Das Oberlandesgericht Hamm befand in seinem Beschluß vom 09.06.2011 (6 UF 47/11), daß das Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner unter dem Gesichtspunkt ersparter Wohn- und Haushaltskosten die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten mindern könne. Ein leistungsfähiger Partner in diesem Sinne könne nicht nur ein Lebenspartner sein, vielmehr kämen hier auch volljährige Kinder in Betracht, weil die Synergieeffekte des gemeinschaftlichen Wirtschaftens bei einer häuslichen Gemeinschaft eines Elternteils mit einem volljährigen Kind in gleicher Weise eintreten würden wie bei einer Wohngemeinschaft mit einem Lebenspartner.

In dem zugrundeliegenden Verfahren stritten die Parteien um Trennungsunterhalt. Die Antragstellerin bezog in dem Jahr 2010 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen in Höhe von ca. 1.600,00 €, der Antragsgegner in Höhe von etwa 1.900,00 €. Die Antragstellerin war nach der Trennung von dem Antragsgegner mit ihren volljährigen Söhnen in eine Wohnung gezogen. Das Amtsgericht hatte den Antragsgegner zur Zahlung von Trennungsunterhalt verurteilt. Mit der Beschwerde begehrte der Antragsgegner erfolgreich die Berücksichtigung der Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben der Antragstellerin mit ihren leistungsfähigen Söhnen.

Das Oberlandesgericht Hamm wies darauf hin, daß eine Ersparnis im Bereich der Haushalts-und Wohnkosten auch beim Zusammenleben mit anderen Dritten eintreten könne. Die einschlägigen Leitlinien der Oberlandesgerichte (vergl. Ziffer 6.2 der Hammer Leitlinien) enthielten keine Beschränkung auf häusliche Gemeinschaften mit Lebenspartnern. Das Oberlandesgericht Hamm setzte den geldwerten Haushaltsvorteil im vorliegenden Fall mit 10 % des Eigenbedarfs der unterhaltsberechtigten Ehefrau an.

Das Zusammenleben des Unterhaltsschuldners in einer häuslichen Gemeinschaft wirke sich auf der Ebene der Leistungsfähigkeit dergestalt aus, daß sein Selbstbehalt um die entsprechende Ersparnis angehoben werde. Beim Unterhaltsgläubiger werde der errechnete Unterhaltsbedarf entsprechend gemindert.

Für die Annahme einer solchen häuslichen Gemeinschaft spreche im vorliegenden Fall insbesondere, daß die häusliche Gemeinschaft mit den Söhnen schon vor der Trennung längere Zeit angedauert habe, nur kurze Zeit unterbrochen worden sei und nunmehr auch bereits seit über einem Jahr bestehe, so daß von einer gewissen Konstanz ausgegangen werden könne. Nach den Schilderungen der Antragstellerin im Termin bestehe auch tatsächlich eine Hausgemeinschaft, da die Antragstellerin und ihre beiden Söhne gemeinsam wirtschaften, insbesondere jeweils zur Versorgung der Gemeinschaft beitragen würden. Beide Söhne seien als berufstätige Personen leistungsfähig.

Daß die Antragstellerin formal mit ihrem Sohn Q einen sogenannten „Mietvertrag“ über einzelne Zimmer der einheitlichen Wohnung geschlossen habe, sei irrelevant. Ziffer 6.2. der Hammer Leitlinien sei auch dann anwendbar, wenn die Mitglieder einer häuslichen Gemeinschaft die Räumlichkeiten, in denen sie gemeinschaftlich wirtschaften, angemietet hätten. Der Synergieeffekt eines gemeinschaftlichen Wirtschaftens tretet auch bei gemeinschaftlicher Nutzung einer Mietwohnung ein.

Da die häusliche Gemeinschaft hier sogar aus drei leistungsfähigen Personen bestehe, könne der geldwerte Vorteil mit 30 % des Eigenbedarfs bemessen werden, von dem der Antragstellerin 10 % zuzurechnen seien. Der Bedarf der Antragsstellerin betage nach den obigen Ausführungen 1.470,50 €. 10 % hiervon seien 147,00 €.

Damit verbliebe nur noch ein rechnerischer ungedeckter Bedarf der Antragstellerin in Höhe von 19,50 € (166,50 € – 147 €).

Eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung dieses geringfügigen Unterhaltsbetrages komme nach den Umständen des hier zur Beurteilung anstehenden Falles nicht in Betracht. Bei dem hier geschuldeten Trennungsunterhalt zwischen zwei berufstätigen Eheleuten nach § 1361 BGB gehe es wie beim Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB um die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensverhältnisse. Dabei komme es nicht auf eine schematische Gleichbehandlung an, sondern darauf, daß das während der Ehe bestehende Niveau erhalten bleibe. Auch der Trennungsunterhalt sei von dem Gedanken der Eigenverantwortung geprägt, so daß auch hier – abhängig von den Umständen des Einzelfalls – ein Ausschluß der Zahlung geringfügiger Unterhaltsbeträge in Betracht komme (OLG Brandenburg, Urteil vom 14.6.2007 – 9 UF 162/06). In der Rechtsprechung würden zum Teil Beträge, die unterhalb von 50 € liegen, als geringfügig erachtet (OLG Düsseldorf). Sachgerechter erscheine es, bei der Entscheidung, ob auch geringfügige Unterhaltsbeträge gezahlt werden müßten, auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten abzustellen. Eine Zahlung geringfügiger Unterhaltsbeträge komme umso eher in Betracht je beengter die wirtschaflichten Verhältnisse seien. Von beengten wirtschaftlichen Verhältnissen könne im vorliegenden Fall aber nicht die Rede sein. Der Antragstellerin verbleiben nach Abzug der anzuerkennenden Verbindlichkeiten 1.521,50 €. Selbst wenn man die Belastungen aus den Darlehen noch berücksichtigen würde, verfüge die Antragstellerin immer noch über ein zu ihrer Verfügung stehendes Einkommen von 1.150 €. Von beengten wirtschaftlichen Verhältnissen könne daher nicht ausgegangen werden. Das während der Ehe bestehende Niveau bleibe daher auch ohne die Zahlung der sich rechnerisch ergebenden Unterhaltsforderung von 19,50 € monatlich erhalten.