sich genommen die Autonomie seiner Entscheidung nicht in Frage.

Der Angeklagte habe die zur Bedrohung des Zeugen S. verwendete Pistole wieder in den Hosenbund gesteckt, nachdem die Zeugin A. seine Hand nach unten gedrückt und beruhigend auf ihn eingeredet hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der Zeuge S. der Aufforderung des Angeklagten sich zu entfernen, noch nicht nachgekommen. Bei dieser Sachlage wäre es erforderlich gewesen, einen strafbefreienden Rücktritt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB zu prüfen und weitere Feststellungen insbesondere zum Vorstellungsbild des Angeklagten zu treffen. Dies sei nicht geschehen. Die Sache bedürfe daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.