In dem Urteil des Bundesfinanzhof XI R 10/11 15.06.2011 befand das Gericht, daß wenn der Kläger während des Klageverfahrens versterbe, nur dessen Gesamtrechtsnachfolger, nicht aber ein Vermächtnisnehmer das Klageverfahren wirksam aufnehmen könne.

Der Mangel der Prozeßführungsbefugnis sei von Amts wegen und in jeder Lage des Rechtsstreits, also auch in der Revisionsinstanz, zu beachten.

In dem Verfahren war der Vorsteuerabzug aus der Neueindeckung eines asbesthaltigen Daches eines Wohnhauses im Zusammenhang mit der Installation einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie streitig.

Der während des Klageverfahrens verstorbene ehemalige Kläger hatte im Jahr 2007 (Streitjahr) auf dem Dach seines Einfamilienhauses eine PV-Anlage als Auf-Dach-Montage-System errichtet. Mit der Einspeisung des erzeugten Stroms führte er steuerpflichtige Umsätze aus.

In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Oktober 2007 machte er u.a. den Vorsteuerabzug aus der Neueindeckung des Daches geltend. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war nur die Südseite des –asbesthaltigen– Daches erneuert worden, auf dem die PV-Anlage montiert wurde.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) erkannte nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung diesen Vorsteuerabzug nicht an. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Während des anschließenden Klageverfahrens erging am 15. Dezember 2008 ein Umsatzsteuerbescheid für 2007, mit dem wiederum der Vorsteuerabzug aus der Dacheindeckung versagt wurde.

Der ehemalige Kläger verstarb 2010. In seinem Testament hatte er seine Tochter A als Alleinerbin eingesetzt und das Einfamilienhaus einschließlich der PV-Anlage durch ein Vermächtnis seinen beiden Enkeln zu gleichen Teilen zugewandt.

Sowohl die Vermächtnisnehmer als auch die Alleinerbin hatten gegenüber dem Finanzgericht den Rechtsstreit gemäß § 239 der Zivilprozessordnung (ZPO) aufgenommen.

Das Finanzgericht behandelte in seinem Urteil die Vermächtnisnehmer in Gemeinschaft als Klägerin und gab der Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid für 2007 statt

Es führte zur Begründung aus, der ehemalige Kläger habe sein Unternehmen „Stromeinspeisung durch Photovoltaik“ der aus seinen beiden Enkeln bestehenden Gemeinschaft vermacht. Einer notariellen Übertragung habe es für den Eigentumsübergang an der PV-Anlage nicht bedurft, da diese kein wesentlicher Grundstücksbestandteil sei, sondern ein selbstständiges Wirtschaftsgut. Daß die Übertragung der PV-Anlage unabhängig vom Übergang des Grundstückseigentums formlos bereits vorgenommen worden sei, ergebe sich daraus, daß die Umsatzsteuer-Voranmeldungen nunmehr von der Gemeinschaft der Enkel abgegeben würden. Da somit das Unternehmen des ehemaligen Klägers auf die Gemeinschaft der Enkel übergegangen sei, sei diese für Steueransprüche des Unternehmens Rechtsnachfolger.

Die Klage sei begründet. Die Leistungen der Erneuerung der Dachfläche seien für das Unternehmen „Stromeinspeisung
aus Photovoltaik“ bezogen worden. Der Senat folge der Rechtsauffassung des FG Nürnberg in seinem rechtskräftigen Urteil vom 29. September 2009  2 K 784/2009 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 833).

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügte das Finanzmat die Verletzung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes.

Es beantragte, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Bundesfinanzhof erachtete die Revision des Finanzamtes als begründet. Sie führe aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

Das Finanzgericht habe zu Unrecht die Gemeinschaft der Vermächtnisnehmer des ehemaligen Klägers als dessen Rechtsnachfolgerin und Klägerin angesehen.

Da der ehemalige Kläger während des Klageverfahrens verstorben sei, sei das Klageverfahren gemäß § 239 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO bis zur wirksamen Aufnahme durch den Rechtsnachfolger unterbrochen worden.

Mit dem Tod einer Person (Erbfall) gehe deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über (§ 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–). Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) würden bei der Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger übergehen.

Nach ständiger Rechtsprechung trete danach der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger in einem umfassenden Sinne sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein.

Ausgenommen davon seien lediglich –hier nicht vorliegende– höchstpersönliche Verhältnisse und unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpfte Umstände (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 13. Januar 2010 V R 24/07, BFHE 229, 378).

Der Erblasser könne zwar nach § 1939 BGB durch Testament einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwenden (Vermächtnis).

Bei einem Vermächtnis (§ 1939 BGB) liege aber keine Gesamtrechtsnachfolge i.S. von § 45 AO und § 239 ZPO vor, da es nur einen schuldrechtlichen Anspruch des Vermächtnisnehmers auf Übertragung einzelner Vermögensgegenstände begründe (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 1975 IV R 213/71, BFHE 116, 254).

Durch den Tod des während des Klageverfahrens verstorbenen Erblassers sei deshalb die Alleinerbin A in dessen abgabenrechtliche Stellung hinsichtlich des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids für 2007 eingetreten. Sie hätte deshalb vom Finanzgericht als Rechtsnachfolgerin und Klägerin angesehen werden müssen.

Unerheblich sei, daß das Vermächtnis nach dem Tode des Erblassers nach Auffassung des Finanzgerichts im Jahr 2010 hinsichtlich der PV-Anlage vollzogen worden sei. Selbst wenn das Unternehmen seitdem auf die Vermächtnisnehmer übergegangen wäre, hätte dies nicht die Rechtsstellung hinsichtlich des in der Vergangenheit ergangenen Umsatzsteuerbescheids für 2007 betroffen.

Zur Fortführung des Prozesses sei nur der Rechtsnachfolger befugt, nur er besitze die notwendige Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis (vgl. BFH-Urteil in BFHE 116, 254, BStBl II 1975, 739).

Das Finanzgericht hätte deshalb gegen die Gemeinschaft der Vermächtnisnehmer kein Urteil in der Streitsache erlassen dürfen.

Der Mangel der Prozessführungsbefugnis sei von Amts wegen und in jeder Lage des Rechtsstreits, also auch in der Revisionsinstanz, zu beachten (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 116, 254, BStBl II 1975, 739; vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, unter II.1.a).