Landesarbeitsgericht Hamm, 8 Sa 502/13, Urteil vom 11.07.2013, (8 Sa 502/13):

Stützt der als Kraftfahrer tätige Arbeitnehmer seine auf § 826 BGB gestützte Klage auf Erstattung von Bußgeldern auf die Behauptung, der Arbeitgeber habe die Fahrer unter Kündigungsandrohung zur Durchführung von Touren ohne Rücksicht auf verkehrsrechtliche Vorschriften angehalten, eine Präzisierung des Vorbringens sei ihm jedoch mangels Erinnerung erst nach Vorlage der eingereichten Tagesberichte durch den Gegner möglich, so kann die diesbezügliche Weigerung des Arbeitgebers nicht als Verstoß gegen die prozessuale Erklärungspflicht gem. § 138 Abs. 2 ZPO gewürdigt werden. Die Regeln der „abgestuften Darlegungslast“ bzw. „sekundären Behauptungslast“ der nicht beweisverpflichteten Partei dienen nicht dazu, dem Gegner unabhängig von der materiell-rechtlichen Rechtslage und ohne Rücksicht auf die Gründe für dessen Erklärungsnot einen substantiierten Tatsachenvortrag zu ermöglichen.

Nach der im arbeitsgerichtlichen Urteil zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt ein Anspruch des Arbeitnehmers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung als haftungsbegründenden Tatbestand voraus, daß der Arbeitgeber durch entsprechende Anordnungen den Arbeitnehmer zu Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften veranlaßt und diese bewußt in Kauf nimmt. Auch wenn der Arbeitgeber die Lenkzeitüberschreitung nicht gezielt vorschreibt, jedoch bewußt eine Fahrt mit bestimmten vorgeschriebenen Terminen anordnet, die zwangsläufig zu entsprechenden Gesetzesverstößen führen muß, erfüllt dies den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung. Einen Ausgleich für die von ihm getragenen oder zu tragenden Bußgelder als zu ersetzende Schadensposition kann der Arbeitnehmer allerdings nur verlangen, wenn es ihm trotz seiner eigenen rechtlichen Verpflichtung im Einzelfall nicht zumutbar gewesen ist, sich den Anordnungen des Arbeitgebers zu widersetzen. Letzteres kommt insbesondere in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht nur zur Überschreitung von Lenkzeiten anhält, sondern ihm konkrete Nachteile für den Fall der Nichtbefolgung der Weisung androht.