Mit dem Beschluß des Bundesgerichtshof 30.06.2011 IX ZR 35/10 gilt ein richterlicher Hinweis, der nicht aktenkundig gemacht worden ist, gemäß § 139 Abs. 4 S. 2 ZPO als nicht erteilt. Es darf daher kein Beweis erhoben werden zu der Frage, ob die Vorinstanz einen Hinweis erteilt hat.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem sich eine Bimssteinfertigungsanlage befand. Beides wollte sie verkaufen. Sie beauftragte den Beklagten zu 3 als Makler. Dem Beklagten zu 1, einem Rechtsanwalt, erteilte sie wenig später „Handlungsvollmacht sowie Verhandlungsvollmacht“ mit der Einschränkung, daß „bei entsprechenden Kaufangeboten

[…] Zustimmung nur in Absprache“ mit der Klägerin erfolgen dürfe. Am 31. Januar 2006 veräußerte die Klägerin – vertreten durch den Beklagten zu 1 – die Anlage für 30.000 € an ein kasachisches Unternehmen, das der Beklagte zu 2 vertrat.

Die Klägerin machte geltend, der Beklagte zu 1 habe die Anlage ohne ihre Zustimmung zum Preis von 30.000 € verkauft, obwohl er den wesentlich höheren Wert der Anlage und die gleichfalls höhere Kaufpreisvorstellung der Klägerin gekannt habe. Alle drei Beklagten hätten kollusiv zusammengewirkt, um die Klägerin zu schädigen. Das Landgericht wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Zur Begründung führte das Berufungsgericht aus, aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme sei es überzeugt, daß das Landgericht die Klägerin darauf hingewiesen habe, sie sei nunmehr darlegungs- und beweispflichtig für ihre Behauptung, der Beklagte zu 1 habe den Kaufvertrag ohne ihre ausdrückliche Zustimmung abgeschlossen. Ihr im Berufungsrechtszug erstmals geltend gemachtes Vorbringen, sie sei am 31. Januar 2006 erst um 12.00 Uhr von einem Friseurtermin nach Hause gekommen, wo sie der Zeuge A. W. bereits erwartet habe, der bestätigen könne, daß sie kein Telefongespräch mit dem Beklagten zu 1 geführt habe, werde gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Das Berufungsgericht ließ die Revision nicht zu.

Der Bundesgerichtshof erkannte die Nichtzulassungsbeschwerde als statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO), zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO) und begründet.

Das Berufungsgericht habe mit der Zurückweisung des Beweisantritts der Klägerin deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Ihm sei es verwehrt gewesen, zur Frage Beweis zu erheben, ob das Landgericht die Klägerin auf deren Darlegungs- und Beweislast hingewiesen habe.

Nach der Vorschrift des § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO könne die Erteilung rechtlicher Hinweise nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Sofern diese die Erteilung eines Hinweises nicht hinreichend dokumentierten, gelte dieser als nicht erteilt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2005 – II ZR 366/03). Wie bereits die Begründung des Regierungsentwurfs zu dieser Vorschrift ausführt (BT-Drucks. 14/4722, S. 78), dürfe daher kein Beweis erhoben werden zur Frage, ob die Vorinstanz einen Hinweis erteilt habe.

Die vom Berufungsgericht aus der Vernehmung der Mitglieder des Prozeßgerichts der ersten Instanz und der übrigen benannten Zeugen gewonnene Überzeugung, wonach das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2008 den erforderlichen Hinweis erteilt habe, trage daher die Zurückweisung des angeführten Beweisantritts im Berufungsverfahren nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts sei auch nicht aus anderen Gründen richtig. Durch das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2008, wonach die Kammer „die behauptete Pflichtverletzung, insbesondere im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislasten“ erörtert habe, werde die Erteilung eines ausreichenden Hinweises nicht gemäß § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO durch den Akteninhalt nachgewiesen.

Das Gericht genüge seiner Hinweispflicht nicht, wenn es lediglich allgemeine oder pauschale Hinweise erteile (BGH, Urteil vom 22. September 2005 – VII ZR 34/04, BGHZ 164, 167, 173). Ausnahmsweise könne ein bloßer Protokollvermerk über die Erörterung der Sach- und Rechtslage als Dokumentation des Hinweises auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit ausreichen, wenn sich die Erteilung eines solchen Hinweises auch aus dem anschließenden Schriftsatz einer Prozeßpartei ergebe (BGH, Urteil vom 13. Juli 2005 – IV ZR 47/04).

Vorliegend lasse sich weder aus dem angeführten Verhandlungsprotokoll noch aus dem sonstigen Akteninhalt verläßlich erschließen, das Landgericht habe einen ausreichenden Hinweis erteilt. Die protokollierte Erörterung der Darlegungs- und Beweislast belege nicht, daß die Klägerin darauf hingewiesen worden sei, nach dem nun erfolgten substantiierten Vortrag des Beklagten zu 1 habe nunmehr die Klägerin die von ihr behauptete negative Tatsache dazulegen und nachzuweisen.

Auch ergäben sich aus der Akte keine weiteren Anzeichen dafür, daß das Landgericht hierauf hingewiesen habe.

Die Gehörsverletzung sei auch entscheidungserheblich. Dies sei dann anzunehmen, wenn nicht auszuschließen sei, das Gericht hätte bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden (BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 – V ZR 187/02). Hätte das Berufungsgericht den weiteren Sachvortrag und Beweisantritt der Klägerin im Berufungsrechtszug zugelassen, so hätte es sich möglicherweise im Rahmen der gebotenen Beweisaufnahme davon überzeugen können, daß die Klägerin die vom Beklagten zu 1 behauptete Zustimmung zu dem streitgegenständlichen Kaufvertrag nicht erteilt habe.