In dem Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf begehrte der  seinerzeitige Kläger von der Beklagten Schadensersatz aufgrund eines beim gemeinsamen Freiklettern am 12.04.2007 erlittenen Kletterunfalls.

Die Beklagte hatte ca. ein Jahr vor dem Unfall Anfang 2006 die Sportart des Freikletterns begonnen. Sie war vorwiegend in der Halle geklettert sowie bei 4 Gelegenheiten mit Sichtkontakt im Freien, zuletzt 12 Tage vor dem Unfall mit dem Kläger im offiziellen Klettergebiet in Niedeggen in der F. Die Beklagte hatte in der Halle und draußen zunächst nur das Vorstiegklettern ausgeführt. Dabei steigt ein Kletterer von einem anderen gesichert hoch, hängt oben das Seil an der dafür vorgesehenen Befestigung ein und wird kontrolliert abgelassen, damit dann die anderen an dem als „Toprope“ genutzten Seil nachklettern können. Die Beklagte kannte die insoweit einschlägigen Kletterkommandos und die Technik des Sicherns. Sie wußte, daß der Kletterer nicht aus der Sicherung genommen werden durfte und kannte auch die Bedeutung des im Klettersport einschlägigen Kommandos „Ab“ für „Ablassen“, wenn der Vorsteiger durch den am Karabiner befindlichen Mastwurf an dem von Hand fixierten Seil langsam abgelassen werden will. Das Kommando „Ab“ für „Ablassen“ hatte auch der Kläger beim gemeinsamen Klettern in der Halle ihr gegenüber schon benutzt. Sie hatte auch im Gelände schon Kletterpartner gesichert. Bei ihrer ersten gemeinsamen Klettertour draußen hatten die Parteien verschiedene Touren trainiert. Der Kläger als Vorsteiger hatte mit dem Kommando „Ab“ sein Ablassen veranlaßt und ihr erstmalig das von der Beklagten zuvor nicht trainierte Kommando „Stand“ erklärt. Dabei gibt der Sichernde unten das Seil frei, da es nur erteilt wird, wenn sich der Vorkletterer einen sichern Stand verschafft hat. Die Beklagte wußte, daß sie die Sicherung nur dann lösen durfte, wenn der Vorsteiger das Kommando „Stand“ gab. Der Kläger war dann als praktische Übung mit Sichtkontakt vorgeklettert und hatte das Kommando „Stand“ gegeben.

Am 12.04.2007 unternahmen der Kläger und der Zeuge H einen gemeinsamen Kletterausflug, zu dem der Kläger die Beklagte einlud und mitnahm. Es sollte zum Einstieg die präparierte Route Nr. 11 mit dem Schwierigkeitsgrad 4 an einem 25 m hohen Kletterfelsen im Wege des Freikletterns bestiegen werden. Der Kläger kletterte als sogenannter Vorsteiger als Erster. Beide anderen Kletterer sollten nachsteigen. Die Beklagte übernahm seine Sicherung, indem an dem von ihr getragenen Hüftgurt das Sicherungsseil mittels Mastwurf an dem Karabinerhaken befestigt wurde. Der Zeuge H wollte fotographieren. Weitere Absprachen waren zwischen den Parteien streitig.

So behauptete der Kläger, er habe der Beklagten bei dem Kletterausflug Tage vor dem Unfall alle Seilkommandos einschließlich des Kommandos „Ab“ ausführlich erklärt. Er habe die Beklagte auch darauf hingewiesen, daß sie den Vorsteiger niemals aus der Sicherung nehmen dürfe, bis eindeutig das Kommando „Stand“ erteilt werde. Er habe die Beklagte vor dem Unfall gefragt, ob sie sichern könne, was diese bejaht habe. Es seien dann ohne konkrete Festlegung des Ablaufs die verschiedenen möglichen Routen besprochen worden.

Der Kläger wurde durch den von der Beklagten durch Lösung der Sicherung, die vor dem abzuwartenden Kommando „Stand“ und bei dem Kommando „Ab“ schon erfolgte, und dem nachfolgenden Absturz am linken Fußgelenk und der Lendenwirbelsäule verletzt.

Das Landgericht sprach in seiner Entscheidung aus, daß die Beklagte grundsätzlich gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 BGB auf Schmerzensgeld für die von ihr rechtswidrig und schuldhaft verursachte Körperverletzung des Klägers hafte. Unstreitig habe sie die Sicherung des vorsteigenden Klägers übernommen und diesen entgegen des ihr nach eigenem Bekunden bei ihrer Anhörung bekannten Kletterkommandos „Ab“ für „Ablassen“ aus der Sicherung genommen, so daß dieser abgestürzt sei.

Die Beklagte werde auch nicht durch ein durch das Zusammenwirken mehrerer Umstände ausgelöstes Augenblicksversagen entlastet. Danach könne grobe Fahrlässigkeit ausscheiden, wenn ein ansonsten höchst konzentriert agierender Mensch für eine sehr kurze Zeitspanne die im Verkehr erforderliche Sorgfalt unwillentlich außer Acht lasse, es sei denn diese Fehlleistung beruhe auf grober Nachlässigkeit.

Vorliegend hätte jedoch die Beklagte das im Rahmen ihrer Sicherungsaufgabe gegebene Kommando zwar richtig verstanden, jedoch infolge einer Kurzschlußreaktion falsch ausgeführt. Ein stillschweigender Haftungsausschluß wie er teilweise bei Gefälligkeitsfahrten und unentgeltlichen Hilfeleistungen für den Fall leichter Fahrlässigkeit angenommen werde, komme gleichfalls nicht in Betracht.

Vielmehr hafte ein Kletterer, der einen befreundeten Kletterer beim Freiklettern und Abseilen von einem Kletterfelsen unzureichend gesichert und dadurch seinen Absturz fahrlässig verursacht habe, grundsätzlich vollumfänglich für den Schaden.

Die Haftung der Beklagten sei jedoch aufgrund eines Mitverschuldens des Klägers gemäß § 254 BGB dem Grunde nach um eine Haftungsquote von 25 % reduziert.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung bejahe zwar ein „Handeln auf eigene Gefahr“ im Sport bei besonders gefährlichen Sportveranstaltungen, insbesondere bei Wettkampfsportarten, weil sich die Sportler bewußt in die Situation drohender Eigengefährdung begeben habe. Bei sportlichen Kampfspielen erkenne sie einen Haftungsausschluss für Verletzungen, soweit der Schädiger die Regeln der Sportart nicht verletzt habe, mit der Begründung an, daß der Teilnehmer an einem sportlichen Kampfspiel grundsätzlich Verletzungen in Kauf nehme, die auch bei regelgerechtem Spiel nicht zu vermeiden seien.

Das Freiklettern gehöre als sogenannte Parallelsportart nicht in den Bereich derartiger sportlicher Kampfspiele, da die Gruppenmitglieder nicht gegeneinander antreten, sondern mit verteilten Aufgaben gemeinsam klettern würden.

Auch für parallel ausgeübten Sportarten werde ein konkludenter Haftungsausschluß der Teilnehmer untereinander bejaht, soweit es sich wie bei Autorennen um Veranstaltungen mit erkennbar erheblichem Gefahrenpotential handele, weil typischerweise auch bei Einhaltung der Wettkampfregeln oder geringfügiger Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung bestehe. Zwar besteht auch beim Klettersport ein Gefahrenpotential, da ein Kletterer bei Sicherungsfehlern abstürzen könne. Die Mitgliedern einer Klettergruppe müßten sich jedoch willentlich außergewöhnlichen Risiken ausgesetzt haben, um einen Haftungsausschluss anzunehmen, was hier nicht angenommen werden könne.

Aufgrund der eigenen Angaben der Beklagten sei ihr unfallursächliches Verhalten zudem nicht als nur geringfügig, sondern grob regelwidrig zu werten.

Dennoch sei dem Kläger als Geschädigtem ein mit schadensursächliches Fehlverhalten vorzuwerfen. Denn er habe die Primärursache für die fatale Fehlentscheidung der Beklagten dadurch gesetzt, daß er bei fehlendem Sichtkontakt von dem gemeinsam gefaßten Plan abgewichen sei, sich sicheren Stand zu verschaffen und die anderen nachklettern lassen.

So sei abgesprochen gewesen, daß sich der Kläger oben sicheren Stand verschaffen sollte und dann das Kommando „Stand“ bzw. „Stand, Seil frei“ geben sollte.

Seine Planänderung habe auf der Tatsache beruht, daß sich am Routenende eine zunächst übersehene Befestigungsmöglichkeit befunden habe, die ein Abseilen ermöglicht habe. Insoweit bestünden angesichts der eindeutigen Kletterkommandos grundsätzlich keine Bedenken dagegen, daß der Vorsteiger aufgrund der vorgefundenen Situation vor Ort spontane Planänderungen vornehme, da die insoweit eindeutigen Kletterkommandos dem Sichernden auch ohne Sichtkontakt eine Anpassung an die neuen Umstände ermöglichten.

Dennoch führt die konkrete Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge vorliegend zu einer Haftungsquote von 25 % zulasten des Klägers von 25 %.

Dem Kläger sei aber keine leichtfertige Selbstgefährdung vorzuwerfen. Denn er habe sich nicht leichtsinnig in eine Situation begeben, in der ein solcher Unfall typischerweise vorhersehbar gewesen sei.
Urteil vom 02.10.2009 (2b O 10/08)