Das Amtsgericht Mannheim stellte in seinem Urteil vom 29.7.2011, 10 C 120/11 klar, daß in Mannheim im Hinblick auf die Schneearmut des Gebietes keine Verpflichtung zur Anbringung von Schneefanggittern bestehe (Anschluß an LG Mannheim, Urteil vom 21.02.1998, Az. 1 S 442/97).

Seien Schneefanggitter für das Dach eines Hauses baupolizeilichen nicht vorgeschrieben und seien diese wegen der Schneearmut der Region nicht ortsüblich, stellten auch besondere bauliche Verhältnisse des Anwesens keine allgemeine Gefahr dar, die den Hauseigentümer verpflichteten, Schneefanggitter zu installieren (Anschluß an OLGR Zweibrücken 2000, 7).

Beim Abgang einer Dachlawine stehe der Zuerkennung von Schadensersatz für die Beschädigung des Kraftfahrzeugs, welches in Kenntnis der gefahrdrohenden Situation vor dem Anwesen im Gefahrenbereich abgestellt worden sei, § 254 BGB entgegen.

Demgemäß wies das Gericht die Klage ab.

In dem Verfahren forderte Klägerin von der Beklagten Schadensersatz.

Die Klägerin war (Mit)-Mieterin einer Wohnung im Anwesen des Beklagten in 68… Mannheim. Vor dem Anwesen führte ein Gehweg vorbei. Das Haus verfügte über Erdgeschoß und Obergeschoß und ein gaubenförmig ausgebautes Obergeschoß.

Die Klägerin behauptete, am 31.12.2010 gegen 14:00 Uhr sei aufgrund fehlender Sicherung des Hausdaches eine Dachlawine entweder von dem steilen Bereich des Daches zwischen den Fenstern im Dachgeschoß oder von der Eiskante an dem eigentlichen Dach über dem Gaubengeschoß abgestürzt und hätte den im Eigentum der Klägerin stehenden und ordnungsgemäß parkenden Fiat so beschädigt, daß an diesem der aus dem Gutachten des Kfz-Sachverständigenbüro ersichtliche Schaden in Höhe von insgesamt 3.469,80 € entstanden sei, zuzüglich zu erstattender vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 359,50 €. Das Dach habe eine Neigung von weit mehr als 45 Grad. Die Wetterlage vor Silvester habe Anlaß zu – auf dem Nachbargrundstück entsprechend auch durchgeführten – Sofortmaßnahmen gegeben im Hinblick auf die extreme Dachneigung und die Eiszapfenbildung von bis zu 30 cm Länge.

Der Beklagte behauptete, das Dach habe eine Dachneigung von allenfalls 45 Grad. Schneefanggitter seien generell nicht und auch nicht in der konkreten Situation erforderlich gewesen, geschweige denn die sofortige Räumung des Daches. Außerdem habe die Klägerin bzw. deren Mitmietern in dieser Woche die Schneeräumpflicht aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarungen oblegen. Zudem habe die Klägerin nicht verkehrsordnungsgemäß auf dem Gehweg geparkt. Die Sachverständigenkosten könne die Klägerin schon deshalb nicht geltend machen, weil diese Ansprüche an den Sachverständigen abgetreten seien.

Das Gericht befand in seinen Entscheidungsgründen, daß der Beklagte zunächst keine Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt habe, daß er das Haus nicht mit Schneefanggittern ausgestattet habe.

Grundsätzlich sei der Beklagte als für den Bereich der Gefahrenquelle verantwortlicher, die Sachherrschaft über das Anwesen ausübender Verfügungsberechtigter zwar verpflichtet, Vorkehrungen zu treffen, um die Schädigung Dritter durch von der Sache ausgehende Gefahren zu verhindern. Dabei könnten aber nur diejenigen Maßnahmen gefordert werden, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar seien.

Dies bedeute für den Hauseigentümer im Hinblick auf die Gefahr von Dachlawinen (vgl. hierzu LG Mannheim Urteil vom 21.01.1998, Az. 1 S 442/97), daß dabei die zu treffenden Maßnahmen von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig seien, wobei entscheidend auf die örtlichen Verhältnisse sowie die entstandenen und beachteten Verkehrsübungen abzustellen sei. Eine Verpflichtung zur Anbringung von Schneefanggittern bestehe in Mannheim grundsätzlich nicht, da es sich hierbei um – von vereinzelten Ausnahmefällen abgesehen – ein äußerst schneearmes Gebiet handele und eine solche Übung deshalb weder praktiziert noch durch eine Satzung oder eine behördlicher Einzelfallregelung vorgeschrieben werde (vgl. hierzu LG Mannheim a.a.O.).

Anderes folge auch nicht allein aus dem behaupteten Umstand, daß ein Dach eine Neigung von mehr als 45 Grad aufweisen solle. Derartige allgemeine Umstände erlaubten noch nicht den Schluß auf eine erhöhte Schadensneigung und könnten deshalb auch keine konkrete Pflicht des Hauseigentümers begründen, Schneefanggitter zum Schutz vor Dachlawinen zu installieren, zumindest dann nicht, wenn – wie hier – Schneefanggitter baupolizeiliche weder vorgeschrieben noch im Hinblick auf die Schneearmut der Region ortsüblich seien.

Grundsätzlich sei es einem Hauseigentümer auch nicht zuzumuten, die Wetterverhältnisse und örtlichen Verhältnisse ständig so zu beobachten, daß er bei jeder Änderung, die zur Ablösung von Dachlawinen führen könne, Vorkehrungen treffen könne.

Anderes ergebe sich auch nicht aus den von Klägerseite behaupteten Umständen des konkreten Falles. Die Klägerin behaupte selbst nicht, daß sie den Beklagten über die gefahrdrohende Situation in Kenntnis gesetzt gehabt hätte. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob der Nachbar sein Dach hätte räumen lassen. Selbst wenn dieses baulich identisch sein sollten, folge hieraus zum einen keine auch den Beklagten bindende Rechtspflicht, zum anderen sei nicht ersichtlich, daß die konkreten Schnee- und Eisverhältnisse auf dem Dach des Anwesens des Beklagten konkreten Anlasß zur sofortigen Einschaltung der Feuerwehr gegeben hätten.

Die Behauptung, die Wetterlage vor der Silvesternacht habe Anlaß zu Sofortmaßnahmen gegeben, sei durch nichts mit Tatsachen unterlegt. Aus der behaupteten extremen Dachneigung und Eiszapfenbildung allein folge dies jedenfalls nicht. Außerdem bestehe bei dem Obergeschoß des Anwesens die Besonderheit, daß das eigentliche Dach über dem Gaubengeschoß ausweislich der vorgelegten Lichtbilder normal geneigt sei. Eine starke Neigung habe lediglich die Wand zwischen den Fenstern gehabt, wobei fraglich sei, ob diese Bauteil überhaupt als Bestandteil des Daches zu werten sei, da dieses ja zwischen den Fenstern die Funktion der Hauswand übernehme. Der davor befindliche Teil des Daches sei jedenfalls wieder normal bauüblich geneigt. Aus den vorgelegten Lichtbildern ließen sich die Verhältnisse auch diesbezüglich hinreichend verläßlich zu entnehmen, ohne daß deshalb ein Ortstermin erforderlich sei.

Dazu falle überdies ins Gewicht, daß die Klägerin selbst Mieterin des Anwesens sei. Sie sei daher mit den konkreten und aktuellen Verhältnissen bestens vertraut gewesen, besser als der Beklagte, der nicht in dem Anwesen wohne.

Da sie ungeachtet der von ihr behaupteten Evidenz der Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen gleichwohl ihr Fahrzeug vor dem Anwesen abgestellt, noch dazu unter dem Eindruck, daß der Nachbar bereits Sicherungsmaßnahmen getroffen gehabt hätte, hätte sie im übrigen den von ihr behaupteten Schaden gem. § 254 BGB unter Würdigung der Gesamtheit der Umstände selbst zu vertreten. Es liefe letztlich auf eine „Amerikanisierung“ des Haftungsrechts hinaus, der Klägerin Schadensersatz dafür zuzubilligen, daß sie ihr Fahrzeug ohne rechtfertigenden Anlaß einer Gefahr aussetze, die nach ihrer Auffassung gleichzeitig den Beklagten zu Sofortmaßnahmen verpflichtet hätte.