In dem Verfahren vor dem Landgericht Bochum ging es um angefallene Kosten eines Internet-/Telefonbezahlsystem von über 18.000,00 €, die der 14jährige Sohn des Anschlußinhabers verursacht hatte.

Zum Verständnis sei ausgeführt, daß das Telefonunternehmen mit einer Firma zusammen arbeitete, die unter anderem ein Online-Spiel anbot, welches grundsätzlich kostenfrei im Internet gespielt werden konnte. Um bestimmte Szenarien oder Features innerhalb des Spiels der virtuellen Spielerperson zuordnen zu können, führte die Spielerperson ein Onlinekonto. Über dieses Onlinekonto konnten die Spieler die verschiedenen Features mit einer virtuellen Währung, sogenannte Drachenmünzen, in dem Spiel erwerben. Die Währung erhielten die Spieler teilweise über das Spielgeschehen selbst, teilweise konnen sie diese auch erwerben. Der Erwerb dieser Spielwährung erfolge über die Telefongesellschaft, die dem jeweiligen Kunden die Spielwährung in dem Spiel zur Verfügung stellte und die Zahlung abwickelte. Dabei wurde die Leistung über ein Telefonbezahlsystem und die Nutzung einer 0900er Nummer durchgeführt.

Über dieses Telefonbezahlsystem wurden über den Telefonanschluß durch den 14jährigen Sohn des Anschlußinhabers in erheblichem Umfang Leistungen der Telefongesellschaft in Anspruch genommen worden. In dem Zeitraum vom 30.06.2007 bis einschließlich 06.03.2008 wurden von diesem Anschluss insgesamt 1046 Einwahlen zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 19.813,85 € vorgenommen.

Das Landgericht Bochum sah die Haftung des Anschlußinhabers als gegeben an und üfhrte aus, daß der Anschlußinhaber Vertragspartner geworden sei, auch wenn er nicht selbst, sondern sein Sohn die Telekommunikationsdienstleistungen in Anspruch genommen habe (Urteil vom 29.04.2009 (I-4 O 408/08)).

Insoweit würden nämlich die Grundsätze des Handelns unter fremden Namen sowie Rechtsscheinsgesichtspunkte greifen.

Nach Auffassung des Gerichts hafte der Anschlußinhaberjedenfalls nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht, so daß jeweils der Beklagte mit den durch seinen Sohn abgegebenen Willenserklärungen bei den jeweiligen Einwahlvorgängen wirksam vertreten worden sei.

Das Gericht führte des weiteren aus, daß es nicht verkannt werde, daß es in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung umstritten sei, ob die Familienangehörigen des Anschlußinhabers diesen bei der Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen wirksam vertreten könnten und die Grundsätze der Anscheinsvollmacht Anwendung fänden. Nach Auffassung des Gerichts würden aber jedenfalls aufgrund der besonderen Umstände der vorliegenden Fallkonstellation die Grundsätze der Anscheinsvollmacht greifen. Nach der Rechtsprechung des BGH liegen die Voraussetzungen für eine Anscheinsvollmacht bei Bestellungen von Familienangehörigen in der Regel nicht vor, da es allein aufgrund der Anwahl einer Telefonnummer an dem für die Anscheinsvollmacht erforderlichen Vertrauenstatbestand fehle. Anders sei dies jedoch bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, etwa wenn der Minderjährige wiederholt und über eine gewisse Dauer die Telefonate angenommen habe und der Anbieter aufgrund vom Anschlußinhaber beglichener Rechnungen davon ausgehen konnte, dieser kenne und dulde die Inanspruchnahme der Leistungen. In dem vorliegenden Fall lägen indes derartige außergewöhnliche Umstände vor:

Der Anschlußinhaber habe in den ersten Monaten die Rechnungen der Telefonanbieterin  über die bereits seit dem 30.06.2007 in Anspruch genommenen Leistungen ohne Beanstandung beglichen. Erstmals habe der Anschlußinhaber sodann offenbar die Rechnung vom 17.09.2007 für den Zeitraum 13.08.07 bis 08.09.07 über 840,92 € zum Anlaß genommen, ein Einzelnachweis zu fordern und in der Folgezeit die Einzugsermächtigung zu widerrufen.In der Folgezeit habe der Anschlußinhaber die Anspruchnahme durch seinen Sohn keiner Weise unterbunden, obwohl er den Verdacht gehabt habe. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte er sich daher intensiv darum bemühen müssen, daß sein Sohn die Inanspruchnahme dieser Leistungen einstellen würde, wenn er denn damit nicht einverstanden gewesen wäre. Notfalls hätte er Sicherungsvorkehrungen wie etwa eine präventive Sperrung der entsprechenden Rufnummernangebote veranlassen müssen. Da er entsprechende Maßnahmen unterlassen habe und die in beträchtlichem Umfang erfolgte weitere Inanspruchnahme der Leistungen durch seinen Sohn nicht verhindert habe, habe er gegenüber der Anbieterin einen individuellen Vertrauenstatbestand geschaffen, wonach diese davon ausgehen durfte, der Beklagte kenne und dulde die Inanspruchnahme der Leistungen durch seinen Sohn.
Die vorgebrachten Argumente des Minderjährigenschutzes vermögen die Berechtigung der Klageforderung nicht in Frage zu stellen. Denn Vertragspartner sei nicht der Minderjährige, sondern der Anschlußinhaber, während der Minderjährige lediglich als Vertreter anzusehen sei. Da dem Minderjährigen selbst aus dem Vertragsverhältnis daher keine Rechtsfolgen träffen, gingen die Argumente des Minderjährigenschutzes insoweit ins Leere.