Der Bundesgerichtshof führte in seinem Urteil vom 05.10.2011 (XII ZR 117/09) aus, daß mit der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz übernommen worden sei. Eine Änderung der Rechtslage sei damit allerdings nicht verbunden.

Zweck der gesetzlichen Neuregelung in § 1579 Nr. 2 BGB sei es, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen würden. Entscheidend sei deswegen darauf abzustellen, daß der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen sei, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst habe und zu erkennen gebe, daß er diese nicht mehr benötige. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielten hingegen keine Rolle.

Sei in einem vorangegangenen Abänderungsverfahren eine verfestigte Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten rechtskräftig verneint worden, stehe dies einer späteren Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit nach § 1579 Nr. 2 BGB nicht entgegen, die auf neue Umstände gestützt sei. Als solche kämen insbesondere Indiztatsachen für das Erscheinungsbild der Lebensgemeinschaft in der Öffentlichkeit und ein längerer Zeitablauf in Betracht.

Die Parteien stritten in dem zugrundeliegenden Verfahren um die Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zum nachehelichen Unterhalt aus dem Jahre 2005. Die Klägerin war die Unterhaltsberechtigte, die aufgrund veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse einen höheren Unterhaltsanspruch geltend machte. In dem Vorprozeß hatte sich der unterhaltsverpflichtete Beklagte bereits auf die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wegen Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft berufen, da die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt eine viereinhalbjährige Beziehung zu ihrem Freund unterhielt. Das Gericht hatte damals das Bestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft abgelehnt. Der Beklagte machte nunmehr im Wege der Widerklage erneut den Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aufgrund der nach wie vor bestehenden Beziehung der Klägerin zu ihrem Freund geltend.

Das Amtsgericht hatte der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hatte das Oberlandesgericht den nachehelichen Unterhaltsanspruch nur befristet und herabgesetzt. Hiergegen richtete sich die Revision des Beklagten.

Der Bundesgerichtshof hab das Urteil des Oberlandesgerichts auf und den Rechtsstreit wies den Rechtsstreit zurück.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshof ist mit der zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB der verfestigten Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund eine Änderung der Rechtslage, die zu einer Abänderung früherer Unterhaltstitel berechtige, nicht verbunden.

Mit Hinweis auf die vorherige Rechtsprechung könne eine verfestigte Lebensgemeinschaft angenommen werden, wenn objektive, nach außen tretende Umstände, wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen, wie der Erwerb eines gemeinsamen Familieneigenheims oder die Dauer der Verbindung den Schluß auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen würden. Ein allein intimes Verhältnis reiche dafür nicht aus. Ebenso spiele die Leistungsfähigkeit des neuen Partners keine Rolle.

Das Oberlandesgericht war der Auffassung gewesen, daß sich der Beklagte nicht mehr auf den Verwirkungstabestand der verfestigten Lebensgemeinschaft berufen könne, da der Beklagte nur die bereits im vorherigen Rechtstreit vorgetragenen Umstände wiederholt habe und die verfestigte Lebensgemeinschaft in diesem Verfahren rechtskräftig abgelehnt worden sei.

Das sah der Bundesgerichtshof anders und stellte klar, daß die rechtskräftige Verneinung des Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem vorangegangenen Verfahren einer späteren erneuten Berufung auf den Verwirkungseinwand dann nicht entgegenstehe, wenn diese auf neue Umstände gestützt werde. Als solche kämen dabei insbesondere Indiztatsachen für das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit und ein längerer Zeitablauf in Betracht.

Mit dem Bundesgerichtshof ist es daher möglich, den Verwirkungseinwand, mit dem man zunächst nicht durchdringen konnte, zu späterer Zeit nochmals zu erheben.

Für das weitere Verfahren wies der Bundesgerichtshof ferner darauf hin, daß die Tatbestände der §§ 1579 und 1578 b nebeneinander stehen könnten. Soweit also die Anwendung des § 1579 Nr. 2 BGB nicht zu einem vollständigen Wegfall des Unterhaltsanspruchs führe, könne daneben eine weitere Begrenzung nach § 1578 b BGB erfolgen.