Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf befand in seinem Urteil vom 27.04.2011 (7 Sa 1418/10), daß wenn dem Arbeitnehmer in erster Linie außerordentlich und nur hilfsweise ordentlich gekündigt werde, nur eine Kündigungserklärung vorliegt . Ein auf die fristlose Kündigung gerichteter Feststellungsantrag des Arbeitnehmers wahre daher die Drei-Wochen-Frist auch für die ordentliche Kündigung, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende der mündlichen Verhandlung erkläre, auch diese angreifen zu wollen.

Das Gericht befand des weiteren, daß in dem konkreten Fall das bewußte Hinwegsetzens des Arbeitnehmers über eine Urlaubsablehnung trotz „Vertrauensguthabens“ nur eine fristgemäßte Kündigung rechtfertige.

In dem konkreten Fall hatte sich der Kläger in Kenntnis der Ablehnung seines Urlaubsantrags und damit vorsätzlich über die Urlaubsablehnung hinweggesetzt. Das Gericht befand, daß durch die Selbstbeurlaubung eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begangen worden sei, die an sich geeignet sei, grundsätzlich auch den Ausspruch einer fristlosen Kündigung zu rechtfertigen. Im Rahmen der in jedem Fall gebotenen Interessenabwägung hielt die Berufungskammer allerdings den Ausspruch einer fristlosen Kündigung für unverhältnismäßig. Die Schwere der Pflichtverletzung rechtfertige aber unter Berücksichtigung der Gesamtumstände den Ausspruch der ordentlichen Kündigung.

Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG sei sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht – in der Regel schuldhaft – erheblich verletzte, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt werde, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung nicht bestehe und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheine.

Im Berufungsverfahren habe der Kläger – jedenfalls in der Berufungserwiderung – die Feststellung des Arbeitsgerichts, daß der Zeuge H. seinen Urlaubsantrag nicht genehmigt habe, nicht mehr in Abrede gestellt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bestehe kein Zweifel, daß der Zeuge H. den Urlaubsantrag des Klägers eindeutig abgelehnt habe. Der Zeuge habe auch auf mehrfaches Befragen erklärt, trotz der wiederholten Fragen des Klägers den Urlaub abgelehnt zu haben. Er habe ausgeführt, dem Kläger gesagt zu haben, daß er ihm aufgrund der im einzelnen dargestellten Personalsituation keinen Urlaub genehmigen könne, daß er auf eigene Verantwortung handeln würde und mit Konsequenzen rechnen müsse.

Es sei für die Annahme eines vorsätzlichen Handelns des Klägers entscheidend zu berücksichtigen, daß er sich auf irgendwie geartete Sprachschwierigkeiten oder Mißverständnisse zunächst selbst nicht berufen habe. Erstmalig nachdem das Arbeitsgericht in seinem Urteil ausgeführt hatte, aufgrund der Sprachschwierigkeiten des Klägers könne nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, daß der Kläger die Äußerung des Zeugen als Ablehnung des Urlaubsgesuchs verstanden habe mit der Folge, daß keine vorsätzliche Vertragsverletzung vorliege, habe der Kläger sich auf Sprachschwierigkeiten berufen.

Wie bereits das Arbeitsgericht insoweit zutreffend ausgeführt habe, könne die Selbstbeurlaubung eines Arbeitnehmers nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Regel eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB rechtfertigen.

Unter Berücksichtigung der in jeden Fall gebotenen Interessenabwägung war das Landesarbeitsgericht der Auffassung, daß im vorliegenden Fall aufgrund der vorsätzlichen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung zwar keine fristlose, aufgrund der überwiegenden Interessen der Beklagten jedoch eine fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt sei. Die Lösung des Arbeitsverhältnisses erscheine in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen.

Auf Seiten des Klägers sei zunächst das seit 11 Jahren unbeanstandet bestehende Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen. Damit habe der Kläger sich unbestreitbar ein „Vertrauensguthaben“ erworben, weil er sich als pflichtbewußter Arbeitnehmer erwiesen habe.

Dennoch würden die Interessen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegen.

Es könne nicht festgestellt werden kann, daß sich der Kläger in einer derartigen „Ausnahmesituation“ befunden habe, daß die Ablehnung des Urlaubs durch die Beklagte nicht gerechtfertigt gewesen wäre. Ein derartiger Umstand wäre im Rahmen der Interessenabwägung durchaus zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen. Der Kläger habe allerdings nicht nachvollziehbar darlegen können, daß er sich in einer von der Beklagten zu berücksichtigenden Zwangslage befunden habe, die eine Urlaubsgewährung zwingend geboten hätte. Es sei nicht ersichtlich, daß der Kläger darauf angewiesen gewesen sei, zwingend ab dem 18.05.2010 zu klären, ob sein Auto nach Angaben der zuständigen Behörde – den Vortrag des Klägers als richtig unterstellt – eine gefälschte TÜV-Plakette erhalten habe. Selbst wenn die zuständige Behörde ihm erklärt haben sollte, er solle die Angelegenheit zur Vermeidung polizeilicher Ermittlungen „schnellstmöglich“ klären, sei nicht nachvollziehbar, daß er sich über die Urlaubsablehnung durch seinen Vorgesetzten hinweggesetzt habe. „Schnellstmöglich“ heiße nicht „sofort“. Daß überhaupt und wenn ja welche Konsequenzen dem Kläger gedroht hätten, habe er auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert vorgetragen. Danach könne nicht davon ausgegangen werden, daß er aus objektiv nachvollziehbaren Gründen auf die sofortige Urlaubsgewährung angewiesen gewesen sei.

Unter Berücksichtigung aller Umstände überwiege das Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch unter Berücksichtigung des „Vertrauensguthabens“ des Klägers das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

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