Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 28.09.2011 (XII ZB 16/11) ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen nach § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG regelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrensgegenstand die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen läßt. Für einen in diesem Sinne umfassenden Verfahrensgegenstand spreche, daß die vom Gericht getroffene Maßnahme die Betreuung auf Aufgabenkreise erstrecke, die in ihrer Gesamtheit alle wesentlichen Bereiche der Lebensgestaltung des Betroffenen umfassen würden (im Anschluß an Senatsbeschluss vom 4. August 2010 – XII ZB 167/10 -)

In dem Verfahren wandte sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde gegen die Anordnung der Betreuung und des Einwilligungsvorbehalts. Das Rechtsmittel führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung aufgrund eines von dem Bundesgerichtshof festgestellten Verfahrensmangels.

Nach der Anicht des Bundesgerichtshof hätte für den Betroffenen ein Verfahrenspfleger bestellt werden müssen. Danach sei gemäß § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG die Bestellung eines Verfahrenspflegers geboten, wenn der Gegenstand des Verfahrens die Bestellung eines Betreuers in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lasse. Davon ging der Bundesgerichtshof aus, da das Landgericht die Betreuung auf alle Aufgabenkreise erstreckt hatte, die in ihrer Gesamtheit alle wesentlichen Bereiche der Lebensgestaltung des Betroffenen umfaßten. Für den Betroffenen war nämlich mit Beschluß vom 15. November 2010 eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post angeordnet und ein Betreuer bestellt worden. Außerdem war angeordnet worden, daß der Betroffene zu Willenserklärungen, die den Aufgabenkreis der Vermögenssorge beträfen, der Einwilligung des Betreuers bedürfe.

Die Bestellung eines Verfahrenspfleger solle allerdings unterbleiben, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten würden (§ 276 Abs. 4 FamFG). Denn wenn der Betroffene für seine Vertretung in dem Verfahren selbst Sorge trage, bestehe für die Bestellung eines Verfahrenspflegers kein Bedürfnis; die Vertretung durch einen Anwalt habe vielmehr Vorrang.

Im Hinblick hierauf sei vorliegend die Bestellung eines Verfahrenspflegers im Beschwerdeverfahren indessen nicht entbehrlich gewesen. Denn der Rechtsanwalt, der den Betroffenen in erster Instanz vertreten habee, habe zeitgleich mit dem Erlaß der amtsgerichtlichen Entscheidung das Mandat für den Betroffenen niedergelegt.

Gleichwohl könne nach § 276 Abs. 2 Satz 1 FamFG unter den bereits genannten Voraussetzungen von der Bestellung eines Verfahrenspflegers abgesehen werden. Eine Verfahrenspflegschaft sei nur dann nicht anzuordnen, wenn sie einen rein formalen Charakter hätte (Senatsbeschluß vom 4. August 2010 – XII ZB 167/10 -). Ob es sich um einen Ausnahmefall im Sinne dieser Umschreibung handele, sei aufgrund der nach § 276 Abs. 2 Satz 2 FamFG vorgeschriebenen Begründung zu beurteilen.

Der angefochtene Beschluß enthalte indessen keine Begründung für die unterbliebene Bestellung eines Verfahrenspflegers. Deshalb lasse sich weder feststellen, aus welchen Erwägungen von der Anordnung einer Verfahrenspflegschaft abgesehen worden sei noch daß diese Entscheidung ermessensfehlerfrei zustande gekommen sei. Daß der vor dem Landgericht anwaltlich nicht vertretene Betroffene seine Interessen selbst hätte wahrnehmen können, erscheine angesichts des bei ihm vorliegenden Krankheitsbildes und der dargestellten mangelnden Krankheitseinsicht fernliegend.

Die Entscheidung des Landgerichts beruhe auf der Nichtbestellung des Verfahrenspflegers. Denn es lasse sich nicht ausschließen, daß das Landgericht nach Hinzuziehung eines Verfahrenspflegers aufgrund dessen Stellungnahme zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre.