Der Bundesgerichthof befaßte sich in seinem Beschluß vom 19.10-2011 mit einem Fall der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist  (XII ZB 250/11).

In dem Verfahren hatte der Antragsteller die Abänderung eines Unterhaltsurteils begehrt.

Das Amtsgericht hatte dem Antrag nur teilweise stattgegeben. Der am 24. November 2010 verkündete Beschluß wurde dem Antragsteller am 26. November 2010 zugestellt. Am 2. Dezember 2010 ging seine Beschwerde beim Amtsgericht ein.

Mit einem am 27. Januar 2011 per Fax beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründete der Antragsteller seine Beschwerde. Nach einem Hinweis des Oberlandesgerichts vom 4. März 2011, daß die Beschwerdebegründung nicht fristgerecht eingegangen sei, beantragte der Antragsteller am 15. März 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist.

Das Oberlandesgericht versagte hat dem Antragsteller die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und verwarf seine Beschwerde als unzulässig. Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

Der Bundesgerichthof erachtete die Rechtsbeschwerde zwar als statthaft, nicht aber als zulässig mangels rechtzeitiger Beschwerdebegründung. Zu Recht sei die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand versagt worden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt würden (Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2004 – XII ZB 263/03-; XII ZB 164/03; zuletzt Senatsbeschluss vom 6. Juli 2011 – XII ZB 88/11 -). In diesem Fall müsse der Rechtsanwalt eigenverantwortlich stets auch alle weiteren unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen. Für die Beschwerdebegründungsfrist nach § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG sei ihm das schon ab der Zustellung des Beschlusses möglich und zumutbar, weil die zweimonatige Begründungsfrist mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses beginne.

Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers die Akte jedenfalls mit Ablauf der notierten Vorfrist am 20. Januar 2011 zur Fertigung der Beschwerdebegründung vorgelegt. Er hätte zu diesem Zeitpunkt die Begründungsfrist auf ihre Richtigkeit überprüfen müssen. Wäre der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers dieser Verpflichtung nachgekommen, hätte er den fehlerhaft für den 27. Januar 2011 notierten Fristablauf feststellen und die Beschwerdebegründung fristgemäß bis zum 26. Januar 2011 beim Oberlandesgericht einreichen können. Dieses Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten müsse sich der Antragsteller zurechnen lassen.

Ferner wies der Bundesgerichtshof in seinem Beschluß darauf hin, daß die Beschwerdefrist durch die schriftliche Bekanntgabe des amtsgerichtlichen Beschlusses in Gang gesetzt worden sei. Der Beschuß sei am 24.11.2010 ordnungsgemäß verkündet worden. Auf die Zustellung des Beschlusses gem. § 41 I 2 FamFG komme es für eine wirksame Verkündung nicht an, da diese Vorschrift nach § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG in Familienstreitsachen keine Anwendung finde.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sei die Beschwerdebegründungsfrist auch mit der schriftlichen Bekanntgabe des amtsgerichtlichen Beschlusses an den Antragsteller in Gang gesetzt worden.

Die Rechtsbeschwerde gehe zwar im Ansatz zutreffend davon aus, daß bei Fehlen einer wirksamen Verkündung des Beschlusses der Lauf der Rechtsmittelfristen nicht hätte beginnen können (vgl. BGHZ – GSZ – 14, 39, 44; Senatsurteil vom 13. April 2011 – XII ZR 131/09).

Der angegriffene Beschluss sei jedoch am 24. November 2010 ordnungsgemäß verkündet worden.

Da nach § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG in Familienstreitsachen die Regelung des § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG, wonach die Bekanntgabe eines Beschlusses mit der Zustellung bewirkt werde, keine Anwendung finde, seien Entscheidungen in Familienstreitsachen nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i. V. m. §§ 311 Abs. 2 Satz 1, 329 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu verkünden. Diese Voraussetzung sei vorliegend erfüllt. Ausweislich des Protokolls vom 24. November 2010 sei eine förmliche Verkündung des angegriffenen Beschlusses erfolgt.

Soweit die Rechtsbeschwerde die Verkündung des Beschlusses für unwirksam halte, weil die Richterin das Verkündungsprotokoll nur mit einer Paraphe unterzeichnet habe, könne dem nicht gefolgt werden. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genüge als Unterschrift ein Schriftzug, der individuellen Charakter aufweise und einem Dritten, der den Namen des Unterzeichnenden kenne, ermögliche, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauszulesen, der Unterzeichnende also erkennbar bleibe. Die Unterschrift müsse zwar nicht unbedingt lesbar sein, mindestens einzelne Buchstaben müßten aber – wenn auch nur andeutungsweise – zu erkennen sein, weil es sonst an dem Merkmal einer Schrift fehle. Anzulegen sei ein großzügiger Maßstab, wenn im übrigen an der Autorenschaft und der Absicht, eine volle Unterschrift zu leisten, keine Zweifel bestehen würden (BGH Beschluß vom 16. September 2010 – IX ZB 13/10 -). Dagegen stelle ein Schriftzug, der als bewußte und gewollte Namensabkürzung erscheine (Handzeichen, Paraphe), keine formgültige Unterschrift dar (BGH Urteil vom 10. Juli 1997 – IX ZR 24/97 -).

Gemessen an diesen Grundsätzen reiche die Unterschrift der Richterin unter dem Verkündungsprotokoll aus, um von einer hinreichenden Individualisierbarkeit auszugehen. Im Gegensatz zu dem angegriffenen Beschluß, der eine gut lesbare Unterschrift trage, habe die Richterin das Verkündungsprotokoll zwar undeutlicher unterzeichnet. Ein objektiver Betrachter könne den Schriftzug aufgrund des klar erkennbaren Anfangsbuchstabens jedoch als Unterschrift der Richterin identifizieren. Eine Lesbarkeit der Unterschrift sei nicht erforderlich. Das Erscheinungsbild mache auch deutlich, daß eine volle Unterschriftsleistung gewollt gewesen sei.

Weil der Antragsteller die Frist zur Begründung seiner Beschwerde nicht schuldlos versäumt habe, habe das Oberlandesgericht ihm die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 113 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 233 ZPO zu Recht versagt. Auch die Verwerfung der Beschwerde nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i. V. m. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO sei deswegen nicht zu beanstanden.