Das Landgericht Siegen hatte sich in seinem Urteil vom 25.11.2008 (8 O 65/08) mit der Verkehrssicherungspflicht einer Eisdielenbetreiberin zu befassen, die von einem Gast auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen wurde, nachdem dieser über die Kapuze eines Mantels gestolpert war, die über den Stuhl eines anderen Gastes auf den Fußboden gehangen hatte.

In dem Fall hatte sich die seinerzeitige Klägerin auf dem Rückweg von der Toilette mit einem Fuß in einer dunklen Kapuze, welche in Bodenhöhe an einem Mantel hing, den ein anderer Gast über seine Stuhllehne gehängt hatte, verfangen und war zu Boden gestürzt und mit dem linken Knie und dem rechten Unterarm auf dem Granitboden aufgeschlagen.

Die Klägerin forderte von der Inhaberin des Eiscafés ein Schmerzensgeld von 3.500,00 € und den Ersatz eines Haushaltshilfeschadens von über 4.400,00 €.

Das Gericht wies die Klage ab.

Zwar müsse ein Betreiber einer Gaststätte für die Sicherheit seiner Gäste Sorge tragen. Grundsätzlich sei  er verpflichtet, in seinem Geschäftsbereich Gefahrenquellen für die Besucher auszuschließen. Dazu habe er insbesondere die Sicherheit der von den Gästen in den Räumlichkeiten benutzten Wege und Gänge zu gewährleisten. Diese Sicherungspflicht gehe allerdings nicht so weit, daß jegliche überhaupt denkbare Gefahr ausgeräumt und der Gast völlig der Pflicht enthoben werde, auf seine Sicherheit in zumutbarem Maß selbst zu achten. Sie sei darauf beschränkt, solche Gefahren abzustellen, die nicht offensichtlich seien, vor denen sich der Gast nicht selbst schützen könne und bezüglich derer er in seinen Sicherheitserwartungen enttäuscht werde.

An diesen Kriterien gemessen habe die Beklagte ihre Sicherungspflicht nicht verletzt.

Bei der Möglichkeit, beim Passieren des Außenbereichs zu Fall zu kommen, weil die Platzverhältnisse aus Sicht der Klägerin beengt und unübersichtlich gewesen seien, die Aufmerksamkeit der Klägerin von Mitarbeitern der Beklagten und anderen Gästen beansprucht worden sei und die Klägerin nicht bemerkt habe, daß von dem Stuhl eines Gastes ein Mantel hing, in dessen Kapuze sie sich mit den Füßen hätte verfangen können, habe es sich um eine offensichtliche Gefahr gehandelt, vor welcher die Klägerin sich in zumutbarer Weise selbst hätte schützen können.

Die zum Zeitpunkt des Unfalls vorherrschenden räumlichen Verhältnisse seien für die Klägerin ausreichend wahrnehmbar gewesen.

Sie habe auch sehen können, daß Winterjacken und -mäntel von den Stühlen herabhingen, zumal nach ihrem Vortrag immerhin noch eine Gangbreite von etwa vierzig Zentimetern verblieben gewesen sei.

Die Klägerin habe aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung damit rechnen müssen, daß diese Kleidungsstücke bis auf den Boden reichen würden und die Möglichkeit bestünde, daß sie sich mit den Füßen darin verfangen würde, wenn sie nicht ihr besonderes Augenmerk dem Bereich des Bodens zuwenden würde.

Vor der damit verbundenen Gefahr eines Sturzes hätte sich die Klägerin in zumutbarer Weise leicht selbst schützen können. Sie hätte einen Moment abwarten können, in welchem keine Personen in dem betreffenden Bereich umherliefen und dann beim Passieren dieses Bereichs dem Fußboden besonderes Augenmerk widmen können. Sie hätte die dunkle Kapuze dann ohne weiteres erkennen können.

Ebenso hätte die Klägerin sich vor der Gefahr eines Sturzes schützen können, indem sie den den Passanten als Übergang dienenden mittleren Teil der Verbindung zwischen den Ladenstraßen als Weg zurück zu ihrem Tisch gewählt hätte.

Die Klägerin habe nicht erwarten dürfen, daß die Beklagte sie vor der in dem Unfall verwirklichten Gefahr schützen würde.

Selbst wenn man die Verletzung einer Schutz- oder Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte bejahen wollte, sei das Mitverschulden der Klägerin an dem Eintritt des Schadens so stark zu werten, daß eine Ersatzpflicht der Klägerin gemäß § 254 Absatz 1 BGB vollständig zurückträte.

Nachdem es zu vergleichbaren Unfällen bislang nicht gekommen sei, wäre der Beklagten allenfalls leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Dem gegenüber überwiege das Maß der Fahrlässigkeit auf Seiten der Klägerin stark. Denn nach objektiven Maßstäben habe von der Klägerin ohne weiteres erwartet werden können, daß sie den Eintritt eines Schadens durch eigene Vorsicht und Umsicht verhindern würde. Die – aus Sicht der Klägerin – beengten Platzverhältnisse und Unübersichtlichkeit habe sie ebenso wie die umherlaufenden Gäste und Mitarbeiter und die von den Stuhllehnen hängenden Winterjacken und -mäntel wahrnehmen können.