In dem Verfahren vor dem Landessozialgericht NRW (Urteil vom 26.09.2011, L 3 R 251/11) stritten die Beteiligten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) über die Rechtmäßigkeit der (Teil-) Aufhebung eines Rentenbewilligungsbescheides der Beklagten und der Rückforderung überzahlter Rentenleistungen in Höhe von 1.621,86 €, weil der Kläger vom 01.01. bis zum 30.06.2006 neben der Rente Einkommen erzielt hatte.

Zum Sachverhalt:

Die Beklagte hatte dem 1942 geborenen Kläger mit Bescheid vom 28.03.2003 rückwirkend ab 01.10.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bewilligt. Der monatliche Zahlbetrag belief sich vom 01.05.2003 an auf 1.086,64 €. Der Bescheid enthielt unter der Überschrift „Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten“ (u.a.) folgende Hinweise:

„Liegt bei Aufnahme bzw. Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit weiterhin volle Erwerbsminderung vor, wird die Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht oder in verminderter Höhe geleistet, sofern durch das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) die für diese Rente maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Die Hinzuverdienstgrenze beträgt ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, das sind bei Beginn der laufenden Zahlung 340,00 €. Änderungen der Bezugsgröße erfolgen zum 01.01. eines Jahres.

Wird die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit im Laufe eines Kalendermonats aufgenommen oder aufgegeben, ist eine entsprechend anteilige, also niedrigere Hinzuverdienstgrenze maßgebend.

Es besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bzw. den Bezug oder die Beantragung einer der genannten Sozialleistungen unverzüglich mitzuteilen.“

Die Anlage 19 des Bescheides vom 28.03.2003 enthielt eine Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen sowie (u.a.) folgende Erläuterungen:Hinzuverdienstgrenzen sowie (u.a.) folgende Erläuterungen:

„Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung kann bei gleichzeitiger Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit in der jeweils maßgeblichen Höhe nur geleistet werden, wenn das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) sich im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Hinzuverdienstmöglichkeiten hält. Entsprechendes gilt bei Bezug von Entschädigungen als Abgeordneter, Bezügen aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (z.B. für Minister, Senatoren und Parlamentarische Staatssekretäre) und vergleichbarer Einkommen.

Abhängig vom erzielten Hinzuverdienst kommt die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe, in Höhe von drei Vierteln, in Höhe der Hälfte oder in Höhe eines Viertels in Betracht. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenzen für die Rente wegen voller Erwerbsminderung wird auf dieser Anlage dargestellt.

Die Hinzuverdienstgrenze beträgt bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe monatlich 325,oo €.

Bei einer anteiligen Rente wegen voller Erwerbsminderung ergibt sich die Hinzuverdienstgrenze, indem die Entgeltpunkte der letzten drei Kalenderjahre vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung, mindestens jedoch 1,5 Entgeltpunkte, mit einem Vielfachen des aktuellen Rentenwerts vervielfältigt werden. Der Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen zugrunde liegende Entgeltpunkte 3,2562. Für die Zeit ab 28.03.2003 alte Bundesländer und Ausland beträgt der aktuelle Rentenwert = 25,86 EUR. Für die Zeit ab 28.03.2003 neue Bundesländer beträgt der aktuelle Rentenwert = 22,70 EUR. Die monatliche Hinzuverdienstgrenze beträgt für die Rente wegen voller Erwerbsminderung – in voller Höhe 325,00 € (alte Bundesländer und Ausland) – in voller Höhe 325,00 EUR (neue Bundesländer). Wird der Hinzuverdienst nicht während eines gesamten Kalendermonats erzielt, gelten die obigen Hinzuverdienstgrenzen anteilig. Die Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 340,00 € verändert sich jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres. Die übrigen Hinzuverdienstgrenzen verändern sich zum 1. Juli eines jeden Jahres um den Prozentsatz, um den sich der jeweilige aktuelle Rentenwert infolge der Rentenanpassung ändert. Die maßgebende Hinzuverdienstgrenze darf zweimal im Laufe eines jeden Kalenderjahres um einen Betrag bis zur Höhe der jeweils geltenden Hinzuverdienstgrenze überschritten werden.“

Im Januar 2006 nahm der Kläger bei seinem späteren Bevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt Dr. F, E, eine geringfügige Beschäftigung als „Bürohelfer“ auf. Auf Anfrage der Beklagten legte der Kläger eine Auskunft seines Arbeitgebers vom 12.07.2006 vor, wonach er seit dem 01.01.2006 eine unbefristete Beschäftigung gegen ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 400,00 € ausübte.

In dem daraufhin eingeleiteten Anhörungsverfahren wies die Beklagte den Kläger unter dem 19.07.2006 darauf hin, daß die ihm bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung kraft Gesetzes zu kürzen sei, weil er neben der Rente Einkünfte erziele, die die Hinzuverdienstgrenze für den Bezug einer Vollrente überstiegen. Ihm stehe lediglich die Rente i.H.v. 3/4 der Vollrente zu. Es sei deshalb beabsichtigt, den Bescheid vom 28.03.2003 bereits ab Änderung der Verhältnisse, also mit Wirkung ab 01.01.2006 aufzuheben und die Überzahlung zurückzufordern. Die Voraussetzungen für die beabsichtigte Entscheidung seien nach Lage der Akte erfüllt, weil der Kläger seinen gesetzlichen Mitteilungspflichten, auf die er hingewiesen worden sei, nicht nachgekommen sei und weil er Einkommen erzielt habe, das zum Wegfall bzw. der Minderung seines Rentenanspruches geführt habe.

Da die Beklagte (zunächst) von einem Dauerbeschäftigungsverhältnis des Klägers ausgegangen war, hatte sie unter dem 21.07.2006 einen Bescheid erteilt, wonach die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.09.2006 neu berechnet und wegen des Hinzuverdienstes des Klägers nur noch i.H.v. 3/4 der Vollrente gezahlt werde.

Der Kläger legte daraufhin eine Meldebescheinigung zur Sozialversicherung vom 25.07.2006 vor, wonach die Beschäftigung zum 30.06.2006 abgemeldet worden war. Er machte im übrigen geltend, daß sein vom 01.01. bis zum 30.06.2006 erzieltes Gesamteinkommen von 2.400,00 € den für diese Zeit für die Vollrente zulässigen Hinzuverdienst nur um 300,00 € überschritten habe. Dieser Geldbetrag sei geringer als der für die Rente wegen voller Erwerbsminderung während des streitbefangenen Zeitraums zulässige Hinzuverdienst, den er ohne Rentenminderung zweimal im Kalenderjahr habe überschreiten dürfen.

Unter dem 04.09.2006 erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid mit folgendem Tenor:

„Ihre bisherige Rente wegen voller Erwerbsminderung wird ab 01.01.2006 neu berechnet. Für die Zeit ab 01.11.2006 werden laufend monatlich 1.081,25 EUR gezahlt. Für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.06.2006 ergibt sich eine Überzahlung von 1.621,86 EUR. Der überzahlte Betrag ist zu erstatten.“

In der Anlage 10 des Bescheides, die zum Bestandteil des Bescheides erklärt wurde, sind unter der Überschrift „Ergänzende Begründungen und Hinweise“ folgende Ausführungen enthalten:

„Der Rentenbescheid vom 28.03.2003 wird hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.01.2006 nach § 48 SGB X aufgehoben; die entstandene Überzahlung (vgl. Anlage 1) ist von Ihnen nach § 50 SGB X zu erstatten. Die Aufhebung des Rentenbescheides ab diesem Zeitpunkt ist statthaft, weil ein Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 – 4 SGB X gegeben ist und die Fristen des § 48 Abs. 4 SGB X noch nicht abgelaufen sind. Im Rahmen der Anhörung wurden von Ihnen folgende Gründe vorgetragen, die Ihrer Meinung nach der Aufhebung des Rentenbescheides für die Vergangenheit entgegenstehen: Die Beschäftigung wurde zum 30.06.2006 aufgegeben, sodass ab 01.07.2006 kein Hinzuverdienst mehr erzielt wird. Außerdem sei der insgesamt in der Zeit vom 01.01. – 30.06.2006 erzielte und über der Hinzuverdienstgrenze liegende Entgeltbetrag mit 300,00 EUR so gering, dass dieser unter der zweimaligen Überschreitungsmöglichkeit liegen würde. Die von Ihnen aufgeführten Gründe sind bei der Vertrauensschutzprüfung beachtet worden. Sie waren jedoch nicht dazu geeignet, von der Bescheidaufhebung abzusehen. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides können Sie sich nicht berufen, weil Ihnen aufgrund der mit dem Rentenbescheid vom 28.03.2003 gegebenen Informationen die einzuhaltenden Hinzuverdienstgrenzen bekannt gegeben worden sind. Allein aufgrund der Überschreitensmöglichkeit ergibt sich bei einem gleich bleibenden monatlichen Hinzuverdienst keine höhere Rente, weil in diesem Fall kein „Überschreiten“ vorliegt. Da die Beschäftigung allerdings zum 30.06.2006 aufgegeben worden ist, ergibt sich ab dem 01.07.2006 keine Überzahlung mehr, da ein rentenschädlicher Hinzuverdienst nicht mehr vorliegt.“

Am 25.10.2006 ging der Erstattungsbetrag bei der Beklagten ein. Mit Schriftsatz vom 27.10.2006 beantragte der Kläger sinngemäß die Überprüfung des (bestandskräftigen) Bescheides vom 04.09.2006 nach § 44 SGB X und teilte mit, dass er den Erstattungsbetrag unter Vorbehalt überwiesen habe.

Mit Bescheid vom 09.11.2006 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 04.09.2006 ab. Die Überprüfung dieses Bescheides habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Überzahlung sei auch in zutreffender Höhe festgestellt worden.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 14.11.2006 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch des Klägers. Er machte sinngemäß geltend, er habe seine Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Den Hinweisen auf seine Mitwirkungspflichten in dem Bescheid vom 28.03.2003 sei zu entnehmen, daß er die Beklagte nur über die Aufnahme einer unbefristeten Beschäftigung habe informieren müssen, durch die er absehbar einen Jahresverdienst von mehr als 4.200,00 € erzielen werde. Sei es hingegen wahrscheinlich, daß die Einkünfte geringer seien als dieser Betrag, so sei das wirtschaftliche Ergebnis nach der Rechtsprechung als unerheblich anzusehen. Bei der Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung im Januar 2006 habe jedoch bereits festgestanden, daß diese Tätigkeit nicht länger als sechs Monate ausgeübt werde. Er habe deshalb von vornherein gutgläubig davon ausgehen dürfen, daß der zu erwartende Verdienst die zulässige Hinzuverdienstgrenze von 4.200,00 € im Jahr nicht überschreiten werde. Durch Widerspruchsbescheid vom 07.02.2007 wurde der Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, der Rentenbescheid vom 28.03.2003 enthalte den Hinweis, daß die gesetzliche Verpflichtung bestehe, der Beklagten die Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung mitzuteilen, die zum damaligen Zeitpunkt die Hinzuverdienstgrenze von monatlich 340,00 € überschreite. Keinesfalls hätten eigene Berechnungen angestellt werden sollen, daß nur regelmäßige unbefristete Tätigkeiten mitzuteilen seien, bei denen das Entgelt auf das Jahr umzurechnen sei.

Mit seiner am 05.03.2007 bei dem Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage verfogte der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.

Durch Gerichtsbescheid vom 16.02.2011 hob das Sozialgericht die Bescheide der Beklagten vom 04.09.2006 und 09.11.2006, letzterer in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2007, insoweit auf, als darin die Erstattung eines überzahlten Betrages in Höhe von 1.621,86 EUR gefordert werde. Die zulässige Klage sei begründet, weil der Rückforderungsbescheid vom 04.09.2006 nicht hinreichend bestimmt sei. Er verstoße damit gegen § 33 Abs. 1 SGB X. Aus dem Verwaltungsakt müsse klar hervorgehen, was die Behörde verfügt habe und was sie seinem Empfänger zubillige und was ihm auferlegt werde. Deshalb sei zu erklären, welcher Verwaltungsakt mit Wirkung zu welchem genauen Zeitpunkt zurückgenommen werde. Aus dem Verfügungssatz des Bescheides müsse für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde regele. Es müsse konkret bestimmt sein, welchen früheren Verwaltungsakt sie in welchem Umfang aufheben wolle. Der Verfügungssatz des Bescheides vom 04.09.2006 bestimme nicht eindeutig und erkennbar, was geregelt werden solle. Es sei nicht bezeichnet, welche Bescheide konkret aufgehoben werden. Diese seien nicht mit Datum bezeichnet. Die Beklagte verfüge im Rückforderungsbescheid vom 04.09.2006 im Verfügungssatz auf Seite 1 nur, daß eine Überzahlung von 1.621,86 € bestehe und der überzahlte Betrag zu erstatten sei. Ein bestimmter Bescheid sei in diesem Verfügungssatz nicht genannt. Erst auf der Anlage 10 verfüge die Beklagte unter der Überschrift „Ergänzende Begründungen und Hinweise“, daß der Rentenbescheid vom 28.03.2003 aufgehoben werde. Sowohl die Tatsache, daß diese Aussage „nicht im Bescheid selber“, sondern erst in der Anlage 10 getätigt werde, als auch die Überschrift machten jedoch deutlich, daß es sich bei diesem Satz nicht mehr um den Verfügungssatz des Bescheides, sondern eben nur um ergänzende Begründungen und Hinweise handele. Es bleibe daher dabei, daß im Verfügungssatz ein konkreter Bescheid nicht aufgehoben worden sei.

Die Beklagte legte gegen den Gerichtsbescheid vom 16.02.2011 ein. Sie machte geltend, der angefochtene Gerichtsbescheid sei bereits deshalb rechtswidrig, weil das Sozialgericht nicht befugt gewesen sei, den in Bindung erwachsenen Bescheid der Beklagten vom 04.09.2006 selbst abzuändern. Das Sozialgericht habe allenfalls die Beklagte zur Rücknahme dieses Bescheides verurteilen dürfen. Darüber hinaus habe die Vorinstanz verkannt, daß über den Weg des § 44 SGB X rein formale Fehler nicht gerügt werden könnten, wenn der zur Überprüfung gestellte Bescheid dem materiellen Recht entspreche. Mit Bescheid vom 04.09.2006 habe die Beklagte hinreichend bestimmt die Erstattung von 1.621,86 € verfügt. Um diese Forderung geltend machen zu können, habe es allerdings eines Verwaltungsaktes bedurft, der auf die teilweise Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 28.03.2003 gezielt habe. Dieser (weitere) Verwaltungsakt, den die Beklagte mit der Anlage 10 des Bescheides vom 04.09.2006 erlassen habe, sei für den „Kernverwaltungsakt“ (Erstattung) vorgreiflich gewesen. Er habe ein notwendiges Begründungselement für die im Mittelpunkt stehende Erstattungsforderung gebildet. Wenn man mit dem Sozialgericht unterstelle, die Beklagte habe die Abänderung des Bescheides vom 28.03.2003 unzutreffend positioniert, so würde man im Ergebnis eine unklare oder auch fehlende Begründung i.S.d. § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X rügen. Die Begründung könne jedoch noch bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz nachgeholt werden. Außerdem könne im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X ein bloßer Begründungsmangel nicht gerügt werden, wenn die Erstattungsforderung zu Recht verfügt worden sei. Im übrigen werde von dem Sozialgericht im Ergebnis einzig beanstandet, daß die Beklagte den Verwaltungsakt über die Abänderung des Bescheides vom 28.03.2003 erst in der Anlage 10 und damit an einer aus Sicht des Sozialgerichts falschen Stelle positioniert habe. Auch das Sozialgericht stelle aber nicht in Frage, daß die in Anlage 10 verlautbarte Verfügung der Beklagten aus sich heraus klar und verständlich sei. Auch damit moniere das Sozialgericht einen Formfehler, der im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 SGB X nicht geltend gemacht werden könne. Es möge nicht unbedingt kundenfreundlich erscheinen, wenn die Beklagte den Verwaltungsakt über ihre Erstattungsforderung auf Seite 1 des Bescheides vom 04.09.2006 verlautbare und sich der dafür vorgreifliche Verwaltungsakt über die Abänderung des Bescheides vom 28.03.2003 erst in der Anlage 10 befinde. Dies sei dem Umstand geschuldet, daß an der Spitze maschineller Rentenbescheide bei der Deutschen Rentenversicherung generell die Verlautbarung über die Höhe des laufenden monatlich zu zahlenden Rentenbetrages stehe. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich im Einzelfall um eine Erstbewilligung von Rente oder um eine Neuberechnung handele. Auf der Basis der in dieser Form vorgegebenen Struktur von maschinellen Rentenbescheiden könne derzeit die selbstverständlich hinreichend bestimmt zu formulierende Abänderung vorheriger Verwaltungsakte leider nicht im „Hauptbescheid“ erfolgen. Deswegen würden sie stets an der Stelle verlautbart, an der manuelle Feststellungen oder Regelungen möglich seien. Dies sei die sog. Anlage 10. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass auch das Bundessozialgericht, das bekanntlich gerade im Kontext mit Bescheidabänderungen zu hoher Formstrenge neige, an der beschriebenen Verwaltungspraxis der Beklagten niemals Anstoß genommen habe. Das Bundessozialgericht habe vielmehr sogar toleriert, dass Ermessenserwägungen in der Anlage 10 wiedergegeben würden. Die in der Anlage 10 des Bescheides vom 04.09.2006 enthaltenen Formulierungen seien jedoch eindeutig, denn es werde klar zum Ausdruck gebracht, dass der Rentenbescheid vom 28.03.2003 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01.01.2006 nach § 48 SGB X aufgehoben werde. Damit sei § 33 Abs. 1 SGB X nicht verletzt.

Das Landessozialgericht NRW befand nun, daß die Berufung der Beklagten begründet sei. Das Sozialgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben und die angefochtenen Bescheiden zu Unrecht insoweit aufgehoben „als daß darin die Erstattung eines überzahlten Betrages i.H.v. 1.621,86 EUR gefordert wird“, denn die Klage ist unbegründet.

Gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei seinem Erlaß das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im übrigen, d.h. soweit nicht die Gewährung von Leistungen im Raume steht, ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wobei er im Wege des Ermessens auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann (§ 44 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB X).

Der Bescheid vom 04.09.2006, mit dem die Beklagte ihren Bescheid vom 28.03.2003 hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2006 nach § 48 SGB X teilweise aufgehoben und die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 1.621,86 EUR geregelt hat, sei jedoch nicht rechtswidrig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 04.09.2006.

Rechtsgrundlage für die streitbefangene Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides vom 28.03.2003 sei § 48 Abs. 1 SGB X. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift sei, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung einträte, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Er solle nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschriften vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei ( Nr. 2 ) oder nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden sei, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3).

Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt.

Bei dem die Gewährung einer unbefristeten Rente regelnden Bescheid vom 28.03.2003 handele es sich unstreitig um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Der Bescheid vom 04.09.2006 sei entgegen der Ansicht des Sozialgerichts auch nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil er nicht hinreichend bestimmt sei. Das Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs 1 SGB X verlange, daß der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei sei und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetze, sein Verhalten daran auszurichten. Mithin müsse aus dem Verfügungssatz für den Adressaten des Verwaltungsaktes vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde regeln wolle. Insoweit komme dem Verfügungssatz des Verwaltungsakts klarstellende Funktion zu (BSG Urteil vom 15.5.2002 – B 6 KA 25/01 R). Bei einem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid müsse aus dem Bescheid klar hervorgehen, welcher Bescheid in welchem Umfang aufgehoben werde, welcher Erstattungsbetrag zurückgefordert werde und wer Adressat des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides sei. Die Frage, wie sich der Rückforderungsbetrag errechne und aus welchen Leistungszeiträumen er sich ergebe, sei hingegen nicht eine Frage der Bestimmtheit, sondern der hinreichenden Begründung des Verwaltungsaktes im Sinne des § 35 SGB X (BSG Beschluß vom 22.07.1999 B 11 AL 91/99 B), dessen Verletzung einer Überprüfung des Bescheides nach § 44 SGB X nicht zugänglich ist. Unbestimmt i.S. des § 33 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nur dann, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei sei und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Verständnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage sei, sein Verhalten daran auszurichten (vgl. auch BSG Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R). Unschädlich sei, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden müsse. Nach diesen Maßstäben lasse sich die Unbestimmtheit des Bescheides vom 04.09.2006 nicht feststellen.

Der vorgenannte Bescheid enthält in seiner Anlage 10, die ausdrücklich als Bestandteil des Bescheides erklärt wurde, die an den Kläger als Adressat des Verwaltungsaktes gerichtete klare und eindeutige Verfügung, daß der (Rentenbewilligungs-) Bescheid vom 28.03.2003 mit Wirkung vom 01.01.2006 nach § 48 SGB X aufgehoben werde und die entstandene Überzahlung von dem Kläger nach § 50 SGB X zu erstatten sei.

Dabei verweise die Beklagte auf die Anlage 1 ihres Bescheides, die eine genaue Berechnung des Erstattungsbetrages für den Erstattungszeitraum vom 01.01.2006 bis zum 30.06.2006 enthalte. Über diesen Verfügungssatz hinaus ordne der Bescheid vom 04.09.2006 auf Seite 1 an, daß die für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 30.06.2006 entstandene Überzahlung in Höhe von insgesamt 1.621,86 € von dem Kläger zu erstatten sei. Damit sei für den Kläger hinreichend bestimmt erkennbar gewesen, welcher Bescheid für welchen Zeitraum aufgehoben und welcher Geldbetrag von ihm erstattet werden solle. Die Unbestimmtheit des Bescheides vom 04.09.2006 lasse sich entgegen der Ansicht des Vordergerichts insbesondere nicht darauf stützen, daß die (teilweise) Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheides nach § 48 SGB X nicht auf Seite 1 des Bescheides vom 04.09.2006 zusammen mit der Erstattungsverfügung, sondern davon getrennt in der Anlage 10 des Bescheides vom 04.09.2006 unter der Überschrift „Ergänzende Begründungen und Hinweise“ angeordnet werde. Es wäre zwar ohne Zweifel versichertenfreundlicher, wenn die Beklagte bei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden für die Versicherten leicht und auf den ersten Blick erkennbar sowohl ihre Aufhebungsverfügung als auch die Erstattungsverpflichtung des Adressaten in Form einer zusammenhängenden Verfügung auf Seite 1 ihres Bescheides platzieren würde. Befremdlich möge es auch erscheinen, daß die Beklagte – wie ihrer Berufungsbegründung zu entnehmen sei – um die mangelnde Kundenfreundlichkeit ihrer in dieser Form seit Jahren verwandten Bescheide wisse, ohne daß -jedenfalls bislang – Bestrebungen erkennbar seien, auf eine Änderung der eingeschränkten Gestaltungsmöglichkeiten der maschinell erstellten Verwaltungsakte hinzuwirken. Unbestimmt werde der Bescheid vom 04.09.2006 hierdurch jedoch nicht, denn die in seiner Anlage 10 enthaltene Aufhebungsverfügung werde weder durch die Überschrift dieser Anlage („Ergänzende Begründungen und Hinweise“) noch durch ihre von der Erstattungsverfügung abweichende Platzierung weniger klar und eindeutig oder gar widersprüchlich.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 48 SGB X seien erfüllt. Mit dem von dem Kläger erzielten Hinzuverdienst in Höhe von monatlich 400 € ab 01.01.2006 (bis zum 30.06.2006) hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse gegenüber dem Rentenbewilligungsbescheid vom 28.03.2003 nachträglich wesentlich geändert. Das von dem Kläger während des vorgenannten Zeitraums erzielte Einkommen führe zu einer Minderung seines Anspruchs auf Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung um ein Viertel, denn mit dem Einkommen in monatlicher Höhe von 400 EUR sei die Hinzuverdienstgrenzen für den Anspruch auf Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe überschritten.

Der Kläger habe (zumindest) grob fahrlässig im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X seine der Beklagten gegenüber bestehende Mitteilungspflicht anläßlich der Aufnahme einer Beschäftigung mit der Folge des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze für die Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe, auf die er im Rentenbescheid vom 28.03.2003 ausdrücklich hingewiesen worden sei, verletzt.

Grobe Fahrlässigkeit sei gegeben, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt werde (vgl. § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 letzter Teils SGB X). Das Außerachtlassen von gesetzlichen Mitteilungspflichten, auf die vom Versicherungsträger in einem Leistungsbescheid hingewiesen worden sei, sei im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, daß der Betroffene nach seiner Persönlichkeitsstruktur und nach seinem Bildungsstand die Vorschrift bzw. entsprechende Hinweise nicht verstanden habe (BSG in BSGE 44,264). Die Beklagte habe den Kläger in dem Bescheid vom 28.03.2003 eindeutig, klar und deutlich darauf hingewiesen, daß die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht oder nur vermindert geleistet werde, wenn der durch die Aufnahme einer Beschäftigung erzielte Bruttolohn die für diese Rente maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschreite. Die Hinzuverdienstgrenze betrage (bei Beginn der laufenden Zahlung ab 01.05.2003) 340 EUR. Es bestehe deshalb die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung mitzuteilen. Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger nach seinen intellektuellen Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen sei, diese eindeutigen und leicht verständlichen Hinweise zu verstehen, seien nicht ersichtlich. Der Einwand des Klägers, er sei davon ausgegangen, die in dem Bescheid vom 28.03.2003 erteilten Hinweisen zu seinen Mitteilungspflichten bei Aufnahme einer Beschäftigung mit einem über der Hinzuverdienstgrenze liegenden Arbeitslohn hätte sich auf Jahreseinkünfte bezogen, vermöge die grobe Fahrlässigkeit der Verletzung seiner Mitteilungspflichten nicht zu beseitigen. Der Anlage 19 des Bescheides der Beklagten vom 28.03.2003, in der die Hinzuverdienstgrenzen im einzelnen dargestellt worden seien, sei zweifelsfrei zu entnehmen, daß für die Frage der Einhaltung oder Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen das monatliche Bruttoeinkommen des Rentenbeziehers maßgeblich se. So werde im vierten Absatz der Anlage 19 zunächst im Sinne eines allgemeinen Hinweises wörtlich ausgeführt, „die Hinzuverdienstgrenze beträgt bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe monatlich 325 EUR“, wobei hier im Hinblick auf die rückwirkende Rentenbewilligung die vom Zeitpunkt des Rentenbeginns am 01.10.2001 und die ab diesem Zeitpunkt bis zur Aufnahme der laufenden Zahlung geltende Hinzuverdienstgrenze benannt werde. Darüber hinaus werde nachfolgend im Rahmen der Darstellung der Berechnung der einzelnen Hinzuverdienstgrenzen erneut ausgeführt, „die monatliche Hinzuverdienstgrenze beträgt für die Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe 325 EUR“. Aufgrund dieser eindeutigen Hinweise sowie des ergänzenden Hinweises, daß die Hinzuverdienstgrenze ab der laufenden Rentenzahlung 340 EUR betrage, sei für den Kläger klar und aufgrund einfachster Überlegungen zu erkennen gewesen, daß seine Mitteilungspflichten die Aufnahme eine Beschäftigung mit einem Einkommen von mehr als monatlich jedenfalls 340 EUR beträfe.