In dem Verfahren vor dem Finanzgericht Köln (4 V 2831/11) war es streitig, ob die männlichen Antragsteller einen Anspruch darauf hätten, daß für sie auf ihren Lohnsteuerkarten die Steuerklasse IV unter Anwendung des Faktorverfahrens bescheinigt wwerde, obwohl sie nicht verheiratet waren, sondern in einer Lebenspartnerschaft lebten. 

Das Finanzgericht Köln entschied in seinem Beschluß vom 07.12.2011, daß eingetragene Lebenspartner bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der Lohn- und Einkommensteuer vorläufig wie Ehegatten zu behandeln seien.

Das Finanzgericht Köln stützte sich dabei im wesentlichen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 zur Erbschaftsteuer. In diesem Verfahren hatte das Bundesverfassungsgericht die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Erbschaftsteuerrecht als verfassungswidrig angesehen.

Das Gericht hielt es für möglich, daß auch das Einkommensteuerrecht insoweit verfassungswidrig sei, als es zwischen Ehe und eingetragener Lebensgemeinschaft differenziere. Die zu dieser Frage beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden hätten hiernach durchaus Erfolgsaussichten.

Zwar widerspreche diese Beurteilung der bisherigen Rechtsprechung des BFH. Denn der BFH habe in seiner bisherigen Rechtsprechung die steuerliche Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften beim Veranlagungswahlrecht wegen der Förderung von Ehe und Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG für gerechtfertigt angesehen (vgl. BFH-Urteile vom 26.1.2006 – III R 51/05, BFHE 212, 236, BStBl II 2006, 515, vom 20.7.2006 – III R 8/04, BFHE 214, 347, BStBl II 2006, 883 und vom 19.10.2006 III R 29/06, BFH/NV 2006, 63). Indes seien sämtliche genannten Entscheidungen des BFH vor der Entscheidung des BVerfG vom 21.07.2010 – 1 BvR 611/07, 1 BVR 2464/07, BVerfGE 126, 400, BFH/NV 2010, 1985 – ergangen.

Gegen sämtliche genannten Entscheidungen des BFH seien Verfassungsbeschwerden anhängig (2 BvR 288/07, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 909/06). Diese könnten wegen der Entscheidung des BVerG vom 21.07.2010 erfolgreich sein.

Die Beurteilung des Senats entspreche demgegenüber einer Vielzahl von finanzgerichtlichen Beschlüssen, die nach der Entscheidung des BVerfG ergangen seien (vgl. u. a. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.09.2011, 3 V 2820/11, FG Nürnberg Beschluss vom 16.08.2011, 3 V 868/11, FG Niedersachsen, Beschlüsse vom 15.06.2011, 3 V 125/11, vom 1.12.2010, 13 V 239/10 und 09.11.2010, 10 V 309/10). In sämtlichen Beschlüssen sei übereinstimmend die Ansicht vertreten worden, daß ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Partnern einer Lebenspartnerschaft von den Anwendungen der Regelungen über das Ehegatten Splitting bestünden. Zwar habe der BFH einen der genannten Beschlüsse aufgehoben und gegenteilig entschieden (vgl. BFH-Beschluss vom 08.06.2011, III B 210/10). Die Entscheidungen des BFH seien aber aus anderen Gründen erfolgt und ließen die materielle Rechtsfrage offen.

Auf Grund der Entscheidung des BVerfG vom 21.07.2010 – 1 BvR 611/07, 1 BVR 2464/07, BVerfGE 126, 400, BFH/NV 2010, 1985 könnten auch die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren III 36/10, III R 103/07, III R 83/06, III R 14/05, III R 13/05, III R 12/05, III R 11/05, die sich ausnahmslos gegen Urteile richten würden, in denen eine Zusammenveranlagung gleichgeschlechtlicher Personen abgelehnt worden war, für die Kläger jener Verfahren erfolgreich sein.

Allein die Tatsache, daß mehrere Finanzgerichte nach Ergehen der Entscheidung des BVerfG vom 21.07.2010 – – 1 BvR 611/07, 1 BVR 2464/07, BVerfGE 126, 400, BFH/NV 2010, 1985 übereinstimmend die Ansicht vertreten hätten, daß ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Partnern einer Lebenspartnerschaft von den Anwendungen der Regelungen über das Ehegatten Splitting bestehen würden, rechtfertige es im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide zu bejahen.