Das Oberlandesgericht Frankfurt befand in seiner Entscheidung vom 3 WF 150/11 07.07.2011, daß in Gewaltschutzsachen die Einreichung eines ansonsten mit einem eA-Antrag inhalts-und zeitgleichen  Hauptsacheantrags (auch) dann mutwillig sei, wenn der einzige Unterschied darin bestehe, daß statt oder neben der eigenen eidesstattlichen Versicherung die Vernehmung von Zeugen angeregt werde.

In dem zugrundeliegenden Verfahren begehrte die Antragstellerin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine Anordnung nach § 1 Gewaltschutzgesetz (GewSchG).

Mit ihrer Antragsschrift vom 09.05.2011 beantragte sie, dem Antragsgegner zu verbieten, sich im Umkreis von 100 m ihrer Wohnung in X. sowie der Wohnung ihrer Mutter in Y. aufzuhalten, sich ihr auf weniger als 100 m zu nähern, ihr aufzulauern, mit ihr unter Anwendung von Fernkommunikationsmittel Verbindung aufzunehmen und ein Zusammentreffen mit ihr herbeizuführen.

Zur Begründung trug sie vor, daß die Beteiligten von Juni 2008 bis Ende September 2010 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammengelebt hätten, aus der zwei knapp 2 und knapp 3 Jahre alte Kinder hervorgegangen seien. Nach der Trennung sei der Antragsgegner ihr gegenüber gewalttätig geworden, habe sie in Anwesenheit Dritter und der Kinder mißhandelt, wovon sie Prellungen und Hämatome davongetragen habe, habe sie ins Gesicht geschlagen, ihr ins Gesicht gegriffen, sie bedroht, beschimpft und mit dem Tode bedroht.

Gleichzeitig und offenbar mit derselben Begründung stellte einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung. Mit dem angefochtenen Beschluß lehnte das Amtsgericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung ab, daß es mutwillig sei, zeit- und inhaltsgleich in einem Gewaltsschutzverfahren einen Hauptsacheantrag und einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zu stellen.

Mit ihrer dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde machte die Antragstellerin geltend, daß sie anders als in ähnlichen von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen paralleler Einreichung von Hauptsache- und einstweiligen Anordnungsanträgen ihren einstweiligen Anordnungsantrag auf eine eigene eidesstattliche Versicherung, den Hauptsacheantrag dagegen auf die Vernehmung von Zeugen gestützt habe.

Es sei ihr daher nicht zuzumuten gewesen, den Hauptsacheantrag gegebenenfalls erst nach der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung anhängig zu machen. Außerdem gewähre eine antragsgemäß ergehende einstweilige Anordnung lediglich einen befristeten Schutz.

DAs Oberlandesgericht Frankfurt a. M. befand die sofortige Beschwerde als nicht begründet.

Zu Recht habe das Amtsgericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Hauptsacheantrag gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 S. 1 ZPO ab, da die Einreichung des lediglich hinsichtlich der benannten Beweismittel abweichenden, ansonsten aber inhaltsgleichen Hauptsacheantrags gleichzeitig mit einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung aufgrund des Gewaltschutzgesetzes als mutwillig anzusehen sei.

Eine Versagung der Verfahrenskostenhilfe mit dieser Begründung verstoße nicht gegen den Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit gem. Art. 3 Abs. 1 i.V.m. 20 Abs. 3 Grundgesetz, da derjenige, der die Verfahrenskosten nicht aus eigenen Mitteln tragen könne, nur demjenigen „Bemittelten“ gleichgestellt werden müsse, der seine Prozeßaussichten vernünftig abwäge und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtige (BVerfG).

Demzufolge gelte eine Rechtsverfolgung dann als mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Ein verständiger Beteiligter, der seine Verfahrenskosten selbst tragen müsse und nicht vom Steuerzahler finanziert bzw. vorfinanziert erhalte, würde nicht gleichzeitig und inhaltsgleich mit dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Gewaltsschutzanordnung (§ 214 FamFG) auch einen Hauptsacheantrag einreichen, der lediglich anstelle der eigenen eidesstattlichen Versicherung die Anregung der Vernehmung von Zeugen enthalte, würde stattdessen zumindest abwarten, bis die gerichtliche Entscheidung über den einstweiligen Anordnungsantrag vorliege. Denn es sei zu erwarten, daß er bereits mit dem vorläufigen Verfahren sein Rechtsschutzziel erreichen würde.

Verfahren in Gewaltsschutzsachen (§§ 210-216a FamFG) seien zwar Antragsverfahren, es gelte jedoch der Amtsermittlungsgrundsatz und dies auch im Falle einer beantragten einstweiligen Anordnung. Dem Familiengericht stehe es frei, unter Beachtung der Eilbedürftigkeit auch im einstweiligen Anordnungsverfahren benannte Zeugen zu hören, insbesondere dann, wenn sie als präsente Zeugen zum Anhörungstermin gestellt würden (vgl. § 31 Abs. 2 FamFG). Die Zulassung der eigenen eidesstattlichen Versicherung zur Glaubhaftmachung der Voraussetzungen für die Gewaltsschutzanordnung (§§ 51 Abs. 1 S. 2 und 31 Abs. 1 FamFG) sei lediglich eine für das einstweilige Anordnungsverfahren wegen der besonderen Eilbedürftigkeit gewährte Erleichterung. Sowohl im Hauptsache- wie im einstweiligen Anordnungsverfahren sollten die gerichtlichen Anordnungen befristet werden und könne die Frist verlängert werden (§ 1 Abs. 1 S. 2 Gewaltschutzgesetz).

Wenn der eine Maßnahme nach dem Gewaltschutzgesetz begehrende Beteiligte seine Antragsschriften auf identische Sachverhaltsschilderungen zu stützen und ein identisches Rechtsschutzziel zu formulieren gedenke, sei – jedenfalls bis zum Abschluß des einstweiligen Anordnungsverfahrens – nicht zu erkennen, daß er mit einem Hauptsacheantrag diesem Rechtsschutzziel näher komme als mit dem einstweiligen Anordnungsantrag. „Die im Wege einstweiliger Anordnung getroffenen Schutzmaßnahmen kommen“ – wie es das OLG Saarbrücken in seinem Beschluss vom 12.07.2010 (6 UF 42/10) ausdrücke – „aus Gründen des gebotenen effektiven Opferschutzes in ihrer persönlichen, örtlichen und gegenständlichen Reichweite meist den in einer deckungsgleichen Hauptsache zu erlassenden zumindest sehr nahe, wenn nicht gleich“.

Auch die grundsätzlich vorläufige Natur einer einstweiligen Anordnung in Gewaltsschutz Sachen (siehe § 214 FamFG) nötige nicht zur gleichzeitigen Anhängigmachung eines Hauptsacheverfahrens. In der großen Mehrheit der Fälle erledige sich die Gewaltsschutz Angelegenheit im einstweiligen Anordnungsverfahren oder aufgrund des einstweiligen Anordnungsverfahrens. Auch deswegen sei ein Zuwarten mit einem etwaigen Hauptsacheantrag jedenfalls bis zum Abschluß des einstweiligen Anordnungsverfahrens zumutbar und sinnvoll. Schon die gesetzliche Regelung in § 52 FamFG machten deutlich, daß eine verständige Partei sich so verhalten würde. Diese würde dabei insbesondere auch das doppelte Kostenrisiko berücksichtigen.

Wie hier hätten das OLG Celle und das OLG Zweibrücken entschieden. Die vorliegende Entscheidung stehe nicht in Widerspruch zur Entscheidung des OLG Hamm vom 09.12.2009 (10 WF 274/09). Denn das OLG Hamm hätte einen Fall zu entscheiden ehabt, in dem es um die Räumung der gemeinsamen Wohnung gegangen sei und der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Anordnung von vornherein auf die Dauer von 3 Monaten befristet gewesen sei, während der Antrag im Hauptsacheverfahren keine Befristung enthalten habe.