In dem Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin stritten die Beteiligten darüber, ob ein Ereignis, das nach den Angaben des Klägers am 26. Mai 2009 stattgefunden haben sollte, einen Arbeitsunfall darstellen würde.

Der Kläger war als Unternehmensberater selbständig tätig. Er war bei der Beklagten seit 2005 freiwillig versichert.

Mit Schreiben vom 4. Juni 2009 meldete der Kläger bei der Beklagten einen „Unfall“. Er führte aus, er habe am 26. Mai 2009 um 19.30 Uhr eine Veranstaltung am ….markt in B… besucht. Auf dem Weg zurück nach Hause habe er im U-Bahnhof F…. Straße ein Speiseeis erworben. Als der Zug einfuhr, habe er das letzte Stück des sehr hart gefrorenen Eises hinuntergeschlungen, da der Verzehr im Waggon nicht gestattet sei. Das Stück sei zu groß gewesen, sei offenbar in der Speiseröhre hängen geblieben und habe blitzartig dumpfe pulsierende Schmerzen mit Ausstrahlung nach rechts verursacht. Er sei zunächst in den Zug eingestiegen, habe diesen jedoch wegen anhaltender Schmerzen am U-Bahnhof L…platz wieder verlassen und habe sich von dort aus mit dem Taxi ins V…Klinikum begeben.

Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft der C… (Campus ….-Klinikum) ein. Der dortige Arzt Dr. von H… teilte unter dem 24. Juli 2009 mit, daß der Kläger am 26. Mai 2009 um 21.45 Uhr in der Rettungsstelle eingetroffen sei. Der Kläger habe angegeben, sich beim Eisessen verschluckt zu haben. Beim Kläger sei ein Herzinfarkt (Hinterwand-STEMI) diagnostiziert worden. Ein Zusammenhang zwischen dem Schmerzereignis und dem Eisessen sei unwahrscheinlich.

Auf Nachfrage der Beklagten gab der Stellvertretende Klinikdirektor Prof. Dr. H…. mit Schreiben vom 28. September 2009 an, daß zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Verschlucken und dem Herzinfarkt eine fachärztliche Begutachtung notwendig sei.

Unter dem 21. Oktober 2009 ergänzte der Kläger seine bisherigen Angaben dahingehend, daß es sich bei der Veranstaltung am ….markt am 26. Mai 2009 um einen Vortrag gehandelt habe, den er besucht habe, um Kunden zu gewinnen.

Mit Bescheid vom 4. November 2009 lehnte die Beklagte es ab, dem Kläger aufgrund des Ereignisses vom 26. Mai 2009 „Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung“ zu gewähren. Zur Begründung führte sie an, bei dem vom Kläger geschilderten Ereignis handele es sich nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII). Fraglich sei bereits, ob es sich bei der Teilnahme an der vom Kläger erwähnten Veranstaltung um eine versicherte Tätigkeit gehandelt habe; dies könne mangels näherer Angaben des Klägers zum Inhalt des Vortrags und zu der dort anwesenden Kundschaft nicht abschließend beurteilt werden. Jedenfalls aber gehöre der Genuß des Speiseeises nicht mehr zur versicherten Tätigkeit. Im übrigen sei ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Eisessen und dem Herzinfarkt nicht hinreichend wahrscheinlich.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, es könne bei ihm nicht von einem „Eisessen“ die Rede sein; vielmehr habe er hartgefrorene Brocken heruntergewürgt. Die Veranstaltung am 26. Mai 2009 habe zu 100% der Akquisition gedient. Für einen Ursachenzusammenhang spreche, daß ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Herunterwürgen des Eises und dem Eintritt der Schmerzen bestanden habe, er vorher gesundheitlich nicht angeschlagen gewesen sei und im Krankenhaus keine Risikofaktoren festgestellt worden seien. Der Arzt, der den Bericht vom 24. Juli 2009 erstellt habe, habe ihn nie untersucht und auch keine Diagnose gestellt. Demgegenüber würde sich seine (die des Klägers) Position stützen lassen, wenn man andere Ärzte der C…. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen würde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung heißt es in dem Widerspruchsbescheid, bei dem Eisessen handele es sich um eine dem privaten Bereich zuzuordnende Tätigkeit, die nicht versichert sei. Darüber hinaus fehle es an einem von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis; das Eisessen stelle eine vom Kläger gesteuerte, willentliche Handlung dar.

Mit der am 12. März 2010 erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholte und vertiefte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und führte ergänzend an, er habe das Eis beim Einfahren des Zuges unwillkürlich verschluckt, so daß ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vorliege.

Das Sozialgericht Berlin wies die Klage durch Urteil vom 21.10.2011 (S 98 U 178/10) ab.

Es läge kein Arbeitsunfall vor, denn das Eisessen sei nicht der unfallversicherungsrechtlich geschützten Tätigkeit zuzurechnen.

Arbeitsunfälle seien Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Für die Zuordnung einer Handlung zum Kreis der versicherten Tätigkeit reiche ein bloßer zeitlicher und räumlicher Zusammenhang nicht aus. Vielmehr müsse ein sachlicher Zusammenhang zwischen Handlung und Berufstätigkeit bestehen. Die Nahrungsaufnahme sei daher grundsätzlich unversichert. Etwas anderes gelte nur, wenn die Nahrungsaufnahme ausnahmsweise zur Wiedererlangung der Arbeitskraft besonders erforderlich sei oder aus betrieblichen Gründen besonders schnell gegessen werden müsse.

Eis jedoch werde erfahrungsgemäß zum Genuß verzehrt und nicht etwa, um sich für die Arbeit zu stärken. Dies gelte umso mehr, da sich der Kläger bereits auf dem Heimweg befunden habe.