In seiner Entscheidung des vom 26.10.2011 befaßte sich der Bundesgerichtshof mit der sekundären Darlegungslast des Berechtigten für ehebedingte Nachteile bei Befristung des nachehelichen Unterhalts (XII ZR 162/09).

In dem zugrundeliegenden Verfahren begehrte der unterhaltsverpflichtete Ehemann die Abänderung eines nachehelichen Unterhaltsvergleichs, mit dem Ziel der Reduzierung und Befristung des Unterhalts.

Die Parteien hatte eine fast 20jährige Hausfrauenehe geführt, aus der drei zwischenzeitlich volljährige Kinder hervorgegangen waren. Die Ehefrau war gelernte Damenschneiderin und hatte in diesem Beruf bis zur Geburt des ersten Kindes gearbeitet. Seit der Scheidung der Parteien übte sie eine Teilzeitbeschäftigung als Kommissioniererin in einem Bekleidungsunternehmen aus und war aktuell mit einem Arbeitsumfang von 30 Wochenstunden tätig.

Der Ehemann bezog eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Sowohl das Amtsgericht als auch das OLG hatten den Unterhaltsanspruch der Ehefrau herabgesetzt, eine zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs jedoch wegen Bestehens ehebedingter Nachteile abgelehnt.

Der Bundesgerichthof hob die Entscheidung des OLG auf und verwies den Rechtsstreit zurück.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshof waren der Ehefrau  mangels konkreter Darlegung keine ehebedingten Nachteile entstanden. In seiner Entscheidung konkretisierte der BGH die Anforderungen an den Vortrag des Berechtigten, der sich gegen eine Begrenzung seines Unterhaltsanspruch wende.

Danach müsse der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollten.

Dabei genüge der Berechtigte seiner sekundären Darlegungslast, wenn er vorträge, daß es mit zunehmender beruflicher Erfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit zu einer Gehaltssteigerung gekommen wäre und hierbei auf Erfahrungssätze bzw. entsprechende tarifliche Regelungen verweise. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genüge, müßten die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltsverpflichteten widerlegt werden.

Wolle der Unterhaltsberechtigte einen beruflichen Aufstieg behaupten, müsse er darüber hinaus die behaupteten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten konkret darlegen. Dafür müsse er konkret darlegen, welche beruflichen Aufstiegs- und Qualifizierungsmöglichkeiten in seinem speziellen Berufsfeld für ihn bestanden hätten und ob er hierfür die genügende Eignung und Bereitschaft aufgebracht hätte.

Der vorliegende Vortrag der Ehefrau, ohne die Eheschließung sei sie schon viel früher in ihren heutigen Tätigkeitsbereich gewechselt, reiche nicht.

Das Berufungsgericht sei statt dessen ohne näheren Vortrag der Beklagten davon ausgegangen, daß das Entstehen ehebedingter Nachteile nicht ausgeschlossen werden könne, weil die Beklagte nicht (mehr) in der Lage sei, in dem von ihr einmal erlernten Beruf vollschichtig zu arbeiten, und die Möglichkeit offenbleibe, daß ihre Chancen im Erwerbsleben ohne Ehe und Kinderbetreuung besser wären, als sie es tatsächlich seien. Eine solche Annahme werde in dieser Allgemeinheit aber den Anforderungen an einen substantiierten Sach-vortrag nicht gerecht. Sie wäre für den beweisbelasteten Kläger auch nicht in zumutbarer Weise zu widerlegen.

Hierzu hätte es vielmehr des Vorbringens der Beklagten bedurft, welche berufliche Entwicklung sie ohne die Eheschließung und die Übernahme der Hausfrauenrolle geplant oder zu erwarten gehabt hätte, welche Aufstiegs- und Qualifizierungsmöglichkeiten in ihrem speziellen Berufsfeld für sie bestanden hätten und ob sie hierfür eine genügende Bereitschaft aufgebracht hätte. Zudem sei in Rechnung zu stellen, daß sich aus anderen als in der ehelichen Rollenverteilung begründeten Ursachen keine ehebedingten Nachteile ergeben können.

Insoweit habe das Berufungsgericht etwa angeführt, dass sich der Arbeitsmarkt in der Textilindustrie zunehmend verschlechtert habe, was jedenfalls gegen einen nachhaltigen Aufstieg der Beklagten im Beruf der Damenschneiderin sprechen dürfte. Zudem seien auch gesundheitlich bedingte Einschränkungen regelmäßig nicht ehebedingt.

Bei der Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hätte sich bei zunehmend verschlechterten Möglichkeiten ohne die eheliche Rollenverteilung schon früher für einen Wechsel in ihr heutiges Berufsfeld entschieden, mangele es schon an einer konkreten Darstellung, welche besseren Entwicklungsmöglichkeiten in diesem Fall bestanden hätten. Auch insoweit sei der Beklagten eine konkrete Darlegung zumutbar. Ihr Vorbringen, daß sie ohne Eheschließung ihren Meister gemacht und sogar eine Leitungsposition in einer Textilfabrik erlangt hätte, habe das Berufungsgericht zwar bezweifelt, aber letztlich offengelassen, so daß es insoweit auch in der Revisionsinstanz nicht abschließend beureilt werden könne.

Mit ihrem vom Berufungsgericht zugrundegelegten Sachvortrag habe die Beklagte demnach nicht ausreichend dargelegt, worin ein ehebedingter Nachteil liegen solle. Falls die Beklagte, wie bereits im vorausgegangenen Urteil des Berufungsgerichts aus dem Jahr 2005 angenommen, außerhalb ihres jetzigen Tätigkeitsfelds nur als ungelernte Kraft vermittelbar wäre und dann kein höheres Einkommen erzielen könnte, fehle es an einer Begründung, daß ihre heutige Arbeitsstelle ihr nicht das Einkommensniveau bietee, das sie ohne die eheliche Rollenverteilung erzielen könnte. Daß sie nur mit 30 Wochenstunden und nicht vollschichtig arbeiten müsse, liege nach den Feststellungen des Berufungsgerichts darin begründet, daß ihr wegen der fortbestehenden gesundheitlichen Einschränkungen eine Ausdehnung ihrer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar sei. Die gesundheitlichen Einschränkungen seien aber vom Berufungsgericht als ehebedingter Nachteil zutreffend ausgeschlossen worden.