In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln

[Urteil vom 01.10.1997 (5 U 63/97)] ging es um die Frage, ob ein niedergelassener Arzt für das Abhandenkommen von Kleidungsstücken, die von Patienten an im Rezeptionsbereich der Praxis angebrachten Garderobenhaken aufgehängt wurden, haftet.

Dies verneinte das Gericht, allerdings mit der Einschränkung, daß eine Haftung in betrachte komme, wenn der Patient um sichere Verwahrung gebeten habe und die Praxishelferin ihn daraufhin veranlaßt habe, das Kleidungsstück am Garderobenhaken aufzuhängen.

In dem konkreten Fall allerdings befand das Gericht, daß eine Haftung der Ärztin unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht komme.

Ein ausdrücklicher Verwahrungsvertrag gemäß § 688 BGB sei zwischen den Parteien nicht geschlossen worden. Es seien keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Beklagte als Ärztin mit Rechtsbindungswillen sich habe verpflichten wollen, mit der Klägerin eine vertragliche Bindung hinsichtlich der Aufbewahrung ihres Pelzcapes einzugehen.

Eine Pflicht zur Verwahrung und Beaufsichtigung ergebe sich auch nicht aus dem mit der Beklagten geschlossenen ärztlichen Behandlungsvertrag.

Es entspreche – soweit ersichtlich – einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung, daß im Rahmen eines solchen Behandlungsvertrages mit einem Arzt dieser den Patienten allenfalls eine Gelegenheit zum Ablegen von Kleidungsstücken für die Dauer der Behandlung anbiete, daß sich hieraus jedoch noch nicht zwangsläufig eine Haftungsübernahme bzw. eine entsprechende Verwahrungspflicht des Arztes und seines Personals mit entsprechenen Haftungsfolgen bei Verletzung einer dahingehenden Pflicht ergebe.

Vorliegend seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Beklagte habe entgegen den vorgenannten Grundsätzen der Klägerin gegenüber eine besondere Aufbewahrungspflicht übernehmen wollen noch dafür, daß die Klägerin als Patientin nach den Umständen des konkreten Falles davon hätte ausgehen dürfen, die Beklagte übernehme die Verantwortung für eine sichere Verwahrung der von der Klägerin abgelegten Sachen.

Die Garderobe im Rezeptionsbereich sei gänzlich ungesichert gewesen und insbesondere seien auch die Praxishelferin der Beklagten im Rezeptionsbereich ersichtlich mit sachbezogenen Aufgaben und Arbeiten beschäftigt gewesen, so daß sie rein tatsächlich gar nicht in der Lage hätten sein können, die im Garderobenbereich aufgehängten Kleidungsstücke ständig unter Kontrolle zu halten.

Entgegen der Ansicht der Klägerin lasse sich eine selbständige Nebenverpflichtung der Beklagten zur Verwahrung des Pelzcapes auch nicht aus dem Verhalten der Mitarbeiterin der Beklagten herleiten, wonach diese die Klägerin „ausdrücklich aufgefordert“ habe, das Pelzcape an der Garderobe aufzuhängen. Hierbei handele es sich ersichtlich um eine rechtsirrige Deutung eines rechtlich irrelevanten Verhaltens der Mitarbeiterin. In tatsächlicher Hinsicht sei nämlich davon auszugehen, daß die Beklagte persönlich und deren Mitarbeiterin die Klägerin zunächst begrüßt und bewundernde Bemerkungen über das Pelzcape gemacht hätten.

Danach hätte sich die Beklagte entfernt, während die Mitarbeiterin der Beklagten die Klägerin aufgefordert hätten, auf einem Stuhl Platz zu nehmen, der sich im Rezeptionsbereich unmittelbar neben der Tür zum Büro der Beklagten befunden habe. Die Klägerin habe sodann versucht, ihr Pelzcape auf dem daneben stehenden Stuhl abzulegen, was ihr aber nicht gelunben sei. Daraufhin habe die Mitarbeiterin auf die Garderobe gedeutet, die ca. zwei Meter entfernt vom Stuhl der Klägerin an der gegenüberliegenden Wand angebracht gewesen sei. Sodann habe die Klägerin das Pelzcape dort auf einen Bügel gehängt.

Danach handele es sich ersichtlich um einen Gefälligkeitshinweis der Mitarbeiterin, nachdem sie gesehen gehabt hätte, daß die Klägerin anscheinend das Pelzcape nicht auf den neben ihr stehenden Stuhl zu legen vermochte. Inwiefern die Klägerin aus diesem einfachen Hinweis auf die vorhandene Garderobe eine „ausdrückliche Aufforderung“ der Mitarbeiterin an die Klägerin herauslesen wolle, das Pelzcape an der Garderobe aufzuhängen, sei nicht nachzuvollziehen.

Ebensowenig handele es sich insoweit um eine „Anweisung der Sprechstundenhilfe der Beklagten an die Klägerin“. Es bedürfe keiner näheren Erläuterung, daß die Sprechstundenhilfe zu einer solchen „Anweisung“ auch gar nicht befugt gewesen wäre und die Klägerin den schlichten Gefälligkeitshinweis auf die vorhandene Garderobe auch nicht im Sinne einer Anweisung hätte verstehen können. Auch aus ihrer Sicht habe die Klägerin hieraus nicht schließen können, daß durch diesen Gefälligkeitshinweis zu Lasten der Beklagten eine Verwahrungsverpflichtung habe eingegangen werden sollen.

Zu einer dahingehenden Annahme hätte sie schon deshalb keine Veranlassung gehabt, weil es der Beklagten bzw. ihrer Mitarbeiterin überhaupt nicht möglich gewesen wäre, das Cape an der Garderobe zu beaufsichtigen bzw. zu verwahren. Die Beklagte habe sich als behandelnde Ärztin ohnehin in einem anderen Raum befunden, und die Sprechstundenhilfe habe ersichtlich nicht die ganze Zeit nur an der Rezeption gesessen, sondern habe ggf. auch Kontakt zu der im Behandlungszimmer befindlichen Beklagten aufnehmen können und dabei den Rezeptionsbereich verlassen mit der Folge, daß sie keine Möglichkeit hatte bzw. gehabt hätte, das Pelzcape unaufhörlich zu beaufsichtigen.

Selbst wenn eine solche Möglichkeit vorhanden gewesen wäre, hätte die Klägerin bei vernünftiger Betrachtungsweise nicht davon ausgehen können, daß die Mitarbeiterin der Beklagten auch eine dahingehenden Aufgabe hätte haben bzw. übernehmen sollen.

Zusätzlich sei zu berücksichtigen, daß die Garderobe im Rezeptionsbereich auch nicht die einzige Möglichkeit gewesen sei, Garderobe und insbesondere auch wertvolle Sachen abzulegen. Unstreitig habe sich in dem Raum hinter dem Paravent, wo die Klägerin sich entkleiden mußte, neben der Liege auch ein Klappstuhl sowie ferner an der Wand ein Haken mit einem Bügel befunden. Es sei deshalb kein Grund ersichtlich gewesen, daß die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre, auch das angeblich wertvolle Pelzcape eben dort abzulegen bzw. aufzuhängen. Sie hätte es ohne weiteres auf den Bügel an der Wand hängen und dann ihren Hosenanzug gefaltet auf den dortigen Klappstuhl legen können. Handtasche und den Umschlag mit den Röntgenaufnahmen hätte sie unschwer neben dem Stuhl auf den Boden stellen können. Gerade auch im Hinblick auf diese Möglichkeit zur Ablage von Garderobengegenständen habe die Klägerin keine Veranlassung zu der Annahme gehabt, die Beklagte sei willens und in der Lage, eine Aufbewahrungsverpflichtung hinsichtlich der – insbesondere auch wertvollen – Kleidungsstücke ihrer Patienten zu übernehmen.

Der genaue Wert des Pelzcapes, wie er von der Klägerin behauptet wird, sei der Beklagten unstreitig ohnehin nicht bekannt gewesen, woran auch nichts der von der Klägerin behauptete Umstand änder, daß die Beklagte und ihre Praxishelferin zuvor das Pelzcape bewundert hätten.

Den tatsächlichen Wert desselben habe lediglich die Klägerin gekannt, so daß es auch in deren ureigenem Interesse gelegen habe, selbst für die sichere Aufbewahrung des Pelzcapes Sorge zu tragen, wozu – wie vorstehend dargelegt – auch im Untersuchungsraum ohne weiteres eine Möglichkeit bestanden hätte.

Nach allem habe die Klägerin keine Veranlassung gehabt anzunehmen, die Beklagte sei willens und in der Lage, gegebenenfalls über ihre Praxishelferin eine Aufbewahrungsverpflichtung gegenüber der Klägerin zu übernehmen.