Das Landesarbeitsgericht Hamm wies in seinem Urteil vom 10.03.2011 (11 Sa 2266/10) darauf hin, daß bei der Einstellung eines Bewerbers die Frage nach staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren ebenso wie die Frage nach Vorstrafen nur eingeschränkt zulässig sei. Die Frage nach „innerhalb der letzten 3 Jahre anhängig gewesen

[en]“ Ermittlungs-verfahren der Staatsanwaltschaft sei regelmäßig unzulässig, soweit sie sich auf Ermittlungsverfahren beziehe, die im Zeitpunkt der Befragung abgeschlossen seien, ohne daß es zu einer Verurteilung gekommen sei. Ob eine Ausnahme zu machen sei, wenn abgeschlossene Ermittlungsverfahren für die in Aussicht genommene Arbeitstätigkeit in spezifischer Weise einschlägig seien, habe in dem vorliegenden Fall dahingestellt bleiben können.

Nach diesen Grundsätzen sei die ordentliche Kündigung eines angestellten Hauptschullehrers innerhalb der Probezeit wegen Verstoßes gegen das Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB unwirksam, wenn sie damit begründet werde, der Lehrer habe bei Beantwortung der Frage nach staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren der letzten 3 Jahre mehrere eingestellte Ermittlungsverfahren nicht angegeben (Einstellungen nach §§ 153 I, 153 a StPO / Einstellung unter Verweisung auf Privatklage).

Zum Sachverhalt:

Der Kläger war 1961 geboren. Er war ausgebildeter Diplomingenieur. Am 17.07.2009 bewarb er sich als sogenannter Seiteneinsteiger auf eine Stellenausschreibung des beklagten Landes für eine Tätigkeit als Lehrer an der Hauptschule. Das Bewerbungsgespräch in der Schule verlief positiv. Das beklagte Land teilte dem Kläger mit, er werde über die Bezirksregierung ein Einstellungsangebot erhalten. Der Kläger wurde aufgefordert, anläßlich der Einstellung in den öffentlichen Dienst eine vorformulierte zwei Textseiten umfassende „Belehrung und Erklärung“ auszufüllen und zu unterschreiben. In der „Belehrung und Erklärung“ heißt es u.a.:

„2 VORSTRAFEN UND ANHÄNGIGE STRAF- ODER ERMITTLUNGSVERFAHREN

2.1 Belehrung

Nach § 51 des Bundeszentralregisters darf sich ein/e Bewerber/in als unbestraft bezeichnen und braucht er/sie den einer Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren, wenn die Verurteilung nicht in ein Führungszeugnis oder nur in ein solches für Behörden aufzunehmen oder im Zentralregister zu tilgen ist.

Ein/e Bewerber/in ist verpflichtet, gegenüber einer obersten Landesbehörde auch übe diejenigen Verurteilungen Auskunft zu geben, die nicht in ein Führungszeugnis oder nur in ein solches für Behörden aufzunehmen sind

[…]

2.3 Erklärung

Ich versichere, daß gegen mich kein gerichtliches Strafverfahren und kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen eines Vergehens oder Verbrechens anhängig ist oder innerhalb der letzten 3 Jahre anhängig gewesen ist.

………“

Der Kläger unterschrieb diese Erklärung am 07.09.2009. Am 08.09.2009 unterzeichneten die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Ab dem 15.09.2009 unterrichtete der Kläger an der Hauptschule.

Im Oktober 2009 erhielten die Schule und die Bezirksregierung den nachfolgenden anonymen Hinweis:

„Wir weisen darauf hin, daß an der Hauptschule ein Lehrer, der unter Verdacht des Kindesmißbrauchs steht, eingestellt wurde. Wir bitten um höchste Aufmerksamkeit, um weitere Vorfälle zu vermeiden.“

Die Bezirksregierung leitete das Schreiben an die Staatsanwaltschaft weiter. Diese übersandte unter dem 03.11.2009 eine Vorgangsliste, aus der hervorging, daß gegen den Kläger in den letzten drei Jahren wie folgt ermittelt worden war:

271 Js 1046/09 02.09.2009 § 240 StGB 27.08.2009B6 Einst. – § 153 I StPO Einstellung – § 153 I StPO (Geringfügigkeit) 03.09.2009

111 Js 559/08 15.08.2008 § 266 a Abs. 1 StGB 00.00.2003B6 e.E. – § 153 a I S. 2 Nr. 2 StPO endg. Einst. § 153 a I S. 2 Nr. 2 StPO(Geldbetrag für gemeinnützige Einrichtung oder Staatskasse) 31.10.2008

271 Js 301/08 18.03.2008 § 123 StGB 28.02.2008B6 Einst.-Verweisung auf Privatklage Einstellung – Verweisung auf Privatklage 07.04.2008

271 Js 304/08 18.03.2008 § 123 StGB 11.03.2008B6 Sonstige Erledigung 04.04.2008

271 Js 109/08 29.01.2008 § 223 StGB 28.11.2007B6 e.E. – § 153 a I S. 2 Nr. 2 StPO endg.Einst. § 153 a I S. 2 Nr. 2 StPO (Geldbetrag für gemeinnützige Einrichtung oder Staatskasse) 19.06.2008

Die Ermittlungsverfahren 271 Js 301/08 und 271 Js 304/08 waren am 04.04.2008 verbunden worden. Von diesen beiden Ermittlungsverfahren hatte der Kläger keine Kenntnis erlangt.

[Anm.: Hausfriedensbruch, Nötigung, Körperverletzung und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt]

Das beklagte Land beteiligte den Personalrat mit Schreiben vom 11.11.2009:

„Ich bitte um Stellungnahme bzw. Zustimmung zu nachfolgender Personalmaßnahme: Außerordentliche Kündigung/hilfsw. Anfechtung des AV/hilfsw. fristgerechte Kündigung innerhalb der Probezeit Termin der Personalmaßnahme: sofort bzw. hilfsweise zwei Wochen zum Monatsschluss (Nov. oder Dez. 09) …

Begründung:

Herr B2 ist Dipl.-Ingenieur und wurde zum o.g. Termin als sog. Seiteneinsteiger eingestellt. Im Rahmen der Einstellung in den öffentlichen Dienst hat Herr B2 eine Belehrung und Erklärung am 07.09.09 unterschrieben, wonach er versichert, daß gegen ihn kein gerichtliches Verfahren und kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen eines Vergehens oder Verbrechens anhängig ist oder innerhalb der letzten 3 Jahre anhängig gewesen ist. Eine arglistige Täuschung durch wahrheitswidrige Abgabe der vorstehenden Erklärungen stellt laut derselben Erklärung einen Anfechtungsgrund mit der Folge der Auflösung des Arbeitsverhältnisses dar. Es ist nun bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft in 5 Fällen gegen den betroffenen Lehrer ermittelt hat. Die Ermittlungen bezogen sich auf die Delikte: Hausfriedensbruch, Nötigung, Körperverletzung und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt. In zwei Fällen wurde gegen Zahlung eines Geldbetrages, einmal wegen Geringfügigkeit eingestellt. In zwei Fällen ist es zu einer sonstigen Erledigung bzw. Einstellung des Verfahrens gekommen. Herr B2 hat damit eindeutig eine wahrheitswidrige Erklärung abgegeben. Aus diesem Grund beabsichtige ich, den Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen und parallel hilfsweise anzufechten und aufzulösen sowie hilfsweise fristgerecht innerhalb der Probezeit zu kündigen. Ich beteilige Sie nun an der beabsichtigten Maßnahme und bitte um Stellungnahme. Der Vorgang ist beigefügt.“

Weitere Einzelheiten zur Personalratsbeteiligung waren strittig. Der Personalrat stimmte der Personalmaßnahme am 11.11.2009 zu.

Mit Schreiben vom 12.11.2009 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise erklärte es die Anfechtung und ebenfalls hilfsweise die ordentliche Kündigung zum 30.11.2009. Das Schreiben ging dem Kläger am 14.11.2006 zu; Kenntnis erlangte er am 16.11.2009.

Die Klage gegen fristlose Kündigung, Anfechtung und ordentliche Kündigung ging am 16.11.2009 bei dem Arbeitsgericht ein und wurde dem beklagten Land am 23.11.2009 zugestellt.

Der Kläger vertrat, er habe bereits deshalb keine Angaben gegenüber der Bezirksregierung machen müssen, weil es sich bei dieser nicht um eine oberste Landesbehörde handele. Er sei Geschäftsführer einer GmbH gewesen. Er habe in den Jahren 2007/2008 in seiner Funktion als Geschäftsführer zweimal mit dem Hauptzollamt zu tun gehabt. Ein Verfahren sei eingestellt worden, ein weiteres laufe noch. Beide Verfahren seien nicht zur Staatsanwaltschaft gekommen. In dem Kalenderjahr 2009 habe er mit der Steuerfahndung zu tun gehabt. Das Verfahren schwebe seit Juni 2009 und sei nicht zur Staatsanwaltschaft gelangt. 2006/2007 habe er im Rahmen seiner Ehescheidung wegen einer Behauptung seiner Schwiegermutter ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft gehabt. Die Schwiegermutter habe behauptet, er – der Kläger – habe sie geschubst oder Ähnliches, als jene sich seinem Umgang mit seinem Kind körperlich in den Weg habe stellen wollen. Auch dieses Verfahren sei ohne Bestrafung eingestellt worden. Da die Verfahren nicht zur Staatsanwaltschaft gelangt seien bzw. eingestellt gewesen seien, seien sie für die Beantwortung des Fragebogens irrelevant gewesen. Aus diesem Grund habe er sie nicht angegeben. Ihm sei eine Täuschung nicht vorzuwerfen. Es liege auch kein wesentlicher Umstand vor, der in irgendeiner Form zu einem Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft geführt habe. Es sei vielmehr so, daß hier eine Saat aufgehe, die von anderer Seite gelegt sei. Seine ehemalige Ehefrau habe sich bereits im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht der Kinder auf die Aussage zurückgezogen, sie könne nicht ausschließen, dass sich der Kläger an seinen eigenen Töchtern vergreife. Dies sei unzutreffend und weder die Frauen-Beratungsstelle e.V. in noch das Jugendamt hätten eine entsprechende Feststellung machen können (hierzu vorgelegtes Schreiben der Diplom-Sozialpädagogin E. R2 vom 27.11.2009). Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung während der Probezeit begegne erheblichen Bedenken, da im Bereich des öffentlichen Dienstes der Arbeitgeber an allgemeine übergeordnete Gesichtspunkte der Staatsraison, des freien Zugangs zu allen Stellen und der gleichen Behandlung aller Bewerber und Betroffenen gebunden sei. Die Tätigkeit als Lehrer sei die Grundlage für die berufsbegleitende Fortbildung, die dem Zweiten Staatsexamen entspreche. Die Kündigung stelle gleichzeitig die Beendigung seiner weitergehenden beruflichen Qualifizierung dar. Für ihn sei dies eine Vereitelung einer dem Monopol des Staates unterliegenden Berufschance zum Zweiten Staatsexamen. Der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Eine Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung sei nicht erteilt worden. Dem Personalrat sei nicht mitgeteilt worden, daß Ursache für die Kündigung der anonyme Hinweis gegenüber der Hauptschule sei. Die Entscheidung des Personalrats fuße auf falschen Gründen. Der Personalrat habe nur unter dem Gesichtspunkt der Anfechtung wegen Täuschung oder der Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der fehlerhaften Angaben zugestimmt. Es sei vereinbart gewesen, daß bei Feststellung, daß er nicht zur Auskunft verpflichtet gewesen sei oder bei Feststellung, daß er von den Ermittlungen gar nichts gewußt habe oder es sich um völlige Petitessen handele, von denen er gewußt habe, die Kündigung gegen ihn eingestellt werde. Gründe, die zu einer Kündigung als normale Kündigung in der Probezeit führen würden, seien nicht angeführt gewesen und hätten ansonsten auch zu einem energischen Widerstand des Personalrats geführt.

Das Arbeitsgericht hatte mit Urteil vom 28.04.2010 festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht vor dem 30.11.2009 geendet habe. Im übrigen hatte es die Klage abgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht urteilte, die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil habe in der Sache Erfolg. Entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts erweise sich die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 12.11.2009 zum 30.11.2009 als unwirksam. Sie habe das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei zwar nicht wegen einer fehlerhaften Beteiligung des Personalrates unwirksam. Die Kündigung sei jedoch unwirksam, weil das beklagte Land den Kläger zu weitgehend nach abgeschlossenen Ermittlungsverfahren befragt habe.

Die unzutreffende Antwort des Klägers auf die nicht zulässige Frage nach abgeschlossenen Ermittlungsverfahren dürfe nicht als Grund für eine Kündigung herangezogen werden. Die gleichwohl ausgesprochene Kündigung verstoße gegen das Gebot von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Obwohl das KSchG mangels Erfüllung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht eingreifw, sei dem fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzantrag deshalb in Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung stattzugeben.

Der Kläger sei zu weitgehend befragt worden, ob gegen ihn ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft „innerhalb der letzten 3 Jahre anhängig gewesen ist“. Aus der unzutreffenden Beantwortung der unzulässigen Frage dürfe dem Kläger kein Rechtsnachteil erwachsen.

Es entspriche allgemeiner Auffassung, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei der Einstellung nicht uneingeschränkt nach etwaigen Vorstrafen befragen dürfe. Vorstrafen berührzen ein einzugehendes Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht. Der Arbeitgeber könne nicht beanspruchen, in jedem Fall nur Arbeitnehmer ohne Vorstrafen in Arbeitsverhältnisse aufzunehmen. Zugunsten des Arbeitnehmers sei der Resozialisierungsgedanke zu berücksichtigen. Allerdings könnten in besonders gelagerten Fällen verübte Straftaten negative Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit für die Pflichterfüllung im einzugehenden Arbeitsverhältnis zulassen. Dies könne etwa der Fall sein bei Vermögensstraftaten des Bewerbers um eine Einstellung als Bankangestellter oder bei Verkehrsstraftaten eines Berufskraftfahrers. Nach den Umständen des Einzelfalls sei abzuwägen zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers, auch nach einer strafgerichtlichen Verurteilung wieder in ein Arbeitsverhältnis zu gelangen, und den Belangen des Arbeitgebers, denkbare potentielle Gefahren für einen ungestörten Ablauf des Arbeitsverhältnisses ausschließen zu können. Nach Vorstrafen dürfe der Arbeitgeber deshalb nur bezogen auf das für den zu besetzenden Arbeitsplatz wichtige Strafrechtsgebiet fragen.

Bei der Prüfung, ob bei der Einstellung nach Vorstrafen gefragt werden dürfe, seien die Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) aus dem Jahr 1976 zu beachten. Auch das beklagte Land habe sich in der „Belehrung und Erklärung“ an dieser gesetzlichen Vorgabe orientiert, indem es dort den Text des § 51 BZRG in der geltenden Fassung abgedruckt hat (Fassung vom 21.09.1984). Nach § 51 BZRG dürften eine Tat und die deshalb erfolgte Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die Eintragung über die Verurteilung im Register getilgt worden sei oder zu tilgen sei.

Nach § 53 Abs. 1 BZRG dürfe der Verurteilte sich als unbestraft bezeichnen und brauche den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht offenzulegen, wenn die Verurteilung nicht in das Führungszeugnis oder nur in ein Führungszeugnis nach § 32 Abs. 3 Abs. 4 BZRG aufzunehmen sei oder wenn die Verurteilung nach den Vorschriften des BZRG zu tilgen sei.

Auch nach dem Inkrafttreten des BZRG im Jahr 1976 habe das Bundesarbeitsgericht an seiner Rechtsprechung festgehalten, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei der Einstellung nach Vorstrafen nur fragen dürfe, wenn und soweit die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes dies erfordere. Dabei komme es, so das Bundesarbeitsgericht, nicht auf die subjektive Einstellung des Arbeitgebers an, welche Vorstrafen er als einschlägig ansehe. Entscheidend sei ein objektiver Maßstab. Dies gelte grundsätzlich auch für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst.

Sei die Frage unzulässig, so könne der Arbeitnehmer sie falsch beantworten, ohne daß sich daraus nachteilige rechtliche Folgen – Kündigung oder Anfechtung des Arbeitsverhältnisses – ergeben würden.

Werde nach Ermittlungsverfahren gefragt, so sei zu differenzieren zwischen anhängigen und abgeschlossenen Ermittlungsverfahren.

Das Bundesarbeitsgericht vertrete den Standpunkt, bei der Prüfung der Eignung des Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit könne es je nach den Umständen auch zulässig sein, nach anhängigen Ermittlungsverfahren zu fragen. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer solchen Frage sei dann zu bejahen, wenn auch ein Ermittlungsverfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Arbeitnehmers begründen könne. Ein Kindergärtner etwa, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindergartenkindern in dem vorhergehenden Arbeitsverhältnis laufe, habe regelmäßig kein hinreichend schützenswertes Interesse daran, eine erneute Einstellung als Kindergärtner dadurch zu erreichen, daß er bei einer neuen Bewerbung wahrheitswidrig angebe, es laufe gegen ihn kein Ermittlungsverfahren. Dem stehe auch die in Art. 6 Abs. 2 MRK verankerte Unschuldsvermutung nicht entgegen. Aus dieser Unschuldsvermutung sei nicht der Schluß ziehen, daß dem Betroffenen aus der Tatsache, daß ein Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig sei, überhaupt keine Nachteile entstehen dürften.

Sei das Ermittlungsverfahren hingegen abgeschlossen, so sei zu beachten, daß ein Ermittlungsverfahren, das ohne Verurteilung beendet worden sei, nicht in das Bundeszentralregister eingetragen werde und nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen sei. Dies sei auch bei einer Einstellung eines Ermittlungsverfahrens nach § 153 a StPO der Fall. Nach § 153 a StPO könne bei einem Vergehen mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten auf Antrag der Staatsanwaltschaft von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen werden, zugleich könnten dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilt werden, wenn diese geeignet seien, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld nicht entgegenstehe; insbesondere könne die Einstellung mit der Auflage erfolgen, einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen (§ 153 a Abs. 1 Nr. 2 StPO). Zweck der gesetzlichen Regelung sei es, ein vereinfachtes Erledigungsverfahren im Bereich der kleineren und mittleren Kriminalität mit Beschleunigungs- und Entlastungseffekt zur Verfügung zu stellen, um eine verurteilungslose Friedensstiftung ohne Verzicht auf Sanktionen aber ohne Strafe und Vorbestraftsein zu ermöglichen. Die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 MRK sei bei einer Einstellung nach § 153 a StPO nicht widerlegt. Das Vorgehen nach § 153 a StPO setze keinen Nachweis der Tat voraus. Auf der Grundlage einer Einstellung nach § 153 a StPO könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschuldigte die Tat mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verübt habe. Konsequenterweise seien deshalb Entscheidungen nach § 153 a StPO nicht in das Bundeszentralregister einzutragen.

Diese Rechtslage führe zu dem Ergebnis, daß bei der Einstellung eines Arbeitnehmers nicht nach abgeschlossenen Ermittlungsverfahren gefragt werden dürfe, die ohne Verurteilung des Stellenbewerbers abgeschlossen worden seien. Da der Bewerber in diesen Fällen tatsächlich nicht vorbestraft sei und ihm deshalb kein Vorwurf gemacht werden dürfe, sei er nicht zur Offenbarung oder zur wahrheitsgemäßen Beantwortung einer dahingehenden Frage verpflichtet. Ob in besonders gelagerten Fällen ausnahmsweise doch nach abgeschlossenen Ermittlungsverfahren gefragt werden dürfe, wie könne im hier zu entscheidenden Fall dahinstehen. Die hier in Rede stehenden Ermittlungsverfahren seien für die in Aussicht stehende Tätigkeit als Lehrer an einer Hauptschule nicht in spezifischer Weise einschlägig.

Damit stelle sich die dem Kläger gestellte Frage nach Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, die „innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen“ seien, als zu weitgehend und unzulässig dar. Die unzutreffende Beantwortung der zu weitgehenden Frage dürfe für den Kläger nicht zu nachteiligen rechtlichen Folgen – Kündigung oder Anfechtung des Arbeitsverhältnisses – führen. Alle Ermittlungsverfahren, die die Staatsanwaltschaft aufgelistet habe, seienn im Zeitpunkt der Befragung abgeschlossen gewesen, ohne daß es zu einer Verurteilung gekommen sei. Gleichwohl habe das beklagte Land die unzutreffende Antwort als Grund für die Kündigung herangezogen. Dies ergebe sich aus den Unterlagen der Personalratsbeteiligung und auch aus dem Prozessvorbringen des beklagten Landes. Ebenso wie der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht wegen der unzutreffenden Beantwortung der unzulässigen Frage nach § 123 BGB anfechten dürfe, dürfe er das Arbeitsverhältnis auch nicht aus diesem Grund innerhalb der Probezeit kündigen. Der Kündigung stehe der rechtshindernde Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 12.11.2009 zum 30.11.2009 sei wegen Verstoßes gegen das Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB unwirksam. In Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung sei festzustellen gewesen, daß auch die hilfsweise ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst habe.